OECD veröffentlicht finalen Bericht zu Pillar 1 Amount B

Die OECD hat ihren lang erwarteten finalen Bericht zu dem als Teil der Säule 1 bezeichneten sog. Amount B veröffentlicht. Dieser wird nun als Anhang zu Kapitel IV Teil der OECD-Verrechnungspreisleitlinien werden. Betroffene Unternehmen sollten die Umsetzung von Amount B in den einzelnen OECD-Mitgliedstaaten beobachten. Darüber hinaus gilt es für betroffene Unternehmen sich detailliert mit dem finalen Bericht, den Anforderungen von Amount B und möglichen Folgen aus dessen Anwendung auseinanderzusetzen. 

Als Teil der sog. Zwei-Säulen-Lösung der OECD verfolgt der unter der Säule 1 entwickelte Ansatz des sog. Amount B eine vereinfachte und gezieltere Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für Basistätigkeiten im Bereich Marketing und Vertrieb. Erfasst sein sollen demnach einfache Vertriebstätigkeiten ohne den Einsatz einzigartiger immaterieller Werte, deren Vergütung anhand einer sog. one-sided transfer pricing method (z.B. transaktionsbezogene Nettomargenmethode) bestimmt wird. 

Nachdem die OECD in ihrem zweiten Konsultationspapier vom 17.07.2023 (vgl. EY Steuernachrichten vom 20.07.2023) wesentliche Anpassungen im Hinblick auf den Anwendungsbereich sowie Spezifizierungen hinsichtlich der fremdüblichen Bestimmung des sog. „return under the simplified and streamlined approach", d.h. des Betrags, der die Vergütung für die Basistätigkeiten darstellt, vorgenommen hat, hat sie nun am 19.02.2024 den finalen Bericht veröffentlicht. Dieser soll als Anhang zu Kapitel IV Teil der OECD-Verrechnungspreisleitlinien werden. Hinsichtlich der zeitlichen Anwendung sieht der Bericht vor, dass die Grundsätze des Amount B erstmals für Wirtschaftsjahre anwendbar sind, die am oder nach dem 01.01.2025 beginnen.

Der Natur der Sache nach ist Amount B laut dem finalen Bericht der OECD als Annäherung eines Fremdvergleichswerts für Basistätigkeiten im Bereich Marketing und Vertrieb zu verstehen, der im Sinne eines sog. „simplified and streamlined approach“ als angemessen gilt. Während das Konsultationspapier aus Juli 2023 noch die Frage der konkreten Umsetzung von Amount B offen ließ, äußert sich hierzu nun der finale Bericht. Zunächst können die Staaten im Grundsatz entscheiden, ob diese Amount B umsetzen werden oder nicht. Sofern sich die Staaten für eine solche Umsetzung entscheiden, sieht der finale Bericht zwei Möglichkeiten vor. Die Staaten können Amount B entweder als verpflichtende Regelung, d.h. als verpflichtende Fremdvergleichsgröße umsetzen oder die Staaten gewähren dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu der Fremdvergleichsgröße unter Amount B zu optieren. Diese Option soll, das Einverständnis des Steuerpflichtigen vorausgesetzt, für mindestens drei Jahre gelten. Die Frage, wie der Steuerpflichtige die Option ausüben kann, beantwortet der Bericht nicht ganz klar und eindeutig. Angedeutet wird, dass dies im Local File geschehen soll. Eine Klarstellung seitens der umsetzenden Staaten (z.B. mögliches Antragserfordernis) hierzu wäre begrüßenswert. 

Wenn sich Staaten gegen eine Umsetzung von Amount B entscheiden, sind weiterhin die allgemeinen Grundsätze nach den OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu beachten. In Fällen, in denen sich der Staat der sog. tested party, d.h. die Basistätigkeiten ausübende Gesellschaft, für eine Umsetzung entscheidet, der Staat der anderen Vertragspartei jedoch keine Umsetzung von Amount B vorsieht, ist Amount B für diesen letzteren Staat nicht bindend.

Die Grundkonzeptionierung und Herleitung des Amount B unter grundsätzlicher Anwendung der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode (Erstellung der Preismatrix anhand der EBIT-Marge und deren Gliederung nach OAS (Verhältnis zwischen Betriebsvermögen und Umsatz) sowie OES (Betriebskosten und Umsatz), jeweils differenziert nach deren Intensität und anschließender Zugrundlegung eines Begrenzungsrahmens (sog. operating expense cap und operating expense collar)), entspricht im Wesentlichen dem Konsultationspapier aus Juli 2023. Hinsichtlich des Anwendungsbereichs und der Frage, ob für die Abgrenzung von Nicht-Basistätigkeiten zu Basistätigkeiten ein separates qualitatives Kriterium erforderlich sei (Alternative B des Konsultationspapiers), sieht der finale Bericht nun ein solches separates qualitatives Kriterium nicht vor (Umsetzung Alternative A des Konsultationspapiers). Allerdings weist der Bericht daraufhin, dass das Inclusive Framework derzeit an einem solchen optionalen, qualitativen Kriterium arbeitet. Diese Arbeiten sollen laut dem Bericht bis zum 31.03.2024 abgeschlossen sein. Eine Umsetzung dieses optionalen Kriteriums steht den Staaten sodann frei. 

Zum einen bleibt abzuwarten, welche Staaten Amount B umsetzen werden. Zum andern, wie Amount B – ob als verpflichtende Vorschrift oder als Option für den Steuerpflichtigen – in den jeweiligen Staaten umgesetzt werden wird. Kritisch ist zudem die fehlende Bindungswirkung von an der Transaktion beteiligten Staaten, die Amount B nicht umsetzen, zu sehen. Dies und der Umstand, dass die Staaten Amount B unterschiedlich umsetzen können, führen dazu, dass die Ziele einer vereinfachten Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes und der Schaffung von mehr Rechtssicherheit nicht erreicht werden können; im Gegenteil, es sind mehr Steuerstreitigkeiten zu befürchten. 

Betroffene Steuerpflichtige sollten sich nun detailliert mit dem finalen Bericht, d.h. den Anforderungen des Amount B auseinandersetzen. Dabei gilt es in einem ersten Schritt zu prüfen, ob Vertriebseinheiten für den Anwendungsbereich des Amount B qualifizieren oder nicht und falls der Anwendungsbereich erfüllt ist, ob eine Anwendung des Amount B auch gewollt ist oder nicht. In letzterem Fall sollten betroffene Unternehmen u.U. mögliche Umstrukturierungen bis Jahresende in Betracht ziehen. 

Der finale Bericht Pillar One – Amount B steht Ihnen auf der Internetseite der OECD zur Verfügung.

Direkt zum Dokument kommen Sie hier.