Rechnungsabgrenzung auch für Ausgaben von geringer Bedeutung

Der BFH hat entschieden, dass aktive Rechnungsabgrenzungsposten auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden sind. Weder dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz könne ein Wahlrecht zur Bildung in Fällen von geringer Bedeutung entnommen werden. 

In der Vergangenheit hat die finanzgerichtliche Rechtsprechung zunehmend Vereinfachungsbedarf bei der Bildung von aktiven Rechnungsabgrenzungsposten (aRAP) i.S.v. § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG für unwesentliche Beträge gesehen. Dabei wurde sich an der GWG-Grenze für die betragsmäßige Bestimmung der Wesentlichkeit der Ausgaben orientiert (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.11.2019, 5 K 1626/19 und Urteil vom 02.03.2018, 5 K 548/17).

Mit aktuellem Urteil hat der BFH nun eine gegenteilige Auffassung vertreten und bestimmt, dass aRAP auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden sind. Denn weder aus dem Grundsatz der Wesentlichkeit noch aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folge ein Recht, in Fällen von geringer Bedeutung auf eine periodengerechte Gewinnermittlung verzichten zu können (BFH-Urteil vom 16.03.2021, X R 34/19). Vielmehr hätte es nach Auffassung des BFH für ein Wahlrecht im Rahmen des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG einer gesetzlichen Regelung bedurft, wonach es dem Steuerpflichtigen erlaubt ist, in Fällen von geringer Bedeutung auf eine genaue Abgrenzung zu verzichten. Insoweit gelte dasselbe wie bei der Bildung von Rückstellungen für die Betreuung bereits abgeschlossener Lebensversicherungsverträge (vgl. BFH-Urteil vom 19.07.2011, X R 26/10, wonach eine Rückstellung auch bei unwesentlichen Verpflichtungen zu bilden ist) oder der Aktivierung von geringfügigen Forderungen (vgl. BFH-Urteil vom 28.09.1967, IV R 284/66). Insoweit hält der BFH auch an seinem Beschluss vom 18.03.2010 (X R 20/09, NV) nicht mehr fest, in dem er noch ein Wahlrecht in Bezug auf aktive Rechnungsabgrenzungsposten bejaht hatte.

Dem Bestreben der Vorinstanz durch ein Wahlrecht eine gewisse Vereinfachung zu schaffen, entgegnet der BFH, dass er nicht erkennen könne, dass bei der Rechnungsabgrenzung in Fällen von geringer Bedeutung ein Aufwand erforderlich wäre, der in keinem Verhältnis zur Verbesserung des Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens stünde. Denn die Werte stünden eindeutig fest und seien damit auch in die Bilanz aufzunehmen, selbst wenn sie einen verhältnismäßig geringen Betrag aufweisen. Für den BFH können auch die gesetzgeberischen Überlegungen bei der Behandlung geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG, § 6 Abs. 2 EStG) nicht auf die Bildung von Rechnungsabgrenzungsposten übertragen werden.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.

 

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