Die (steuer-) bilanzrechtliche Handhabung von Verpflichtungen aus Kundenkartenprogrammen ist häufig Streitthema. Nun differenziert der BFH seine Rechtsprechung für einen Fall, in dem ein Bonussystem als eigenständiges Vertragsverhältnis ausgestaltet war und Bonuspunkte / Gutscheine aus Wareneinkäufen der Kunden entstanden, die bei Folgekäufen auf den Kaufpreis anzurechnen waren. Der BFH bejahte im konkreten Fall für am Bilanzstichtag noch nicht eingelöste Bonuspunkte bzw. Gutscheine eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten.
Streitig war die Passivierung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten für am Bilanzstichtag noch nicht eingelöste Bonuspunkte bzw. Gutscheine, die der Inhaber einer Kundenkarte bei einem weiteren Wareneinkauf innerhalb des Gültigkeitszeitraums beim gewährenden Handelsunternehmen einsetzen kann. Im zugrundeliegenden Urteilsfall (BFH-Urteil vom 29.09.2022, IV R 20/19) hatte eine GmbH & Co. KG eine Rückstellung für Bonuspunkte und Gutscheine passiviert und zugeführt, die sie Inhabern einer Kundenkarte im Rahmen eines Bonussystems gewährt hatte. Die Karteninhaber erhielten beim Einkauf Bonuspunkte auf den Wert ihres Einkaufs, wobei ein Cent einem Bonuspunkt entsprach. Die gesammelten Bonuspunkte wurden auf einem Bonuspunktekonto fortlaufend addiert, bei Rückgängigmachung eines Kaufvertrags wurden entsprechende Gutschriften abgezogen. Bei Erreichen eines bestimmten Punktestandes wurden Gutscheine in Höhe des tatsächlichen Guthabens ausgestellt. Eine Barauszahlung der Bonuspunkte oder Gutscheine war ausgeschlossen.
Für die Verpflichtungen aus dem Kundenkartenprogramm ist laut BFH für die am Bilanzstichtag noch nicht eingelösten Bonuspunkte bzw. Gutscheine eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren. Der BFH widerspricht damit der Rechtsauffassung des dem Verfahren beigetretenen BMF. Nach den für den BFH bindenden Sachverhaltsfeststellungen des FG hatte das Kundenkartenprogramm ein eigenständiges Vertragsverhältnis begründet. Aus diesem war der Klägerin eine rechtliche Verpflichtung entstanden, die darin bestand, bei einem Folgekauf die (aus bereits vor dem Bilanzstichtag getätigten Wareneinkäufe entsprungenen) Bonuspunkte und Gutscheine auf den Kaufpreis anzurechnen. Selbst eine Betriebseinstellung hätte die eingegangenen Verpflichtungen unberührt gelassen. So hatte die Anrechnungsverpflichtung ihre rechtliche und wirtschaftliche Grundlage in der Vergangenheit, da sie dem Grunde und der Höhe nach von den Warenkäufen vor dem Bilanzstichtag abhing. Diese Wareneinkäufe waren nicht nur ursächlich für die Gewährung der Bonuspunkte / Gutscheine, sondern determinierten durch die Anknüpfung an die Kaufpreise auch deren Höhe. Mithin lag eine Rabattierung von Umsätzen vor dem Bilanzstichtag vor. Dafür sprach für den BFH auch, dass bei einer Rückgabe von Waren aus Folgekäufen im stationären Handel auch ein durch Anrechnung von Bonuspunkten beglichener Kaufpreis voll erstattet wurde.
Der BFH bejahte zudem die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Verbindlichkeiten aufgrund der unbeschränkten und unbedingten Möglichkeit zur Einlösung. Auch Erfahrungswerte des Handelsunternehmens aus den vorangegangenen Wirtschaftsjahren sprechen für eine tatsächliche Inanspruchnahme der Möglichkeit zur Verrechnung ihres Guthabens im Rahmen des weiteren Warenkaufs.
In seiner Begründung sortiert der BFH seine aktuelle Entscheidung ausführlich in die bisher ergangene Rechtsprechung ein und arbeitet die Sachverhaltsunterschiede heraus, die letztlich für oder gegen eine Rückstellung sprechen. Er folgt dem Einwand der Finanzverwaltung nicht, dass eine Verpflichtung vorliegen würde, die unter das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG falle.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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