Rückwirkungsverbot bei bestimmten vororganschaftlichen Mehrabführungen

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22 März 2023

Durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz aus dem Jahr 2004 wurde eine körperschaftsteuerrechtliche Regelung zur Behandlung vororganschaftlicher Mehrabführungen als Gewinnausschüttung eingeführt. Die rückwirkende Anordnung dieser Regelung hat nun das BVerfG teilweise für nichtig erklärt.

Mit dem Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz, EURLUmsG) wurde das Konzept der in vororganschaftlicher Zeit verursachten Mehr- und Minderabführungen in § 14 Abs. 3 KStG gesetzlich geregelt. Danach gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger. Die Regelung trat am 16.12.2004 in Kraft und war erstmals auf vororganschaftliche Mehrabführungen von Organgesellschaften anzuwenden, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2003 endete (§ 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG i.d.F. des EURLUmsG). Dabei erfolgte die Einführung von § 14 Abs. 3 KStG in Reaktion auf die BFH-Rechtsprechung, die in vororganschaftlichen Mehrabführungen – entgegen der damaligen Auffassung der Finanzverwaltung – keine Gewinnausschüttungen, sondern steuerneutrale Gewinnabführungen sah (BFH-Urteil vom 18.12.2002, I R 51/01). Die durch § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG ausgelöste Rechtsfolge der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres fingierten Gewinnausschüttung löste - abhängig davon, welche Eigenkapitalteile dafür als verwendet galten - belastende Wirkung im Zusammenwirken mit den Regelungen des Übergangsregimes vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren aus. Streitig war, ob die Anwendungsregelung gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstößt.

Nach Ansicht des BVerfG stellt die Einführung von § 14 Abs. 3 KStG eine unechte Rückwirkung dar, die teilweise gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes verstößt und damit teilweise nichtig ist (Beschluss vom 14.12.2022, 2 BvL 7/13, 2 BvL 18/14).

Die unechte Rückwirkung ist mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar, soweit sie Mehrabführungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger erfasst, die vor dem 01.01.2007 aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrags erfolgen, der in der Zeit zwischen dem 05.03.2003 (Veröffentlichungsdatum des BFH-Urteils) und dem 13.08.2004 (Einbringung der Neuregelung in den Bundesrat) geschlossen worden ist.

Die unechte Rückwirkung ist auch verfassungswidrig, soweit sie Mehrabführungen erfasst, die aufgrund eines vor dem 05.03.2003 geschlossenen Ergebnisabführungsvertrags auf den Schluss eines im Laufe des Jahres 2004 endenden Wirtschaftsjahres erfolgen, wenn der Vertrag nach dem 05.03.2003 eine ordentliche Kündigung spätestens zum 31.12.2003 zugelassen hätte, und die auf den Schluss des ersten im Jahr 2005 endenden Wirtschaftsjahres erfolgen, wenn der Vertrag eine ordentliche Kündigung spätestens zum 31.12.2004 zugelassen hätte.

In den übrigen Fällen (Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags vor dem 05.03.2003, der weder zum 31.12.2003 noch zum 31.12.2004 gekündigt werden konnte, und bei Vertragsabschluss nach dem 13.08.2004) sieht das BVerfG schutzwürdiges Vertrauen für Mehrabführungen, die sich auf den Schluss eines nach dem 31.12.2003, aber spätestens am 15.12.2004 (Verkündung der Neuregelung) endenden Wirtschaftsjahres ergeben.

Der Volltext des Beschlusses steht Ihnen auf der Internetseite des BVerfG zur Verfügung.

Direkt zum BVerfG-Beschluss kommen Sie hier.

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