Schachtelstrafe trotz zwischenstaatlicher Verständigung

Das FG München bejaht in einem aktuellen Fall die Frage, ob die aus einer Verständigung nach dem EU-Schiedsübereinkommen resultierenden Gewinnminderungen bei einer deutschen Muttergesellschaft zu einer Anwendung des pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbots des § 8b Abs. 5 KStG führen. Eine Sperrwirkung des EU-Schiedsübereinkommens schließt das FG aus. Die abschließende Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten. Vergleichbare Verrechnungspreisfälle sollten im Hinblick auf die anhängige Revision dahingehend offengehalten werden. 

Internationale Streitbeilegungsverfahren (z.B. das Verständigungs- und Schiedsverfahren gemäß DBA oder Verfahren gemäß dem EU-Schiedsübereinkommen) dienen der vollständigen Beseitigung von Doppelbesteuerung. Gemäß Art. 14 Schiedsübereinkommen (SchÜ) ist eine Doppelbesteuerung von Gewinnen dann beseitigt, wenn die Gewinne nur in einem Staat zur Besteuerung herangezogen werden, oder die in einem Staat auf diese Gewinne zu erhebende Steuer um den Betrag verringert wird, der dem Betrag der Steuer entspricht, die in dem anderen Staat auf sie zu erheben ist. In einem vom FG München zu entscheidendem Fall war strittig, ob die Anwendung des pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbots des § 8b Abs. 5 KStG durch das EU-Schiedsübereinkommen gesperrt ist, da andernfalls das Ziel einer vollständigen Beseitigung der Doppelbesteuerung durch die außerbilanzielle Hinzurechnung der 5 Prozent des Gegenberichtigungsbetrags als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nicht erreicht werden könne.

Im konkreten Fall bestanden zwischen einer inländischen Muttergesellschaft und ihrer ausländischen Tochtergesellschaft Lieferbeziehungen. Im Ausland war es im Rahmen einer Betriebsprüfung zu einer Einkünftekorrektur bei der Tochtergesellschaft gekommen. Im angestrengten Verständigungsverfahren zwischen dem Ausland und der Bundesrepublik Deutschland hatte Deutschland eine Korrektur der Verrechnungspreise zu Lasten der deutschen Muttergesellschaft hingenommen. Die Korrektur erfolgte außerbilanziell als verdeckte Gewinnausschüttung, d.h. die Finanzverwaltung qualifizierte die von der Muttergesellschaft nicht zurückgezahlten Umsatzerlöse in Beteiligungserträge um. Nach Auffassung der Finanzverwaltung stelle dies einen Bezug i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG dar, auf welchen das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 5 KStG anzuwenden sei.

Mit Urteil vom 22.05.2023 (7 K 2545/19) bejahte das FG München im vorliegenden Fall die Anwendung des pauschalen Betriebsausgabenabzugsverbots des § 8b Abs. 5 KStG. Dessen Anwendung sei weder durch § 175a AO noch durch das EU-Schiedsübereinkommen (SchÜ) ausgeschlossen.

Die Norm des § 8b Abs. 5 KStG steht laut FG dem Ziel der Beseitigung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Gewinnen nicht entgegen. Die Vorschrift des § 8b Abs. 5 KStG fingiere vielmehr nur das Vorliegen von 5 Prozent nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben. Konkret spreche der Wortlaut der Norm von „Bezügen i.S.d. Absatzes 1, die bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben“. Nicht vom Wortlaut erfasst seien dagegen solche Bezüge, die bei der Ermittlung des Einkommens „nach Absatz 1 außer Ansatz bleiben“. Somit unterscheidet die Norm laut dem FG nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht danach, aus welchem Rechtsgrund die Bezüge i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz geblieben sind. Auch hebe § 8b Abs. 5 KStG nach seinem Regelungsgehalt nicht die Steuerfreiheit von Bezügen nach § 8b Abs. 1 KStG auf, sondern regele nur die Abzugsfähigkeit von (pauschalierten) Aufwendungen, die im Zusammenhang mit diesen Bezügen stehen. Daraus schlussfolgert das FG, dass die Vorschrift auch eine Gewinnminderung, die mit dem Ziel der Beseitigung einer Doppelbesteuerung nach Art. 14 SchÜ erfolgt, unberührt lässt. In der im Ergebnis 95-prozentigen Steuerfreiheit der Gewinnminderung sieht das FG zudem keine unzureichende Freistellung i.S.d. Art. 14 SchÜ. Vielmehr handelt es sich hierbei um das Ergebnis der Vorschrift resultierend aus Folgefragen nach dem innerstaatlichen Recht. Darüber hinaus sei das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 5 KStG auch nicht als Teil der Gegenberichtigung nach dem Schiedsübereinkommen anzusehen, die aus einer bei der ausländischen Gesellschaft erfolgten Gewinnerhöhung (Erstberichtigung) veranlasst ist. Bei der Anwendung von § 8b Abs. 5 KStG handele es sich stattdessen um eine Sekundärberichtigung, welche – ebenso wie in den einzelnen DBA – nicht Regelungsgegenstand des EU-Schiedsübereinkommens ist, sondern deren Umsetzung sich allein nach Maßgabe des jeweiligen innerstaatlichen Rechts bestimmt. Im Ergebnis konnte daher laut FG offenbleiben, ob die Art. 12, 14 SchÜ eine nationale Regelung sperren, die eine vollständige Beseitigung der Doppelbesteuerung von Gewinnen i.S.d. Vorschrift entgegensteht.

Darüber hinaus adressiert das FG noch weitere Fragen von hoher Praxisrelevanz: U.a. die grundsätzliche Unschädlichkeit eines rechtskräftigen Urteils für die Umsetzung eines nachfolgenden Verständigungs-/Schiedsverfahrens gemäß § 175a AO sowie die Möglichkeit einer für den Steuerpflichtigen nachteiligen Gegenberichtigung mithilfe von § 177 AO trotz Verständigungsvereinbarung. So stehe laut den FG-Richtern die Korrekturvorschrift des § 175a AO, wonach ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist, soweit dies zur Umsetzung einer Verständigungsvereinbarung geboten ist, einer Anwendung von § 8b Abs. 5 KStG nicht entgegen. Der Ansatz von nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben gemäß § 8b Abs. 5 KStG sei eine zulässige Gegenberichtigung i.S.d. § 177 AO, die nur Wirkung innerhalb des Berichtigungsrahmens des § 175a AO entfalte.

Die Revision ist beim BFH anhängig unter I R 39/23. Steuerpflichtige könnten angesichts der aktuellen Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen bereits im Rahmen des Antrags auf Verständigungsverfahren auf die in der Praxis nicht unübliche Vereinbarung einer bilanziellen Korrektur zur Auflösung der Doppelbesteuerung (zur Vermeidung einer Situation wie im Entscheidungsfall) hinwirken. Sollte es dennoch zu entsprechenden Festsetzungen kommen, sollten die Verfahren offengehalten werden. 

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