Anteilseigner von im Privatvermögen gehaltenen Kapitalgesellschaften können alternativ zur Abgeltungsteuer unter bestimmten Voraussetzungen auch die Anwendung des Teileinkünfteverfahren beantragen. Liegen die Voraussetzungen hierfür im Jahr der Antragstellung vor, müssen sie laut BFH in den vier Folgejahren nicht mehr vorliegen. Der BFH widerspricht in diesem Punkt der Finanzverwaltung.
Wer in einem gewissen Umfang an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, kann die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens (mit der Möglichkeit eines (anteiligen) Werbungskostenabzugs, § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG) beantragen. Nach aktueller Rechtslage gilt das für Beteiligungen von mehr als 25 Prozent (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG) oder von mehr als einem Prozent, wenn durch die berufliche Tätigkeit ein maßgeblicher unternehmerischer Einfluss auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft ausgeübt werden kann (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG). Der Antrag muss spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum gestellt werden und gilt gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG (vorbehaltlich eines Widerrufs) auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.
Zur 2013 gültigen Fassung des § 32d EStG hat der BFH (Urteil v. 12.12.2023, VIII R 2/21) entschieden, dass die Voraussetzungen nur im Jahr der Antragstellung vorliegen müssen und ihr Wegfall in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen unschädlich ist. In den betroffenen Streitjahren war die Anforderung des maßgeblichen unternehmerischen Einflusses noch nicht im Gesetz verankert. Es genügte gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG a.F., dass der Steuerpflichtige zu mindestens einem Prozent an der Gesellschaft beteiligt und für diese beruflich tätig war. Die letztgenannte Voraussetzung (berufliche Tätigkeit) lag im Urteilsfall nur im Jahr des Antrags vor, entfiel aber in den Folgejahren. Daraufhin versagte die Finanzverwaltung die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens in den Folgejahren.
Der BFH stützt seine Entscheidung vor allem darauf, dass der Gesetzgeber keine Anzeigepflicht für den Wegfall der Antragsvoraussetzungen im Gesetz verankert hat. Damit widerspricht er der Verwaltungsauffassung, wonach die Regelung nur eine Nachweiserleichterung darstelle, aber die Voraussetzungen auch in den folgenden Jahren erfüllt sein müssen (vgl. BMF-Schreiben vom 19.05.2022, Tz. 139).
Da auch in der aktuellen Fassung des § 32d Abs. 2 EStG keine flankierende Anzeigepflicht für den späteren Wegfall der Voraussetzungen für das Teileinkünfteverfahren verankert ist, dürfte die Entscheidung auch für die aktuelle Rechtslage von Bedeutung sein.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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