Zum wirtschaftlichen Eigentum an Filmverwertungsrechten

In einer aktuellen Entscheidung äußert sich der BFH zum Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums durch die Einräumung von Filmverwertungsrechten. Laut BFH können – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – die für Leasingverträge entwickelten Grundsätze zum wirtschaftlichen Eigentum nicht uneingeschränkt auf die Nutzungsüberlassung von Filmrechten übertragen werden.

Im konkreten Fall (Streitjahre 2009 und 2010) übertrug die zivilrechtliche Eigentümerin und Lizenzgeberin, eine Filmproduktionsgesellschaft (GmbH & Co. KG; im Folgenden: KG), einer im Ausland ansässigen Lizenznehmerin die Verwertungsrechte an einem Film für die Dauer von 42 Jahren. Als Entgelt für die Einräumung dieser Verwertungsrechte sollte die Lizenznehmerin jährliche Zahlungen leisten. Ergänzend stand der KG eine zusätzliche Gewinnbeteiligung zu. Für den Fall, dass die Vertragslaufzeit nicht verlängert wird, wurde der Lizenznehmerin eine Kaufoption eingeräumt. Sollte die Vertragslaufzeit nicht verlängert und auch nicht die Kaufoption durch die Lizenznehmerin ausgeübt werden, sollte die KG das Recht innehaben, von der Lizenznehmerin die Gewährung eines zinslosen Darlehens zu verlangen (Darlehensoption). Strittig war, ob im Rahmen des Filmvertriebsvertrags das wirtschaftliche Eigentum der Filmverwertungsrechte von der KG auf die Lizenznehmerin übergegangen ist, insbesondere mit der Folge, dass die KG eine (abgezinste) Kaufpreisforderung zu aktivieren hätte.

Dies hat der BFH mit Urteil vom 14.04.2022 (IV R 32/19) verneint. Zunächst hat der BFH ausgeführt, dass die Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums der Filmrechte nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zum Nutzungsberechtigten (hier: Lizenznehmerin) ausnahmsweise (nur) dann in Betracht kommt, wenn der zivilrechtliche Eigentümer infolge der vertraglichen Vereinbarungen während der gesamten voraussichtlichen Nutzungsdauer der Filmrechte von deren Substanz und Ertrag wirtschaftlich ausgeschlossen ist. Hieran fehle es, wie z.B. im zugrundeliegenden Fall, wenn die KG als zivilrechtliche Eigentümerin durch erfolgsabhängige Vergütungen während der gesamten Vertragslaufzeit weiterhin an Wertsteigerungen der Filmrechte beteiligt ist.

Dabei könne die ungewöhnlich lange Laufzeit des Filmvertriebsvertrags den Übergang wirtschaftlichen Eigentums nicht allein bewirken. Auch seien die Kauf- und die Darlehensoption sowie deren Kombination bzw. deren Verhältnis zueinander nicht geeignet, den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums zu begründen. Dies resultierte im konkreten Fall u.a. daraus, dass die KG bei Ausübung der Kaufoption nach den vertraglichen Vereinbarungen in Höhe von 25 Prozent an einem höheren Marktwert und damit in einem wirtschaftlich bedeutsamen Umfang an den weiteren Wertsteigerungen des Films beteiligt war.

Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 23.02.2001, Rz. 16) können laut BFH die für Leasingverträge entwickelten Grundsätze zur Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums nicht uneingeschränkt auf die Nutzungsüberlassung von Filmrechten übertragen werden, selbst wenn die Gestaltungs- und Verwertungskonzepte deutliche Ähnlichkeiten aufweisen können. Der BFH hat dies u.a. damit begründet, dass im Fall der Überlassung von Filmverwertungsrechten – anders als bei materiellen Wirtschaftsgütern – keine ausreichend verlässliche ex ante-Einschätzung der Wertentwicklung im Zeitpunkt des Abschlusses des Filmvertriebsvertrags für die Vertragsbeteiligten möglich ist. Mangels der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums war daher bei der KG keine (abgezinste) Kaufpreisforderung zu aktivieren.

Darüber hinaus musste die KG keinen Anspruch auf eine zeitanteilig auf die Laufzeit des Filmvertriebsvertrags aufzuteilende Schlusszahlung in Form des Darlehensbetrags im Fall der Ausübung der Darlehensoption aktivieren. Ob eine aktivierungspflichtige Schlusszahlung vorliegt, ist laut BFH durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen zu ermitteln. Danach liege hier weder begrifflich noch inhaltlich eine feststehende Schlusszahlung vor. Vielmehr haben die KG und die Lizenznehmerin eine Optionsregelung getroffen, die sich auf ein Darlehen bezieht.

Grundsätzlich entfaltet die Abgrenzungsfrage, ob es sich um eine Nutzungsüberlassung oder eine Übertragung (hier in Form eines Eigentumsübergangs) eines Rechts handelt, auch Relevanz im Hinblick auf die Verpflichtung zum Quellensteuereinbehalt nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG und für die gewerbesteuerliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG auf Seiten des Vergütungsschuldners.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.

 

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