Im konkreten Fall war strittig, ob die in Folge einer mittelbaren Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG festgesetzte Grunderwerbsteuer – hier verursacht durch mehrere Übertragungsvorgänge (Anteilserwerb und Einbringung) sowie einer Aufwärtsverschmelzung – als „Kosten für den Vermögensübergang“ gem. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG zu qualifizieren ist und daher als Teil des Übernahmeergebnisses außer Ansatz bleibt. In der Folge sei die Grunderwerbsteuer dem Einkommen im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung außerbilanziell hinzuzurechnen. Ob die Festsetzung der Grunderwerbsteuer im konkreten Fall rechtmäßig war, konnte dahinstehen. Da nur die nicht objektbezogenen Kosten als Kosten des Vermögensübergangs i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG zu berücksichtigen sind, ist die Abgrenzung zu den objektbezogenen Kosten (z.B. die Grunderwerbsteuer beim Grundstücksübergang) maßgebend. Letztere gehören zu den Anschaffungs(neben)kosten.
Der BFH hat mit Urteil vom 23.11.2022 (I R 25/20) entschieden, dass die in Folge einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG festgesetzte Grunderwerbsteuer als nichtobjektbezogene Kosten den Kosten für den Vermögensübergang nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 zuzuordnen ist. Diese Zuordnung richtet sich nach dem Veranlassungsprinzip. Hierfür sprechen laut BFH der Zweck und die Systematik der Vorschrift des § 12 Abs. 2 UmwStG 2006.
Die Sätze 1 und 2 in § 12 Abs. 2 UmwStG 2006 sollen bewirken, dass das verschmelzungsbedingte Übertragungsergebnis auf der Ebene der übernehmenden Körperschaft wie der Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung i.S.d. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG behandelt wird. Wegen dem Ziel der Gleichbehandlung dürfen daher laut BFH die "Kosten für den Vermögensübergang" nicht nach anderen Grundsätzen ermittelt werden als die Veräußerungskosten i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG. Für eine solche Gleichstellung mit Veräußerungskosten spricht zudem der systematische Aspekt, dass Umwandlungsvorgänge immer als Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge behandelt werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Veräußerungskosten und Betriebsausgaben danach abzugrenzen, ob ein Veranlassungszusammenhang zu der Veräußerung besteht. Abzustellen ist auf das „auslösende Moment“ für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn. Dies gilt auch für § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006. Zwar wird die Grunderwerbsteuer im Falle der Anteilsvereinigung nicht final für die Anschaffung aufgewendet. Aber der fingierte Erwerb ist für die Entstehung der Aufwendungen ursächlich im Sinne eines Veranlassungszusammenhangs in der Sphäre der Übernehmerin. Für den Fall der Anteilsvereinigung kommt es laut BFH ausschließlich darauf an, ob die bestandskräftige Grunderwerbsteuerfestsetzung zu einer wirtschaftlichen Belastung geführt hat und durch den verschmelzungsbedingten Übergang der Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft veranlasst ist. Dies ist laut BFH deshalb zu bejahen, da der Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG die durch die Verschmelzung herbeigeführte Zuordnung aller Anteile in einer Hand ist. Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. Das Gesetz fingiert mit Hilfe des Ersatztatbestandes der Anteilsvereinigung somit einen zivilrechtlich nicht vorhandenen grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang. Dieser stellt den maßgeblichen Besteuerungsgrund dar, d.h. die Grunderwerbsteuer fällt durch den Übergang der Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft an.
Unerheblich ist für den BFH daher, ob die Grunderwerbsteuer rechtmäßig festgesetzt worden ist bzw. der bestandskräftig gewordenen Festsetzung „Tatbestandswirkung“ zukommen kann.
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