Der EuGH äußert sich in einem neuen Urteil neben der Frage des Direktanspruchs bei der Rückgängigmachung von unzutreffend ausgewiesener Umsatzsteuer auch zur möglichen Verzinsung, um den Steuerpflichtigen zu entlasten. Weitere Hintergründe liefert ein aktueller Tax Zoom.
Werden Leistungen mit unzutreffend ausgewiesener Umsatzsteuer abgerechnet, können diese Umsatzsteuerbeträge grundsätzlich zivilrechtlich rückabgewickelt werden. Der EuGH hat mit Urteil in der Rs. „Reemtsma“ (EuGH-Urteil vom 15.03.2007, C-35/05) den sog. Direktanspruch geschaffen, der es erlaubt, dass der Leistungsempfänger seinen Erstattungsanspruch gegenüber dem Fiskus geltend macht.
Nun musste der EuGH sich erneut mit der Thematik auseinandersetzen. Im Streitfall (EuGH vom 13.10.2022, C-397/21) wurden Leistungen erbracht, die irrtümlich mit ungarischer Umsatzsteuer abgerechnet wurden, obwohl der Ort der Leistungen in Italien war. Der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers wurde diesem in Ungarn verwehrt, da die Steuer unzutreffend ausgewiesen wurde. Der leistende Unternehmer musste im Verlauf Privatinsolvenz anmelden und konnte so zivilrechtlich nicht in Anspruch genommen werden. Daraufhin wandte sich der Leistungsempfänger zur Durchsetzung seines Direktanspruchs an die Finanzverwaltung. Der EuGH bestätigt seine „Reemtsma“-Rechtsprechung und wertet den Anspruch des Leistungsempfänger als „normalen“ Vorsteuerüberhang.
Unter Berufung auf bisher ergangene Rechtsprechung hält der EuGH fest, dass die unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Steuerbeträge zuzüglich Zinsen zu erstatten sind, da dem Steuerpflichtigen durch den (unzutreffenden) Einbehalt der Steuer ein finanzieller Nachteil entsteht. Jedoch entscheidet der EuGH hier nicht, wie hoch die Zinsen zu bemessen sind. Mangels einer Regelung in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie liegt die Verantwortung hierfür bei den Mitgliedstaaten.
Hinzuweisen ist auf das noch vor dem EuGH anhängige Verfahren C-453/22 (auf Vorlage des FG Münster vom 27.06.2022), in dem es ebenfalls um die Voraussetzungen eines direkten Erstattungsanspruchs gegen den Fiskus auf zu Unrecht an den leistenden Unternehmer gezahlte Umsatzsteuer geht. Zwar sind die wesentlichen Fragen (auch) durch das Urteil C-397/21 wohl schon geklärt. Ein Direktanspruch besteht und ist auch zu verzinsen. Aber das noch ausstehende Verfahren bringt möglicherweise mehr Klarheit zu den weiteren Details eines solchen direkten Erstattungsanspruchs gegen den Fiskus.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des EuGH zur Verfügung.
Direkt zum EuGH-Urteil kommen Sie hier.
Weitere Hintergründe und Auswirkungen können Sie unserem Tax Zoom zu diesem Thema entnehmen.
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