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Hannes Moser über den Familienkonzern: Wie Greiner Stabilität über Generationen schafft

Ein Familienkonzern im globalen Wandel: Greiner-CFO Hannes Moser spricht über strategische Entscheidungen, die anstehende Transformation der Support-Funktionen und die Rolle von CFOs in volatilen Zeiten.


Die Greiner AG zählt zu den bedeutendsten europäischen Playern im Bereich Kunststoff- und Schaumstoffverarbeitung – mit rund sechs Produktionssparten, die von Verpackungen für Konsumgüter und Lebensmittel, über medizinische Produkte, bis hin zu technischen Schaumstoffen und Matratzenkomponenten reichen. Der Konzern ist in über 30 Ländern aktiv, produziert an mehr als 100 Standorten weltweit und verbindet österreichische Wurzeln mit internationaler Industriekompetenz. 

Im Zentrum dieses Anspruchs steht auch CFO Hannes Moser, der seit über 25 Jahren in CFO-Funktionen tätig ist – davon viele Jahre in internationalen Rollen in Italien und Spanien. 

Im CFO Insight Podcast spricht er mit Rita Niedermayr u.a. über die Vorbereitung einer SAP-S/4HANA-Umstellung und die besondere Verantwortung, die CFOs in einem traditionsreichen Familienunternehmen tragen.

Diese Folge ist Teil unserer Podcast-Reihe CFO Insight. Hören Sie das Interview auch auf SpotifyYouTubeApple Podcasts oder überall, wo es Podcasts gibt, an.

Das Wichtigste auf einen Blick: 

  • Als Familienunternehmen denkt Greiner bewusst generationenübergreifend: große Investitionen – etwa in den USA – werden mit Fokus auf langfristige Wertschöpfung und Stabilität getroffen.
  • Die Transformation der Support-Funktionen (IT, Legal, Commercial Excellence, Operational Excellence) bei Greiner soll Effizienz steigern, Doppelstrukturen reduzieren und Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten erhöhen. 
  • Die Finanzorganisation wurde bereits in den letzten Jahren professionalisiert – inklusive neuer Rollen wie Data Analysts, stärkerer Zentralisierung und modernisierter Prozesslogik.
  • Moser sieht sich klar als Enterprise Leader: Der CFO müsse Geschäftsmodelle, Märkte und Portfolioentscheidungen aktiv mitgestalten.

Hannes Moser im Interview | Kurzüberblick

Niedermayr: Herr Moser, schön, dass Sie da sind. Woher kommen Sie denn gerade?

Moser: Vielen Dank für die Einladung. Ich komme direkt aus unserem Büro in Wien. Unser Hauptstandort ist zwar in Kremsmünster, aber wir haben 2020 – mitten in der Pandemie – bewusst entschieden, auch in Wien ein Büro zu eröffnen. Das war ein strategischer Schritt: näher an Stakeholdern, näher am Arbeitsmarkt und mit deutlich besserer Erreichbarkeit. Ich war dort den ganzen Vormittag in Terminen, die die gesamte Bandbreite unseres Geschäfts abdecken – vom Projektgeschäft bis zu Technologiefragen.

Niedermayr: Greiner ist ein globaler Industrieplayer. 2024 hatten Sie einen Umsatzrückgang, aber eine starke Ergebnisqualität. Welche Weichenstellungen haben Sie getroffen?

Moser: Um die richtigen Entscheidungen treffen zu können, sind wir ein Jahr zurückgegangen. Greiner besteht faktisch aus sieben Business Units – mit unterschiedlichen Märkten, Logiken, Kundensegmenten und Herausforderungen. Wir haben jede einzelne Unit genau analysiert: Wo sehen wir Wachstum? Wo sehen wir strukturelle Hürden?

Auf Basis dieser Analyse mussten wir eine sehr schwierige Entscheidung treffen: die Schließung zweier Schaumstoffstandorte in Deutschland. Der Matratzenmarkt ist in Europa durch Überkapazitäten geprägt. Auch wenn „geschlafen wird immer“, wie unsere CEO sagt – der Nachfragerückgang war so deutlich, dass eine operative Bereinigung unumgänglich wurde.

Niedermayr: Der Blick nach vorne: Wie gestaltet sich das Jahr 2025?

Moser: 2025 ist nicht weniger anspruchsvoll. Wir sehen in einigen Bereichen leichte Nachfrageanstiege, in anderen nach wie vor Unsicherheit. Wir sind global aktiv, aber unser Schwerpunkt liegt in Europa – und hier ist die Stimmung verhalten.
In Summe würde ich sagen: eine Seitwärtsbewegung. Keine Verschlechterung, aber auch keine echte Erholung. Dafür sind die geopolitischen Rahmenbedingungen und die Konsumentenvertrauen zu volatil. Eine Entwarnung gibt es definitiv nicht.

Niedermayr: Greiner ist ein Familienunternehmen. Im Geschäftsbericht betonen Sie das Denken in Generationen. Wie prägt das Ihre Entscheidungen?

Moser: Sehr stark. In Familienunternehmen gilt ein anderer Takt. Wir sprechen intern häufig davon, Greiner „enkelfit“ zu machen – also Entscheidungen so zu treffen, dass sie auch in zwei Generationen noch Wert schaffen. Das betrifft besonders große Investitionsentscheidungen, Portfolioentwicklungen oder Standortfragen.

Das unterscheidet uns von rein kapitalmarktorientierten Unternehmen, wo oft Quartalslogiken dominieren.

Niedermayr: Was macht die CFO-Rolle in einem Familienunternehmen besonders?

Moser: Ein CFO muss über das eigene Berufsleben hinausdenken. Entscheidungen haben lange Wirkungsketten – und die Eigentümer erwarten zu Recht, dass wir immer auch an die nächsten 10 bis 20 Jahre denken. Zugleich ist die Nähe zu den Eigentümern intensiver. Die Diskussionen sind stärker auf langfristige Verantwortung ausgerichtet, nicht nur auf KPIs. Das macht die Rolle vielschichtig, aber auch sehr erfüllend.

Niedermayr: Wenn Sie Ihre Rolle reflektieren: Enterprise Leader oder Functional Leader?

Moser: Ganz klar Enterprise Leader. Die funktionalen Grundlagen – Systeme, Prozesse, Strukturen – müssen funktionieren. Aber das ist nur die Basis. Als CFO muss man sich „hinaufzoomen“, Entwicklungen antizipieren, Portfolioentscheidungen begleiten und mit dem CEO und COO gemeinsam über geografische Ausrichtungen, Märkte oder Wachstumsstrategien diskutieren.

Niedermayr: Sie transformieren Support-Funktionen wie IT, Legal oder Commercial Excellence. Warum?

Moser: In Wachstumsphasen bauen Divisionen häufig ihre eigenen Strukturen auf. Das funktioniert eine Zeit lang – bis die Komplexität zu groß wird.
Wir standen letztes Jahr an dem Punkt: Viele Themen waren dreifach oder vierfach vorhanden. Also haben wir uns gefragt: Wo können wir durch Bündelung effizienter werden? Wo schaffen wir durch regionale Logik mehr Schlagkraft?

Niedermayr: Und wo steht die Finanzfunktion im Vergleich?

Moser: Finance ist punkto Transformation schon weiter. Schon meine Vorgänger haben erkannt, dass dezentrale Finanzstrukturen langfristig nicht funktionieren. Wir haben viel standardisiert, Prozesse modernisiert und auch neue Berufsbilder in die Organisation integriert – etwa Data Analysts. Das Berufsbild im Finanzbereich sieht heute völlig anders aus als noch vor zehn Jahren. Wir müssen modern, digital und skalierbar sein.

Niedermayr: Kommen wir zu einem Großprojekt: die S/4HANA-Umstellung. Sie planen einen Big Bang. Warum?

Moser: Die Greiner Gruppe besteht aus etwa 119 Unternehmen. Ein klassischer Rollout – Land für Land – würde über viele Jahre dauern. Das ist nicht realistisch.
Stattdessen planen wir einen Big Bang: eine nahezu gleichzeitige Umstellung weltweit. Das ist extrem anspruchsvoll, aber nur so erreichen wir eine einheitliche Prozess- und Datenbasis.

Niedermayr: Wenn Sie auf Ihre mehr als 25 Jahre als CFO zurückblicken: Wann war für Sie persönlich der Druck am höchsten – und wie sind Sie damit umgegangen?

Moser: Der höchste Druck war eindeutig während der Finanzkrise 2008. Damals war ich noch bei der Miba. Als die Finanzkrise in die Realwirtschaft übergeschwappt ist, sind in manchen Geschäftsbereichen von einem Tag auf den anderen 50 bis 60 Prozent der Aufträge weggebrochen. Das erlebt man in normalen Marktzyklen nicht. Wir standen vor der Frage: Wie soll es jetzt weitergehen? Mit den herkömmlichen CFO-Instrumenten kommt man in so einer Situation nicht weit.

Niedermayr: Wie entwickeln Sie CFO-Talente?

Moser: Indem wir junge Menschen früh in Projekte einbinden, ihnen Verantwortung geben und beobachten, wie sie mit Komplexität umgehen. CFO-Potenzial zeigt sich daran, dass jemand über Zahlen hinausblickt, Zusammenhänge erkennt, Verantwortung übernimmt und Führungspotenzial zeigt. Und eines ist klar: Interne Talententwicklung ist wertvoller als externes Recruiting – weil interne Leute das Unternehmen kennen und sich langfristig binden.

Niedermayr: Letzte Frage: Was gibt Ihnen persönlich Zuversicht?

Moser: Menschen, die verantwortungsbewusst handeln. Die nicht jammern, sondern gestalten wollen. Die Mut haben, Realität anzuerkennen – nicht schönzureden – und trotzdem etwas verändern wollen. Solche Begegnungen geben mir Zuversicht, auch in unsicheren Zeiten. Krisen werden überwunden, wenn Menschen bereit sind, aktiv Verantwortung zu übernehmen.

Niedermayr: Vielen Dank für das Gespräch.

Podcast

Folge 4

Dauer

44m 18s

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