Strategiewechsel: Von Finanzengineering zu operativer Wertschöpfung
Die Zeiten schneller Gewinne durch Leverage sind vorbei. Mit hohen Finanzierungskosten und längeren Haltedauern rückt die operative Exzellenz in den Vordergrund. Due Diligence entwickelt sich zunehmend zu einem Hebel der Wertschöpfung. Operational Due Diligence untersucht heute nicht nur Risiken, sondern auch die Skalierbarkeit von Prozessen, die Resilienz der Lieferketten und die Potenziale zur Freisetzung von Working Capital. Technologische Prüfungen sind umfassender geworden und beziehen Themen wie Cloud-Architekturen, künstliche Intelligenz und Cybersecurity ein, die sich vom Risikofaktor zum Werttreiber entwickeln. Auch Nachhaltigkeit und regulatorische Anforderungen sind stärker in Transaktionsprozesse integriert und beeinflussen zunehmend sowohl die Narrativen bei Exits als auch die Auswahl von KPIs.
Schalko in diesem Zusammenhang: „Private Equity in Europa steht an einem Wendepunkt. Die reine Finanzoptimierung reicht nicht mehr aus – entscheidend ist, wie konsequent Portfoliounternehmen ihre operativen Hebel nutzen. Wer Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz verbindet, kann langfristig echten Mehrwert schaffen.“ Diese Entwicklung zwingt Private-Equity-Firmen, langfristige Investitionsstrategien aufzubauen und Wertschöpfung mit Transformationsprojekten zu verbinden. Finanzielle Kennzahlen bleiben wichtig, doch nachhaltige Performance entsteht immer mehr durch operative Verbesserungen.
Sektoren:Technologie führt, Materialien gewinnen
Die sektoralen Verschiebungen im ersten Halbjahr 2025 zeichnen ein differenziertes Bild. Trotz eines Rückgangs um 16 Prozent bleibt der Technologie- und Telekommunikationssektor die treibende Kraft im europäischen Private Equity. Deals in den Bereichen künstliche Intelligenz, Software und Dateninfrastruktur sichern seine Dominanz und zeigen die strategische Bedeutung von Technologie-Investitionen.
Überraschend stark entwickelte sich der Materialiensektor, der um 23 Prozent zulegte. Hier suchen Investoren zunehmend defensive Assets, die Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz und industrielle Transformation stützen. Der Konsumsektor hingegen verzeichnete mit einem Rückgang von 33 Prozent den stärksten Einbruch und fiel aus den Top drei der aktivsten Branchen. Auch Industrials mit einem Minus von 31 Prozent und Healthcare mit minus 27 Prozent waren rückläufig.
Exits: Geduld ist gefragt
Auch bei den Exits ist Zurückhaltung spürbar. Insgesamt wurden 319 Transaktionen gezählt, neun Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Strategische Verkäufe, traditionell der wichtigste Exit-Kanal, sanken leicht auf 213 Transaktionen. Secondary Buyouts gingen deutlich zurück und erreichten mit 100 Deals ein Minus von 19 Prozent. Der IPO-Markt ist weiterhin schwach, mit nur sechs Listings in der ersten Jahreshälfte – 41 Prozent unter dem Fünfjahresschnitt.
Die längeren Haltedauern sind ein klares Signal dafür, dass Investoren geduldiger agieren und verstärkt auf Teilverkäufe oder Anteilsveräußerungen setzen, um Liquidität zu schaffen. Damit verfestigt sich ein Trend hin zu langfristigeren Strategien.
Langfristige Chancen trotz Gegenwind
Private Equity in Europa zeigt 2025 zwei Gesichter: Einerseits sinkende Transaktions- und Exit-Zahlen, andererseits wachsende Chancen durch Kapitalzuflüsse, technologische Transformation und nachhaltige Geschäftsmodelle. Wer auf operative Wertschöpfung setzt und bereit ist, Geduld mitzubringen, kann sich in diesem Umfeld entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern.
Unternehmen, die Private-Equity-Investitionen anstreben oder bereits Portfoliofirmen sind, sollten jetzt ihre operativen Hebel aktivieren – von digitaler Transformation über resiliente Lieferketten bis hin zu nachhaltigen Strategien. So können sie die Erwartungen der Investoren erfüllen und ihre Wettbewerbsposition langfristig sichern.