Breite Unterstützung für Steuerreformvorschläge der BMF-Experten – aber erhebliche Zweifel an den Umsetzungsaussichten
- In einer von EY durchgeführten Umfrage, haben rund 500 Steuerexperten ihre individuellen Priorisierungen zu den Reformvorschlägen vorgenommen.
- Dabei scheinen Bürokratieentlastungen in allen Facetten überragend wichtig und es bedarf einer verbesserten Verlustverrechnung.
- Zentrale Aufgabe des internationalen Steuerrechts soll (wieder) die Vermeidung von Doppelbesteuerung und der Abbau von Hindernissen bei grenzüberschreitenden Unternehmensaktivitäten sein.
- Anti-Missbrauchsvorschriften sind auf ein angemessenes Maß zu reduzieren.
Unter Punkt 16 der am 17.07.2024 von der Bundesregierung beschlossenen Wachstumsinitiative heißt es: „Die Bundesregierung wird die […] Vorschläge der Experten-Kommissionen „Vereinfachte Unternehmenssteuer“ und „Bürgernahe Einkommensteuer“ prüfen und bei positivem Ergebnis noch in diesem Jahr in einem Gesetzesvorhaben umsetzen.“ In den am 12.07.2024 vorgestellten Berichten hatten die vom BMF ausgesuchten Steuerexperten auf 417 Seiten zahlreiche Reformvorschläge zusammengetragen.
Gut einen Monat nach der Veröffentlichung der Kommissionsberichte liegen nunmehr die Ergebnisse einer ersten Umfrage vor, wie Steuerpraktiker die Vorschläge insbesondere der Kommission zur Unternehmensbesteuerung einschätzen. Für die Umfrage haben die befragten Leserinnen und Leser des EY eNewsletter Tax – überwiegend Steuerpraktiker aus Unternehmen oder aus der Steuerberatung – die für Unternehmen relevanten Vorschläge der BMF-Expertenkommissionen einem Praxischeck unterworfen und ihre Prioritäten geäußert.
Konzeption der Studie
Für jede der vier Themenbereiche – „laufende Unternehmensbesteuerung“1, „Umwandlung und Sanierungen“, „Internationale Unternehmensbesteuerung“ und „Digitalisierung, Prozesse und Betriebsprüfung“ konnten die rund 500 teilnehmenden Steuerexperten die wichtigsten Einzelvorschläge einer von fünf Antwortmöglichkeiten von „sehr wichtig“ bis „gar nicht wichtig“ zuordnen. Diese Einstufungen haben wir in Zahlenwerte von 1-5 überführt und daraus durchschnittliche Prioritätswerte ermittelt. Je näher der durchschnittliche Prioritätswert an 5 (bzw. 1) liegt, desto häufiger haben die Umfrageteilnehmer den Einzelvorschlag mit „sehr wichtig“ (bzw. „gar nichtwichtig“) eingestuft. Abschließend haben die Teilnehmenden beurteilt, ob sie das Maßnahmepaket insgesamt überzeugt und ob sie in absehbarer Zeit mit der Umsetzung rechnen.
Befürwortung und Skepsis zugleich
Das Hauptergebnis: Die Umfrage ergibt insgesamt eine große Zustimmung für das Gesamtpaket der BMF-Kommission. 67,9 Prozent der Teilnehmer bewerten die Vorschläge als sehr hilfreich oder hilfreich. Nur 12,4 Prozent halten sie für wenig oder gar nicht hilfreich.
Völlig entgegengesetzt fallen die Erwartungen aus, ob das Paket in absehbarer Zeit in wesentlichen Teilen auch umgesetzt wird. Lediglich 10,6 Prozent halten dies für wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich, geschlagene 71,9 Prozent aber für (sehr) unwahrscheinlich. Dies zeigt, dass die befragten Steuerexperten der Finanzverwaltung und Politik bei deren Problemanalyse zustimmen, jedoch das Vertrauen in die Problemlösung zumeist fehlt.