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Wie ESG-Themen Transaktionen beeinflussen und in die Due Diligence Eingang finden

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Überblick

  • Sachverhalte zum Thema Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG: Environmental, Social, Governance) gewinnen zunehmend an Bedeutung.
  • Dies wirkt sich auch auf Unternehmenskäufe aus. 
  • Zudem müssen in Zukunft immer mehr Unternehmen Vorschriften aus dem Bereich ESG als bindendes (Steuer-)Recht umsetzen, da hier die Anwendungsmaßstäbe immer breiter werden.

Die zunehmende Bedeutung von ESG-Sachverhalten wirkt sich auch auf Unternehmenskäufe aus. Dies gilt einerseits in Bezug auf die wirtschaftlichen Treiber zum Kauf von Unternehmen – so kann ein „grünes Profil“ den Wert und die Attraktivität eines Unternehmens erhöhen und für andere Unternehmen zur Aufwertung ihres eigenen Unternehmens- bzw. Investmentportfolios interessant sein. Im Umkehrschluss können Unternehmen aufgrund von nicht ESG-konformen Verhaltens (z. B. aufgrund einer als aggressiv erachteten Steuergestaltung) nicht (mehr) als Portfoliounternehmen infrage kommen. Andererseits müssen in Zukunft immer mehr Unternehmen Vorschriften aus dem Bereich ESG als bindendes (Steuer-)Recht umsetzen, da hier die Anwendungsmaßstäbe immer breiter werden.

Die Abkürzung ESG steht für „Environmental, Social, Governance“. Am ehesten erklärt sich der Begriff „Environmental“ mit seinem Bezug auf umweltschutzrechtliche – und insbesondere den Klimaschutz betreffende – Themen aus sich selbst heraus. Etwas komplizierter ist es bei den Themenbereichen „Social“ und „Governance“. Arbeits- und sozialrechtliche Fragen sowie eine verantwortungsvolle Unternehmensführung spielen eine genauso wichtige Rolle, sind jedoch aufgrund ihrer abstrakten Definition und verschiedener Regelungsbereiche vergleichsweise schwer zu fassen.

Hard & Soft Law

Nur wenige ESG-Themen wurden bereits aus EU-Richtlinien in (nationale) gesetzliche Regelungen umgesetzt, so wie der EU Green Deal und die EU-Taxonomie-Richtlinie in das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder das Bundes-Klimaschutzgesetz (Hard Law) Eingang gefunden haben. Zahlreiche Aspekte finden sich bislang vielmehr als hehre Ziele in diversen Leitlinien und wirken sich somit lediglich mittelbar auf die Unternehmen aus, die sie als interne Richtlinien und Selbstverpflichtungen umsetzen (Soft Law). Letzteres findet insbesondere in den Bereichen „(Corporate) Governance“ und „Social“ Anwendung.

Vor dem Hintergrund der diversen und unüberschaubaren Vorschriften und Zielsetzungen aus Hard Law und Soft Law reicht es nicht mehr aus, die der geplanten Akquisition vorausgehende Due Diligence auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zu begrenzen. Vielmehr müssen die einzelnen Aspekte von ESG auch den verschiedenen Themenbereichen einer Due Diligence zugeordnet und in dieser Prüfung bewertet werden. Dabei gilt es einerseits, die jeweilige Transaktion im Blick zu behalten und die hierfür relevanten ESG-Merkmale in einer Due Diligence-Prüfung zu ergänzen, z. B. Fragen zu Umwelt- oder Energierecht. Andererseits sollten auch in den einzelnen Rechtsbereichen, die bei den meisten Transaktionen bereits ohnehin abgefragt werden, ESG-spezifische Fragestellungen einbezogen werden. Dies gilt beispielsweise im Arbeitsrecht für Fragen zu Inklusion und Diversität in der Arbeitnehmerstruktur.

Green Taxes

Auch bei der Tax Due Diligence ist eine Erweiterung um ESG-Kriterien geboten. Dies betrifft insbesondere die Berücksichtigung von „Green Taxes“. Dazu gehören beispielhaft die Plastiksteuer oder der CBAM. In der Tax Due Diligence werden dabei traditionell die Einhaltung der zugrunde liegenden spezifischen Steuergesetze geprüft und darauf basierend potenzielle Risiken ermittelt. Diese Steuerarten wirken sich aber auch unmittelbar auf die operative Ergebnisqualität und damit das Geschäftsmodell der Zielunternehmen aus, sodass hier eine große Schnittmenge mit der Commercial und Financial Due Diligence besteht.

Steuertransparenz

Ein weiteres Element einer um ESG ergänzten Tax Due Diligence ist die Prüfung der Kommunikation zur Tax Governance des Zielunternehmens. Hier wird die Information über die regelkonforme, nicht missbräuchliche Umsetzung von Steuerrecht oder über sonstige steuerliche Sachverhalte in Nachhaltigkeitsberichten (etwa gemäß der Global Reporting Initiative und des World Economic Forum – International Business Council) oder dem künftigen Public Country-by-Country Reporting validiert. Ziel ist es, die eingeforderte Transparenz, die Rolle des Zielunternehmens für die Gesellschaft (Steuerzahlungen als positiver gesellschaftlicher Beitrag) und dessen tatsächliches Verhalten als Steuerpflichtiger einzuordnen. So berücksichtigen einzelne ESG-Ratingagenturen bereits überwiegend auf Tax Transparency und Tax Governance abstellende Kriterien (z. B. Effective Tax Rate, Tax Policies oder Tax Control Frameworks), wobei der Druck zunimmt, mehr und detailliertere steuerliche Indikatoren aufzunehmen.

Relevanz für Fördermittel

Auch ESG-spezifische Subventionen (z. B. für das Investment in neue Technologien und die Forschung an nachhaltigeren Produkten) sind in Abhängigkeit vom Geschäftsmodell zu beachten, sowohl bezüglich der Überprüfung der tatsächlichen Erfüllung hierfür notwendiger (steuerlicher) Kriterien als auch der Möglichkeit der künftigen Inanspruchnahme bestimmter Fördertöpfe. Während der erste Punkt Bestandteil der Due Diligence ist, werden beim zweiten mögliche Effekte auf den künftigen Cashflow identifiziert.

Regelungsbedarf

Nach der Überprüfung der ESG-Themengebiete im Rahmen der Due Diligence können diese über Garantien und Freistellungsklauseln sowie gegebenenfalls über Bedingungen, die vor Vollzug des Unternehmenskaufs erfüllt sein müssen (Closing Conditions), im Unternehmenskaufvertrag umgesetzt werden. Dabei lassen sich solche Klauseln oftmals schwer standardisieren und müssen spezifisch auf den Einzelfall und die Intention der Transaktion angepasst werden.

Autor:innen: Dr. Philipp Kühner, Anna Katharina Till 

Fazit

Betroffene Unternehmen sollten die potenziellen finanziellen Auswirkungen bedenken, die weiteren rechtlichen Entwicklungen verfolgen und ihren Betrieb auf die Einhaltung der neuen Verpflichtungen vorzubereiten. Es wird wichtig sein, (i) Produkte zu identifizieren, die der Abgabe unterliegen, (ii) sich auf die Meldepflichten vorzubereiten und (iii) bei Bedarf einen Vertrag mit einer bevollmächtigten Person im Inland abzuschließen. Darüber hinaus sollten sich die Unternehmen bewusst sein, dass in Deutschland auch eine weitere Steuer auf Kunststoffverpackungen politisch geprüft wird. Dabei handelt es sich um eine separate Maßnahme zur Refinanzierung der Kosten der EU-Kunststoffabgabe, die jährlich aus dem deutschen Bundeshaushalt an den EU-Haushalt abgeführt werden muss. Aufgrund unterschiedlicher Auffassungen der politischen Parteien gibt es aber noch keine Fortschritte bei der Planung einer Kunststoffverpackungssteuer in Deutschland.

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