Im Kampf gegen unlauteren Wettbewerb bei Unternehmenstransaktionen schaltet die EU-Kommission die Verordnung über verzerrende drittstaatliche Subventionen (Foreign Subsidies Regulation, kurz FSR) scharf. Diese gilt seit dem 12. Juli 2023, wobei die Anmeldepflicht am 12. Oktober beginnt. Die Brüsseler Behörde stellt dabei klar, dass auch solche Transaktionen nach der FSR anmeldepflichtig sind, die ab dem 12. Juli vereinbart, bis zum 12. Oktober 2023 aber noch nicht vollzogen wurden. Betroffene Unternehmen müssen insbesondere auf die zwischenzeitlich erlassene Implementierungsverordnung (Implementing Regulation, kurz IR) achten.
Wer ist betroffen?
Anmeldepflichtig werden M&A, bei denen entweder
- eine Fusion von bisher unabhängigen Unternehmen/Unternehmensteilen vorliegt,
- ein Unternehmen die Kontrolle über ein anderes Unternehmen/Unternehmensteile erwirbt
oder
- ein sog. Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen gegründet wird und
- entweder eines der fusionierenden Unternehmen, das erworbene Unternehmen oder das Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen in der EU niedergelassen ist und dort im vorangegangenen Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz von mindestens 500 Millionen Euro erzielt hat und
- alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen in den drei Jahren vor Vertragsschluss von Drittstaaten finanzielle Zuwendungen von insgesamt mehr als 50 Millionen Euro erhalten haben.
Außerdem kann die Kommission vor Vollzug einer Unternehmenstransaktion eine Anmeldung auch dann verlangen, wenn die Schwellenwerte unterschritten werden. Ausreichend hierfür ist letztlich die Vermutung, dass die beteiligten Unternehmen drittstaatliche Subventionen erhalten haben könnten.
Die Implementierungsverordnung
Die IR legt Details zu den vorgenannten Anmeldungen von M&A-Transaktionen bei der Kommission fest. Auffällig ist, dass viele Informationen mit denjenigen vergleichbar sind, die auch für eine fusionskontrollrechtliche Anmeldung erforderlich sind. Dazu kommen detaillierte Angaben zu finanziellen Zuwendungen von Drittstaaten in den letzten drei Jahren. Dabei sind unter anderem der Zusammenhang mit der Transaktion, die Art der finanziellen Zuwendung, die genaue Identität der gewährenden Entität, der Zweck der Zuwendung, mit der Gewährung einhergehende Bedingungen und Vorteile etc. zu erläutern. Auch die finanzielle Situation des Unternehmens, das die Zuwendung erhalten hat, muss beleuchtet werden, ebenso wie die Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition. Abgesehen von der grundsätzlichen Schwierigkeit, finanzielle Zuwendungen zu identifizieren, dürfen diese nicht einfach nur aufgelistet werden, sondern müssen unter verschiedenen Gesichtspunkten in der Anmeldung bewertet und kategorisiert werden. Dies ist eine Arbeit, mit der sich Unternehmen schon jetzt beschäftigen sollten.
Tiefe Einblicke
Die vorzulegenden Unterlagen können auch den Due-Diligence-Report umfassen. Das heißt, dass etwa in solchen Reports hervorgehobene mögliche Kartellrechtsverstöße der Zielgesellschaft so auch der Kommission zur Kenntnis gelangen können. Schließlich müssen Angaben zu fusions- und investitionskontrollrechtlichen Verfahren gemacht werden, was noch einmal die neue regulatorische Realität von M&A-Transaktionen und deren Interdependenzen hervorhebt. Informationen über mögliche positive Auswirkungen einer drittstaatlichen Subvention müssen nicht vorgelegt werden, können aber hilfreich sein. Aufgrund des zweistufigen Prüfungsverfahrens der EU-Kommission könnte es bspw. von Vorteil sein, wenn der Anmeldung Informationen beigefügt werden, warum drittstaatliche Subventionen keine verzerrende Wirkung auf den EU-Binnenmarkt haben. Denkbar sind hier finanzielle Förderungen, die im Ergebnis auch innerhalb der EU zu Vorteilen führen. Andererseits könne daraus auch abgeleitet werden, dass eine Unternehmung durch die drittstaatliche Subvention in die Lage versetzt wird, einen Zusammenschluss (bspw. Kauf) durchzuführen. Im Übrigen kann die EU-Kommission weitere Informationen anfordern.
Ausnahmen möglich
Sollten bestimmte Informationen aufgrund außergewöhnlicher Umstände – etwa in einem Bieterverfahren – nicht vorliegen, können die Parteien bei der Kommission beantragen, von einer entsprechenden Vorlagepflicht befreit zu werden. Die Bedeutung des – freiwilligen – Vorverfahrens ergibt sich bereits daraus, dass dieses die Möglichkeit eröffnet, mit der Kommission zu einem frühen Zeitpunkt zu erörtern, welche Informationen tatsächlich vorgelegt werden müssen, um eine vollständige Anmeldung einreichen zu können. Hier können auch Anträge auf Befreiung für bestimmte Informationspflichten gestellt werden.
Autoren: Dr. Nils Gildhoff, Steffen Höhl