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Beschäftigte von Betriebsstätten im Ausland

Lohnsteuerrisiko Inlandsdienstreisen

Wenn die Beschäftigten einer ausländischen Betriebsstätte Dienstreisen nach Deutschland unternehmen, muss das deutsche Stammhaus auf die darauf entfallende Vergütung Lohnsteuer einbehalten und abführen. Denn die ausländische Betriebsstätte einer im Inland ansässigen rechtlich selbständigen Person ist nicht als Arbeitgeber im Sinne des Abkommensrechts anzusehen. So hatte das Niedersächsische Finanzgericht (FG) in drei Urteilen vom 16.12.2021 entschieden (11 K 14196/20, 11 K 14197/20, 11 K 14198/20). Alle drei Urteile wurden von dem jeweils betroffenen Steuerpflichtigen angefochten. 

Wirtschaftlicher Arbeitgeber

Die im Ausland befindlichen Zweigniederlassungen sind unstreitig Betriebsstätten. Doch diese Betriebsstätten sind laut FG keine wirtschaftlichen Arbeitgeber im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA. Unselbständige Zweigniederlassungen sind zivilrechtlich nicht rechtsfähig. Doch der in der Rechtsprechung entwickelte Begriff des wirtschaftlichen Arbeitgebers stellt auf eine rechtlich selbständige Person ab, wie das FG weiter ausführt. Betriebsstätten werden nur zum Zweck der Gewinnzuordnung nach Art. 7 OECD-MA fiktiv als selbständig behandelt.

Daraus schloss das Gericht, dass die in Deutschland ansässige Klägerin als rechtlich selbständiger Arbeitgeber im Sinne des Art. 15 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA zu qualifizieren ist. Damit sind nicht alle drei Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 2 OECD-MA kumulativ erfüllt und das Besteuerungsrecht wird dem Tätigkeitsstaat Deutschland zugewiesen.

Über die drei Urteile haben wir in unserer Ausgabe März 2022 bereits ausführlicher berichtet. Zum betreffenden Artikel kommen Sie hier:

Lohnsteuer auf Inlandsdienstreisen | EY – Deutschland

Revision vor dem BFH anhängig

Inzwischen wurde gegen alle drei Entscheidungen Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt (I R 7/22, I R 8/22, I R 9/22). Der BFH wird nun die Frage zu klären haben,

  • ob ausländische Betriebsstätten einer im Inland ansässigen Kapitalgesellschaft keine Arbeitgeber im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA sind und
  • somit die inländische Kapitalgesellschaft verpflichtet ist, als Arbeitgeberin gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vom auf Inlandsdienstreisen entfallenden Arbeitslohn der Arbeitnehmer ihrer ausländischen Betriebsstätten Lohnsteuer abzuführen.

Handlungsempfehlung

Unternehmen Beschäftigte ausländischer Zweigniederlassungen Dienstreisen nach Deutschland, sollte das deutsche Stammhaus sicherstellen, dass die lohnsteuerlichen Pflichten im Inland erfüllt werden. Hierfür hat der Gesetzgeber seit 2020 die Möglichkeit geschaffen, die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz in Höhe von 30 Prozent zu erheben (§ 40a Abs. 7 EStG), sofern die Tätigkeit des betreffenden Mitarbeiters 18 zusammenhängende Arbeitstage in Deutschland nicht übersteigt.

Aufgrund der neueren Entwicklung empfiehlt es sich, in diesen Fällen gegen die Festsetzung von Lohnsteuer Rechtsbehelf einzulegen und sich dabei auf die vor dem BFH anhängigen Verfahren zu berufen. Da die monatliche Lohnsteueranmeldung als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gilt, bietet es sich aus verfahrensökonomischen Gründen an, einen solchen Rechtbehelf zusammenfassend für mehrere Lohnsteueranmeldungen einzulegen. Dabei muss sichergestellt sein, dass dies rechtzeitig vor dem Ablauf der Festsetzungsverjährung geschieht (ggf. am Jahresende). Sofern im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung der Vorbehalt der Nachprüfung der Lohnsteueranmeldung aufgehoben wird, ist ein entsprechender Rechtsbehelf fristgerecht einzulegen.