Wenn der bisher in zu geringer Höhe gezahlte Teil des Arbeitslohns nachträglich vergütet wird, fließt steuerbarer Arbeitslohn zu. Dies kann wiederum dazu führen, dass im Monat bzw. im Jahr der Auszahlung die Minijob-Grenze überschritten wird. Außerdem tritt je nach Höhe der Nachzahlung und der übrigen Einkünfte möglicherweise eine spürbare Progressionswirkung ein. Ob der höhere Steuersatz durch die Anwendung der Fünftelregelung gemildert werden kann, ist im Einzelfall zu prüfen.
Dagegen zählen Zeiten, die ein Arbeitnehmer für den Weg von der Wohnung zur Arbeit und zurück aufwenden muss („Wegezeiten“), nicht zur Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer wendet diese Zeit aufgrund der von ihm vorgenommenen Wahl seines Wohnortes auch im eigenen Interesse auf. Etwas anderes gilt insbesondere für Außendienstmitarbeiter, da es Teil ihrer Vertragspflichten ist, Kunden aufzusuchen. Die Fahrten zum Kunden sind damit Arbeitszeit und zu vergüten.
Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus § 20 MiLoG nicht nach, drohen Sanktionen.
Sanktionen bei Nichtvergütung
Gemäß § 21 Abs. 1, Nr. 9, Abs. 3 MiLoG können bei Nicht- oder nicht rechtzeitiger Zahlung Bußgelder in Höhe von 500.000 Euro verhängt werden. Auch die Verletzung der Dokumentationspflicht oder der Pflicht zur Bereitstellung entsprechender Unterlagen können mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
Verstößt ein Unternehmen gegen § 21 MiLoG und wird es mit einer Geldbuße in Höhe von mindestens 2.500 Euro belegt, kann es gem. § 19 Abs. 1 MiLoG von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Welche Ausschluss- und Verjährungsfristen gelten?
Der Anspruch auf Mindestlohn gem. § 3 MiLoG kann nicht durch anderweitige Vereinbarungen abbedungen werden. Er ist nicht dispositiv. Alle Vereinbarungen, die den Anspruch auf den Mindestlohn unterschreiten, sind nach § 3 Satz 1 MiLoG insoweit unwirksam. Hiervon sind auch Ausschlussfristen umfasst, da sie den Anspruch in zeitlicher Hinsicht einschränken. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Arbeitsvergütung bis zur Höhe des Mindestlohns unterliegt daher nur der regelmäßigen dreijährigen Verjährung nach §§ 195,199 BGB.
Ausschlussfristen, die vor dem Inkrafttreten des MiLoG am 16.08.2014 in Arbeitsverträgen vereinbart wurden, sind allerdings nicht vollständig unwirksam, weil § 3 Satz 1 die Unwirksamkeit von Ausschlussfristen nur „insoweit“ anordnet. Demgegenüber sind Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossen bzw. geändert wurden, insgesamt unwirksam, da sie gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen.
In Tarifverträgen enthaltene Ausschlussfristen bleiben allerdings im Übrigen wirksam, auch wenn sie den Anspruch auf den Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnehmen.
Phantomlohn: Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen
Alle Fälle des Phantomlohns haben gemeinsam, dass die Sozialversicherungsbeiträge auf ein höheres Arbeitsentgelt hätten berechnet werden müssen. Dies gilt auch, wenn dieser höhere Betrag nicht tatsächlich ausbezahlt wurde. Sofern nicht bereits die Beitragsbemessungsgrenze überschritten wurde, wurden fahrlässig – wenn nicht gar vorsätzlich – zu niedrige Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.
Das Unternehmen hat also für bis zu vier Jahre rückwirkend die Sozialversicherungsbeiträge für die fiktiven Entgeltbestandteile (Phantomlohn) der Beschäftigten zu entrichten, und zwar sowohl den Arbeitgeberanteil als auch den Arbeitnehmeranteil (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Bei Vorsatz verlängert sich die Frist auf 30 Jahre (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Zusätzlich fallen Säumniszuschläge an.
Vorsicht: In diesen Fällen kann dem Arbeitgeber das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt gemäß § 266a StGB vorgeworfen werden.
Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung zählen grundsätzlich zum lohnsteuerlich zu berücksichtigenden Arbeitslohn. Nachentrichtete Beiträge sind allerdings regelmäßig nicht der Lohnsteuer bzw. Einkommensteuer zu unterwerfen. Etwas anderes kann gelten, wenn dem Arbeitnehmer die Verpflichtung zur Abführung der (zusätzlichen) Beiträge bewusst war (BFH, Urteil vom 13.09.2007, VI R 54/04).
Grenzüberschreitende Sachverhalte – Entsendungen
Gemäß § 20 MiLoG sind alle Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmern den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen.
Wird ein Arbeitnehmer ins EU-Ausland entsendet, ist grundsätzlich der Entsendestaat für die meisten rechtlichen Fragestellungen maßgeblich. Im Anwendungsbereich der europäischen Entsenderichtlinie (RL-96/71/EG) müssen mittlerweile inländisch geltende Mindestlohnregelungen auf im Ausland tätige Arbeitnehmer angewandt werden. Sind die Mindestentgeltsätze im Entsendeland jedoch höher, gelten diese weiterhin. So liegt beispielsweise in Luxemburg der Mindestlohn bei 13,05 Euro (Statista, Stand Februar 2022). Durch erforderliche Registrierungen vor der Entsendung kann u. a. der entsprechende Stundensatz festgestellt werden.