Pflicht zur Errichtung von PV-Anlagen auf neuen Parkplätzen und Ausdehnung auf bestehende Parkplätze

Der Anfang Mai 2023 durchgeführt Photovoltaikgipfel der Bundesregierung, der auf die Steigerung des Anteils der Solarenergie am Strommix abzielte, gibt Anlass, sich mit dem Aspekt der sinnvollen Doppelnutzung von Flächen auseinanderzusetzen.

 

In Deutschland soll der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch auf 80 % steigen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Bundesregierung Anfang Mai ihre Solarstrategie vorgestellt, wonach u.a. vom Jahr 2026 an jedes Jahr Freiflächen-PV-Anlagen mit einer Leistung von 11 GW neu errichtet werden sollen. Freiflächen-PV-Anlagen stehen allerdings in Konkurrenz zur Landwirtschaft und den Naturschutzgebieten. Schon aus diesem Grund wird der Ausbau von Freiflächen-PV-Anlagen nicht der einzige Weg sein können, mit dem der Anteil der Solarenergie am Bruttostromverbrauch gesteigert wird. Insbesondere der Ausbau im Rahmen einer flächensparenden Doppelnutzung von bereits anderweitig genutzten Flächen ist und bleibt weiter sinnvoll. In diesem Zusammenhang sind etwa schwimmende PV-Anlagen („floating PV-Anlagen“) und insbesondere Parkplatz-PV-Anlagen zu nennen. Als Parkplatz-PV-Anlagen werden dabei solche Anlagen verstanden, die (aufgeständert) über der eigentlichen Stellplatzfläche installiert werden und die Parkplätze dabei häufig in einer Art „Carport-System“ überdachen. Der Ausbau an Parkplatz-PV-Anlagen ist politisch weiter gewünscht, wirft allerdings spezielle rechtliche Herausforderungen auf.

Für Parkplatz-PV-Anlagen liegen die aktuellen Herausforderungen primär darin, dass keine bundeseinheitlichen Regelungen bestehen. Einige Bundesländer haben allerdings bezüglich neu zu errichtender Parkplätze eine Errichtungspflicht für PV-Anlagen gesetzlich festgeschrieben. Konkret besteht in NRW und Baden-Württemberg die Pflicht seit dem 01.01.2022, in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein sind die Pflichten zum 01.01.2023 in Kraft getreten und in Hessen wird die Pflicht für Bauanträge relevant, die nach dem 29.11.2023 eingereicht werden. Die Bundesländer haben diese Pflicht dabei durchaus unterschiedlich ausgestaltet.

Die Heterogenität zwischen den Ländern fängt dabei schon hinsichtlich der Frage an, in welchem Gesetz die Pflicht niedergelegt wird. Während dies in NRW und Niedersachsen in der Landesbauordnung erfolgt, nutzt man etwa in Schleswig-Holstein das Gesetz zur Energiewende und Klimaschutz. Unterschiedlich beurteilt wird in den Ländern auch, ab welcher Parkflächengröße, die Pflicht zur Errichtung von Parkplatz-PV-Anlage besteht. Die Bandbreite reicht hier von 35 (z.B. in NRW) über 50 (z.B. in Rheinland-Pfalz) hin zu 100 Stellplätzen (Schleswig-Holstein).

Unternehmen, die Parkplätze neu anlegen wollen, kommen deshalb nicht umhin, sich mit den konkreten Vorgaben zur Errichtung von Parkplatz-PV-Anlagen im jeweiligen Bundesland auseinanderzusetzen. Wichtig hierbei: Auch bei einer bestehenden Errichtungspflicht bleiben die sonstigen (baurechtlichen) Vorschriften bestehen. Konkret kann daher etwa in formaler Hinsicht für die Errichtung der PV-Anlage eine baurechtliche Genehmigung notwendig sein, auch wenn die Errichtung gesetzlich gefordert wird.

Jenseits der landesrechtlichen Bestimmungen bietet ein aktuelles Gesetzgebungsvorhaben in Frankreich, dass die Einführung einer PV-Pflicht für bereits bestehende Parkplätze zum Gegenstand hat, Anlass, auch die Möglichkeit einer entsprechenden Pflicht in Deutschland in den Blick zu nehmen. Das Potential für den Ausbau der Solarenergie ist dabei mit Blick auf die Anzahl bestehender Parkflächen enorm und auch durch Studien quantifiziert. In rechtlicher Sicht müssten für eine solche Pflicht indes Herausforderungen überwunden werden, die aus dem Grundgesetz folgen. Denn die Pflicht zur Errichtung von PV-Anlagen auf bestehenden Parkplatzflächen betrifft das grundsätzlich schützenswerte Vertrauen der Eigentümer in den Fortbestand gesetzmäßig erworbener Rechte. Ausgeschlossen ist eine solche Pflicht gleichwohl nicht. Übergangsfristen, Härtefallregelungen und Förderprogramme sind Instrumente, die einen solchen Eingriff abfedern und im Ergebnis damit auch ermöglichen können. Hier bleibt es abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber dem französischen Beispiel folgt.

Der gesetzlich erworbene Rahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien ist im stetigen Fluss. Wie das Beispiel der PV-Anlagen-Pflicht für bestehende Parkplätze aus Frankreich zeigt, sind auch Eingriffe in gesetzmäßig erworbener Rechtsposition denkbar.

Autoren: RA Dr. Oliver Wittig, RA Dr. Rene Schmelting