Update zu Kurbetrieben: EuGH verneint Unternehmereigenschaft

Mit Spannung wurde erwartet, wie sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu den beiden Vorlagefragen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15.12.2021 zur Unternehmereigenschaft von Kurtaxe-erhebenden Gemeinden positioniert. Der EuGH hat nun in seinem Urteil vom 13.07.2023 (C-34/22) eindeutig Stellung bezogen.

Vorlagefragen des BFH

Aus dem Beschluss des BFH vom 15.12.2021 (XI R 30/19) gehen verschiedene Vorlagefragen hervor.

In der ersten Vorlagefrage wollte der BFH wissen, ob eine Gemeinde, die Kureinrichtungen unterhält und auf Basis einer Kurtaxe-Satzung von Übernachtungsgästen eine Kurtaxe erhebt, eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. Art. 2 Abs. 1c MwStSystRL ausübt, wenn die Kureinrichtungen frei zugänglich sind und somit uneingeschränkt durch die Öffentlichkeit genutzt werden können und nicht nur den Kurtaxe zahlenden Gästen zur Verfügung stehen. Zudem wollte der BFH in der zweiten Vorlagefrage wissen, wie im Falle der Bejahung der wirtschaftlichen Tätigkeit bei der Prüfung von größeren Wettbewerbsverzerrungen der räumlich relevante Markt festzulegen ist.

Urteil des EuGH vom 13.07.2023

Der EuGH hat in dem zu beurteilenden Sachverhalt festgestellt, dass die Erhebung der Kurtaxe für die Bereitstellung der Kureinrichtungen durch die Gemeinde keine „Dienstleistung gegen Entgelt“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1c MwStSystRL darstelle. „Gegen Entgelt“ würde voraussetzen, dass der Vergütung (Kurtaxe) ein unmittelbarer Gegenwert gegenübersteht. Vorliegend wird die Kurtaxe auf Basis einer kommunalen Satzung zur Deckung des Aufwandes für die Herstellung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten Einrichtungen und für die zu diesem Zweck durchgeführten Veranstaltungen erhoben. Die Satzung regelt welcher Personenkreis kurtaxenpflichtig ist und bestimmt deren Beitrag auf Basis der Aufenthaltstage im Gemeindegebiet. Kurtaxenpflichtige Einwohner (bei Zweitwohnsitz) zahlen gemäß Satzungen einen jährlichen Pauschalbetrag.   Tagesgäste und Ortsfremden, die sich aus beruflichen Gründen im Gemeindegebiet aufhalten, zahlen ebenso wie Einwohner mit Erstwohnsitz keine Kurtaxe. Unerheblich für die Bemessung der Kurtaxe ist folglich einerseits, ob die Kureinrichtungen überhaupt in Anspruch genommen werden. Andererseits können die Kureinrichtungen auch von Einwohnern oder Tagesgästen genutzt werden, die hierfür kein Entgelt entrichten müssen. Nach Auffassung des Gerichts haben folglich Kurtaxe zahlende Übernachtungsgäste keinen Vorteil gegenüber den anderen, nicht zahlenden Nutzern der Kureinrichtungen.

Der EuGH sieht in der Bereitstellung von Kureinrichtungen, die nicht nur von den kurtaxpflichtigen Gästen genutzt werden können, sondern auch für die Allgemeinheit frei zugänglich sind, keine Dienstleistung gegen Entgelt. Da kein umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch vorliegt, ist die Erhebung der Kurtaxe – entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung, die auf Kurbeiträge 7% Umsatzsteuer erhebt - nicht steuerbar. Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass auch keine Vorsteuerbeträge aus den bezogenen Eingangsleistungen, z.B. für die Unterhaltung der Kureinrichtungen, geltend gemacht werden können.

Die zweite Vorlagefrage zur Abgrenzung von größeren Wettbewerbsverzerrungen musste der EuGH nicht mehr beantwortet, da er in der ersten Vorlagefrage bereits keine wirtschaftliche Tätigkeit angenommen hat.

Ausblick

Es ist zu erwarten, dass der BFH die Urteilsgrundsätze des EuGH für das anhängige Rechtsverfahren übernehmen und entsprechend entscheiden wird. War bisher die Höhe des Vorsteuerabzugs aus den Aufwendungen für Kureinrichtungen strittig und führte häufig zu anteiligen Kürzungen in Betriebsprüfungen, dürfte damit zukünftig bereits die Unternehmereigenschaft von Kurortgemeinden im Fokus stehen. Wird diese verneint, entfällt der Vorsteuerabzug insoweit gänzlich.

Kurbetriebe sollten daher die von ihnen ausgeübten Tätigkeiten auf das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit genau überprüfen. Dabei sollte insbesondere analysiert werden, ob es Kureinrichtungen gibt, die nur von kurbeitragspflichtigen Personen genutzt werden können. In diesem Fall wäre auch nach der jüngsten Rechtsprechung grundsätzlich ein Vorsteuerabzug möglich. Ebenso könnte geprüft werden, ob der Vorsteuernachteil durch Erhöhung von Eigenleistungen oder Beistellungen reduzierbar wäre.

Zudem bleibt abzuwarten, welche Schlüsse die Finanzverwaltung aus dem Urteil im Hinblick auf die körperschaftsteuerliche Beurteilung von Kurbetrieben zieht.

Autor*innen: StB Tobias Kreiter, StB Bianca Sparacio