FüPoG II in Kraft getreten – Auswirkungen

Ausgangssituation

Mit dem am 01.05.2015 in Kraft getretenen Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (kurz: FüPoG I, BGBl. I 2015, S. 642) sollte der Anteil von Frauen in Führungspositionen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor erhöht und so die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in diesen Bereichen gefördert werden.
Zu diesem Zweck wurde für den Aufsichtsrat börsennotierter und zugleich paritätisch mitbestimmter Gesellschaften eine feste Geschlechterquote von 30 Prozent festgelegt. Für den Vorstand und die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands börsennotierter und zugleich paritätisch mitbestimmter Gesellschaften sowie für Vorstand, Aufsichtsrat und die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands börsennotierter oder mitbestimmter Gesellschaften ordnete das FüPoG I dagegen lediglich an, Zielgrößen für den Frauenanteil im Vorstand (durch den Aufsichtsrat), im Aufsichtsrat (durch den Aufsichtsrat selbst bzw. den Gesellschafter) und den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands (durch den Vorstand) festzulegen. Auch mit einer Zielgröße von null konnten Unternehmen den Gesetzesvorgaben entsprechen.

Aktuelle Entwicklungen

Die Hoffnung des Gesetzgebers, dass Unternehmen freiwillig den Frauenanteil in Führungspositionen, insbesondere im Vorstand, erhöhen, hat sich nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund ordnet der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (kurz: FüPoG II, BGBl. I 2021, S. 3311) an, nunmehr auch den Anteil von Frauen im Vorstand zu erhöhen. Nachfolgend finden Sie die wesentlichen Neuregelungen im Überblick.

a) Neuregelungen für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte AGs, SEs und KGaAs

Besteht der Vorstand einer börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Gesellschaft aus mehr als drei Mitgliedern, so muss er mit mindestens einer Frau und mindestens einem Mann besetzt sein (Mindestbeteiligungsgebot). Die Bestellung eines Vorstandsmitglieds unter Verstoß gegen dieses Mindestbeteiligungsgebot ist nichtig (§ 76 Abs. 3a AktG n. F.). Gemäß dem BMFSJF haben derzeit 31 der betroffenen 70 Unternehmen keine Frau im Vorstand (Stand: 05.03.2021).
Das Mindestbeteiligungsgebot ist erstmals bei Neubestellungen von Vorstandsmitgliedern und Vertragsverlängerungen ab dem 01.08.2022 zu beachten. Besteht beispielsweise der Vorstand einer börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Gesellschaft aus vier Männern und soll die Bestellung eines (männlichen) Vorstandsmitglieds verlängert werden, ist dies nur zulässig, wenn zugleich auch eine Frau in den Vorstand berufen wird.

Für nach dem 31.12.2020 beginnende Geschäftsjahre ist in der Erklärung zur Unternehmensführung anzugeben, ob die Gesellschaft im Bezugszeitraum das Mindestbeteiligungsgebot eingehalten hat. Ist dies nicht der Fall, sind die Gründe hierfür zu nennen.

b) Neuregelungen für börsennotierte oder paritätisch mitbestimmte AGs, SEs und KGaAs

Für börsennotierte oder paritätisch mitbestimmte Gesellschaften sieht das FüPoG II im Wesentlichen Änderungen in der Berichterstattung vor. Wird beispielsweise die Zielgröße null festgelegt, so muss dieser Beschluss klar und verständlich begründet werden. Außerdem sind die der Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen ausführlich darzulegen.
Beachte: Die Festlegung einer Zielgröße von null für den Vorstand, den Aufsichtsrat oder den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands ist nur zulässig, wenn in dem betreffenden Gremium bzw. der Führungsebene bereits in der Vergangenheit keine Frau beteiligt war.

c) Neuregelungen für „andere“ mitbestimmungspflichtige Kapitalgesellschaften

Auch die „anderen“ mitbestimmungspflichtigen Kapitalgesellschaften müssen künftig die Festlegung einer Zielgröße von null begründen.
Kapitalgesellschaften, die nicht zur Aufstellung (bislang: Offenlegung) eines Lageberichts verpflichtet sind, haben eine Erklärung mit den vorstehenden Festlegungen, Begründungen und Angaben zu erstellen und auf der Internetseite der Gesellschaft zu veröffentlichen (§ 289f Abs. 4 Satz 3 HGB n. F.).
Bereits nach der bisherigen Regelung war fraglich, ob Gesellschaften, die die Erleichterungen des § 264 Abs. 3 HGB in Anspruch nehmen, die Angaben zur Frauenquote außerhalb der Rechnungslegung offenlegen müssen. Die wohl herrschende Meinung hat dies verneint. Fraglich ist, ob diese Auffassung nach der künftigen Rechtslage (§ 289f Abs. 4 Satz 3 HGB n. F.) noch aufrechterhalten werden kann.
Der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) des IDW hat in seiner 265. Sitzung am 01.07.2021 (IDW Life 2021, S. 945 f.) entschieden, dass auch nach neuem Recht im Falle einer mitbestimmten, nach § 264 Abs. 3 HGB von der gesetzlichen Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts befreiten Tochterkapitalgesellschaft die Nichtabgabe einer Erklärung i. S. d. § 289f Abs. 4 Satz 3 HGB n. F. nicht als pflichtwidrig angesehen und dementsprechend auch nicht von einem Abschlussprüfer beanstandet werden kann.
Zu berücksichtigen ist, dass Zuwiderhandlungen gegen § 289f Abs. 4 Satz 3 HGB n. F. – insbesondere fehlende Angaben – künftig als Ordnungswidrigkeit geahndet werden können.

Ausblick

Das FüPoG II ist am Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt und somit am 12.08.2021 in Kraft getreten. Die Neuregelungen für die Berichterstattung in der Erklärung zur Unternehmensführung sind schon in Geschäftsjahren zu berücksichtigen, die nach dem 31.12.2020 beginnen. Für das Geschäftsjahr 2021 ergibt sich also bereits Handlungsbedarf.

KPH