Finales BMF-Schreiben zur Einlagelösung bei ertragsteuerlicher Organschaft

Nach Veröffentlichung der Entwurfsfassung im April hat das BMF nun das finale BMF-Schreiben zu Anwendungsfragen zur Einlagelösung nach § 14 Abs. 4 KStG i.d.F. des KöMoG vorgelegt. Die Änderungen im Vergleich zur Entwurfsfassung sind dabei überschaubar. Erweitert wurden u.a. die Ausführungen zur mittelbaren Organschaft.

Hinsichtlich der Behandlung von organschaftlichen Minder- und Mehrabführungen trat mit dem Körperschaftsteuermodernisierungsgesetz (KöMoG) vom 25.06.2021 (BStBl I, S. 889) an die Stelle der bisherigen Bildung von sog. steuerlichen Ausgleichsposten die sog. Einlagelösung. Danach gelten organschaftliche Minderabführungen als Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft und Mehrabführungen der Organgesellschaft als Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger (§ 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 KStG n.F.). Damit erhöhen bzw. mindern sie unmittelbar und grundsätzlich auch in voller Höhe den Beteiligungsansatz der Organgesellschaft in der Steuerbilanz des Organträgers. Die gesetzlichen Neuregelungen sind erstmals auf Minder- und Mehrabführungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 erfolgen.

Das BMF hat nun sein finales Anwendungsschreiben vorgelegt (BMF-Schreiben vom 29.09.2022). Darin nimmt das BMF u.a. Stellung zum Wahlrecht einer Rücklagenbildung für einen veräußerungsähnlichen Ertrag, der aufgrund des Wechsels von der Ausgleichspostenmethode zur Einlagelösung entstehen kann. Außerdem äußert sich das BMF zu Anwendungsfragen bei mittelbaren Organschaften sowie Kettenorganschaften. Im Vergleich zu dem Entwurf des BMF-Schreibens vom 14.04.2022 enthält das finale Schreiben nur wenige inhaltlich relevante Anpassungen, insbesondere werden die Ausführungen zu mittelbaren Organschaften um weitere Beispiele ergänzt.

Im Hinblick auf die zeitliche Anwendung der Neuregelung wird in dem finalen BMF-Schreiben ergänzend ausgeführt, dass im Falle voneinander abweichender Wirtschaftsjahre von Organträger und Organgesellschaft darauf abzustellen sei, ob die Minder- oder Mehrabführungen bei der Organgesellschaft noch der Regelung des § 14 Abs. 4 KStG a.F. (§ 34 Absatz 6e Satz 6 KStG) unterliegen. In einem solchen Fall seien die Ausgleichsposten beim Organträger erst zum Schluss des darauffolgenden Wirtschaftsjahres aufzulösen (Rz. 1). Auch eine etwaige Rücklage ist in diesen Fällen entsprechend später zu bilden (Rz. 14).

Bezüglich einer Saldierung von Minder- und Mehrabführungen führt das BMF wie in seiner Entwurfsfassung zunächst in Rz. 5 aus, dass eine solche bei der Organgesellschaft nicht zulässig ist. Beim Organträger ist eine Saldierung der Minder- und Mehrabführungen laut Rz. 6 hingegen beteiligungsbezogen zulässig, da nach § 14 Abs. 4 Satz 4 KStG Minder- und Mehrabführungen in dem Zeitpunkt als verursacht gelten, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet. Dabei weist das BMF im finalen Schreiben nunmehr zusätzlich daraufhin, dass Mehrabführungen den Beteiligungsbuchwert in einem Wirtschaftsjahr erst dann mindern, wenn die aus den Minderabführungen resultierenden Erhöhungen des Beteiligungsbuchwerts im gleichen Wirtschaftsjahr berücksichtigt wurden.

Im Rahmen der Übergangslösung hin zur Einlagelösung, die mit einer zwingenden Auflösung der bisherigen Ausgleichsposten verbunden ist, fingiert der Gesetzgeber, soweit die passiven Ausgleichsposten die Summe aus aktiven Ausgleichsposten und dem Buchwert der Beteiligung übersteigen, einen Beteiligungsertrag, auf den das Teileinkünfteverfahren bzw. das Schachtelprivileg Anwendung finden soll (§ 34 Abs. 6e Satz 10 KStG). Das BMF führt hierzu nunmehr klar aus, dass Einlagen, die im Laufe des Wirtschaftsjahres getätigt werden, den Beteiligungsbuchwert in der Steuerbilanz des Organträgers vor einer Verrechnung mit den Ausgleichsposten erhöhen (Rz. 12). Den Fall, dass im Rahmen der nunmehr geltenden Einlagelösung – d.h. außerhalb der Übergangsregelung – laufende Mehrabführungen (Einlagerückgewährungen) der Organgesellschaft an den Organträger die Summe aus dem Beteiligungsbuchwert der Organgesellschaft beim Organträger und den Minderabführungen übersteigen, hat der Gesetzgeber dagegen nicht explizit geregelt. Gemäß Rz. 11 des Schreibens soll auch hier ein veräußerungsähnlicher Ertrag aus der Beteiligung zu berücksichtigen sein, und zwar in Höhe des übersteigenden Betrages (in analoger Anwendung des § 34 Abs. 6e Satz 9 und 10 KStG). Auf diesen veräußerungsähnlichen Ertrag seien die Regelungen des § 8b KStG bzw. § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG entsprechend anzuwenden (vgl. § 34 Abs. 6e Satz 10 KStG). Die Bilanzierung eines negativen Beteiligungsbuchwerts infolge von Mehrabführungen wird explizit ausgeschlossen (Rz. 9). Außerdem enthält das finale BMF-Schreiben nunmehr auch Ausführungen zur Abbildung des Beteiligungsbuchwerts an der Organgesellschaft bei einer Personengesellschaft als Organträgerin. Nach Rz. 10 ermittle sich der dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnende Beteiligungsbuchwert aus dem anteiligen Buchwert in der Gesamthandsbilanz zuzüglich bzw. abzüglich etwaiger Mehr- oder Minderbuchwerte aus den jeweiligen Ergänzungsbilanzen. Die Minder- und Mehrabführungen seien dabei nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilen.

Zur Auflösung der Rücklage nach § 34 Abs. 6e KStG führt die Finanzverwaltung u.a. neu aus, dass ein einer vollständigen Veräußerung gleichgestellter Vorgang bspw. eine Entnahme oder die Übertragung der Beteiligung an der Organgesellschaft in ein Sonderbetriebsvermögen sei. In diesen Fällen sei, wie bei der Veräußerung der Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft, die zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Rücklage vollständig aufzulösen. Dies gelte unabhängig vom Fortbestand der Organschaft. Sofern mehrere mittelbare Beteiligungen oder eine unmittelbare und eine oder mehrere mittelbare Beteiligungen bestehen, sei für die Bestimmung des aufzulösenden Anteils der Rücklage bei einem Teilverkauf der Beteiligung auf das Verhältnis des veräußerten Anteils an den gesamten Stimmrechten der Organgesellschaft (mittelbar zzgl. unmittelbar) abzustellen.

Besonders hervorzuheben sind die Ausführungen des BMF zur Behandlung der Einlagelösung bei mittelbaren Organschaften. Diese wurden auch im Vergleich zur Entwurfsfassung am umfangreichsten angepasst und um ausführliche Beispiele ergänzt. Insbesondere definiert das BMF-Schreiben drei Fälle („Alternativen“) der finanziellen Eingliederung, die zu mittelbaren Organschaften führen, und gibt für jede Alternative Anwendungsregelungen vor. Dabei weist die Finanzverwaltung darauf hin, dass dann, wenn sich die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft bereits durch eine unmittelbare Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft ergibt, die Ausführungen des Schreibens zu mittelbaren Organschaften nicht anzuwenden seien, unabhängig davon, ob neben dieser unmittelbaren Beteiligung auch mittelbare Beteiligungen bestehen. Insbesondere wird die wichtige Anwendungsfrage geklärt, dass im Fall einer mittelbaren Organschaft über eine Zwischengesellschaft die bilanziellen Folgen der Einlage sowie der Einlagenrückgewähr aufgrund einer organschaftlich verursachten Minder- oder Mehrabführung bilanztechnisch auf jeder Beteiligungsstufe nachzuvollziehen sind – unabhängig vom Bestehen einer Organschaft mit der Zwischengesellschaft. Weitere Erläuterungen betreffen die Auswirkungen auf den Beteiligungsansatz und das steuerliche Einlagekonto von Organgesellschaft bzw. Zwischengesellschaft, den Sonderfall einer nicht im Inland ansässigen Zwischengesellschaft sowie Fragen der Aufteilung von Minder- und Mehrabführungen für den Fall, dass sich eine finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft erst durch Addition einer unmittelbaren Beteiligung und einer mittelbaren Beteiligung ergibt.

Der Volltext des Schreibens steht Ihnen auf der Internetseite des BMF zur Verfügung.

Direkt zum BMF-Schreiben kommen Sie hier.

 

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