Gewerbesteuerliche Kürzung bei doppelt ansässigen Kapitalgesellschaften

Laut BFH gehören zu den „inländischen“ Kapitalgesellschaften i.S.d. § 9 Nr. 2a GewStG auch doppelt ansässige Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland. Gewinnausschüttungen von diesen Gesellschaften sind daher grundsätzlich vom Anwendungsbereich der gewerbesteuerlichen Kürzungsnorm erfasst.

Gemäß § 9 Nr. 2a GewStG ist der Gewinn aus Gewerbebetrieb um Gewinnanteile an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 GewStG zu kürzen, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 Prozent betragen hat und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind. Strittig war bislang, ob die Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 2a GewStG auch Gewinnausschüttungen doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften erfasst.

Dies hat der BFH mit Urteil vom 28.06.2022 (I R 43/18) für den Fall einer doppelt ansässigen belgischen Kapitalgesellschaft mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland bejaht. Da die Norm des § 9 Nr. 2a GewStG keine Legaldefinition enthält, was unter einer „inländischen“ Kapitalgesellschaft zu verstehen ist, und sich aus dem Begriff selbst kein zwingender doppelter Inlandsbezug entnehmen lässt, eröffnet der Wortlaut einen Spielraum, auch Gesellschaften zu erfassen, die zwar keinen Sitz, aber ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland haben. Für die Einbeziehung dieser Gesellschaften spreche zunächst die Systematik der gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegien. § 9 Nr. 2 GewStG erfasse ausdrücklich Gewinnanteile sämtlicher in- und ausländischer Personengesellschaften. Gewinnanteile von Kapitalgesellschaften sind in § 9 Nr. 2a und Nr. 7 GewStG geregelt. Da § 9 Nr. 7 GewStG ausdrücklich auf Kapitalgesellschaften mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland abstellt, müsse im Umkehrschluss für die Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG ein einfacher Inlandsbezug ausreichen. Die Voraussetzung eines doppelten Inlandsbezugs müsse ausdrücklich im Wortlaut geregelt sein.

Entscheidend ist für den BFH der Zweck des § 9 Nr. 2a GewStG, eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung sowohl auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft als auch auf Ebene des Anteilseigners zu vermeiden. Denn doppelt ansässige Gesellschaften mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland unterliegen ebenso wie Kapitalgesellschaften mit doppeltem Inlandsbezug der Gewerbesteuer. Weshalb es daher in diesen Fällen bei einer Doppelbelastung bleiben soll, obwohl auch ausländische Gesellschaften nach § 9 Nr. 7 GewStG begünstigt sind, ist für den BFH nicht ersichtlich. Auch bestätigt der Verweis in § 9 Nr. 2a GewStG auf § 2 Abs. 2 GewStG die Einbeziehung doppelt ansässiger Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland und Geschäftsleitung im Inland. Denn § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG erfasst nicht nur inländische, sondern auch ausländische Rechtsformen. Da zudem § 9 Nr. 2a GewStG auf den gesamten Inhalt des § 2 Abs. 2 GewStG Bezug nimmt und den Zweck verfolgt, gewerbesteuerliche Doppelbelastungen zu vermeiden, könne die Beschränkung auf inländische Kapitalgesellschaften nicht im Sinne eines strengen doppelten Inlandsbezugs verstanden werden. Vielmehr reicht es laut BFH aus, wenn der Inlandsbezug durch eine inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte hergestellt wird.

Ob darüber hinaus auch eine unionsrechtskonforme Auslegung für die Anwendung des § 9 Nr. 2a GewStG spricht oder die Stand-Still-Klausel einer solchen entgegensteht, brauchte der BFH nicht zu entscheiden. Zudem ließ der BFH ausdrücklich offen, ob auch doppelt ansässige Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland und Ort der Geschäftsleitung im Ausland (umgekehrter Fall) als inländische Kapitalgesellschaften i.S.d. § 9 Nr. 2a GewStG anzusehen sind oder ob sogar eine inländische Betriebsstätte für das Erfüllen der Voraussetzung der Kürzungsnorm ausreicht.

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.

 

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