Verstößt nach einer echten Realteilung einer der Realteiler gegen die Sperrfrist i.S.v. § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG, muss insoweit rückwirkend der gemeine Wert angesetzt werden. Die stillen Reserven hat laut BFH aber nur der betreffende (veräußernde) Realteiler zu versteuern. Für die Ermittlung des rückwirkend entstehenden Gewinns knüpft der BFH an die Kapitalkontenanpassungsmethode an.
Die im Wege einer Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 2 EStG) in ein anderes Betriebsvermögen der bisherigen an der (aufgelösten) Mitunternehmerschaft beteiligten Mitunternehmer zum Buchwert übergegangenen Wirtschaftsgüter sind für drei Jahre sperrfristbehaftet. Bei Veräußerung oder Entnahme der Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des Realteilers innerhalb der Sperrfrist müssen die stillen Reserven rückwirkend zum Zeitpunkt der Realteilung versteuert werden (§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG). Beim Auslösen des Sperrfristverstoßes durch einen Realteiler stellt sich die Frage, ob der dadurch rückwirkend entstandene Gewinn über den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf alle Realteiler zu verteilen oder nur dem den Sperrfristverstoß auslösenden Realteiler zuzurechnen ist. Im konkreten Fall enthielt die Auseinandersetzungsvereinbarung keine Regelungen zu einer Veräußerung oder Entnahme des Gesamthandsvermögens innerhalb der Sperrfrist des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG.
Für den BFH ist der Gewinn nur dem Sperrfristverstoß auslösenden Realteiler zuzurechnen (BFH-Urteil vom 23.11.2021, VIII R 14/19). Da der Wortlaut des § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG selbst keine Gewinnzurechnung vornimmt, stützt sich der BFH auf § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG, der eine solche Zurechnung enthält. Gegen die Verteilung der stillen Reserven nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel spricht für den BFH auch, dass es sich in diesem Fall nicht um eine gemeinschaftlich verwirklichte Entnahme der Realteilungsgesellschaft handelt, sondern um die Entscheidung eines einzelnen Realteilers. Das gelte auch, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Realteiler innerhalb der Sperrfrist seinen Betrieb veräußert.
Um den Gewinn aus der Sperrfristverletzung zu ermitteln, stellt der BFH den für die sperrfristverhafteten Wirtschaftsgüter nachträglich anzusetzenden gemeinen Werten das Kapitalkonto des Realteilers gegenüber, wie es sich auf Grundlage der Kapitalkontenanpassung ergeben hat. Damit bestätigt der BFH auch seine bisherige Sichtweise, wonach eine etwaige Verlagerung stiller Reserven infolge einer im Rahmen der Realteilung erfolgten Kapitalkontenanpassung der (ursprünglichen) Buchwertfortführung nicht entgegensteht.
Im vorliegenden Fall resultierte die Sperrfristverletzung aus einer Betriebsveräußerung. Offen ließ der BFH, ob ein aus einer Sperrfristverletzung resultierender Gewinn auch in anderen Fällen stets nach Maßgabe des § 16 Abs. 3 Satz 8 EStG und damit abweichend vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen ist, sofern die Beteiligten keine abweichende Zurechnung in der Realteilungsvereinbarung bestimmt haben.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.
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