Zum Motivtest nach § 50d Abs. 3 EStG

Das FG Köln hat einen Motivtest (sog. principal-purpose-Test) im Sinne des neugefassten § 50d Abs. 3 EStG als erfolgreich geführt angesehen und damit den Entlastungsanspruch bejaht. Die Ausführungen des FG können in Fällen hilfreich sein, in denen der Motivtest von der Finanzverwaltung abgelehnt wird.

Im konkreten Fall (Streitjahr 2010 und 2011) erzielte eine in Zypern ansässige Kapitalgesellschaft Zinserträge aus Wandelanleihen einer inländischen AG, die in Form von Teilschuldverschreibungen ausgegeben worden sind (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a Halbsatz 2 EStG). Die zypriotische Gesellschaft begehrte Erstattung der auf die Zinserträge einbehaltenen Kapitalertragsteuer nach § 50d Abs. 1 EStG a.F. 

Die Vorinstanz bejahte im ersten Rechtszug die Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer. Dem stehe § 50d Abs. 3 EStG (2007) wegen geltungserhaltender Auslegung nicht entgegen. An dieser Auffassung hatte der BFH erhebliche Zweifel und verwies das Verfahren an das FG Köln mit dem Hinweis zurück, dass aufgrund der Änderung des § 50d Abs. 3 EStG durch das AbzStEntModG und der in § 52 Abs. 47b EStG vorgesehenen „Günstigerprüfung“ nunmehr auch § 50d Abs. 3 EStG n.F. zu prüfen sei (vgl. EY-Steuernachricht vom 25.05.2022).

Das FG Köln hat die fehlende Überprüfung im zweiten Rechtsgang nachgeholt und das Vorliegen eines DBA-rechtlichen Entlastungsanspruchs auch unter Zugrundelegung der neuen Fassung des § 50d EStG bestätigt (Urteil vom 21.06.2023, 2 K 1315/13). Dabei komme es auf das Vorliegen der persönlichen und sachlichen Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG n.F. nicht an, da der Motivtest nach § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG n.F. erfüllt sei. Bei dessen Prüfung seien die Konzernverhältnisse ausdrücklich zu berücksichtigen. Von Bedeutung seien daher organisatorische, wirtschaftliche oder sonst beachtliche Merkmale sowie Strukturen und Strategien der Unternehmensgruppe. Im konkreten Fall ging es um eine Unternehmensgruppe der internationalen Schifffahrtsbranche, bei der Investitionen über Zypern, Liberia und Jersey branchenüblich seien. Daher haben die Organisationsstruktur und die Funktionsaufteilung die Wahl des Ansässigkeitsstaates für die ausländische Gesellschafterin (in Liberia) gerechtfertigt. Zudem sei die zypriotische Gesellschaft keine reine Durchleitungsgesellschaft gewesen, da die aus Deutschland erhaltenen Zinsen und Dividenden reinvestiert und nicht lediglich „nach oben“ weitergeleitet wurden. Die Beteiligung an der deutschen AG wurde laut FG nicht nur zur Generierung von Dividenden und Zinsen gehalten, sondern um aktiv auf die Geschäftsstrategie der deutschen AG Einfluss zu nehmen. 

Das FG sah daher aufgrund der außersteuerlichen Gründe aus dem Bereich der Konzernstruktur und Konzernstrategie den Motivtest als erfüllt an und gewährte daher die Erstattung. Die Revision ließ das FG nicht explizit zu. Gegen das Urteil ist mittlerweile eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH anhängig (I B 31/23).

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des FG Köln zur Verfügung.

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