Zurückgezahlte Erstattungszinsen als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen

Der BFH äußert sich zur steuerlichen Behandlung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen. Später zurückgezahlte Erstattungszinsen zur Einkommensteuer können negative Einnahmen aus Kapitalvermögen darstellen. Dafür müssen sie jedoch auf demselben Unterschiedsbetrag und demselben Verzinsungszeitraum wie die ursprünglichen Erstattungszinsen beruhen. 

Bei Erstattungszinsen nach § 233a AO handelt es sich um steuerpflichtige Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 3 EStG), während Nachzahlungszinsen das steuerliche Einkommen nicht mindern (§ 12 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG). Werden Erstattungszinsen ausgezahlt und im Zuge einer später geänderten Steuerfestsetzung aufgrund einer erneuten Zinsfestsetzung nach § 233a Abs. 5 Satz 1 AO wieder zurückgezahlt, kann es sich jedoch um negative Einnahmen aus Kapitalvermögen handeln (BFH, Beschluss vom 01.08.2023, VIII R 8/21).

Im konkreten Fall wurden vom Finanzamt für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 zunächst in den Jahren 2010 und 2011 Erstattungszinsen gezahlt, die aufgrund einer geänderten Steuerfestsetzung im Streitjahr 2012 wieder anteilig zurückgefordert wurden. Bei der Ermittlung steuerpflichtiger Kapitalerträge zog der Steuerpflichtige die zurückgezahlten Erstattungszinsen vollumfänglich von den ursprünglich vereinnahmten Erstattungszinsen ab. Das Finanzamt hingegen kürzte diese nur um den Teil der zurückgezahlten Erstattungszinsen, der auf den ursprünglichen Unterschiedsbetrag und den ursprünglichen Zinszeitraum entfiel. Vorinstanz und BFH folgten dieser Auffassung und urteilten, dass bei einer geänderten Zinsfestsetzung maßgeblich ist, ob und inwiefern es tatsächlich zu einer Rückabwicklung früherer Zinszahlungen kommt. Eine pauschale Saldierung sei nur im Rahmen des Rechtsverhältnisses möglich, auf Grundlage dessen die Erstattungszinsen zuvor ausgezahlt wurden. Besteht jedoch keine zeitliche und beitragsmäßige Überschneidung der gegenläufigen Zinsberechnung, handele es sich nicht um eine Rückzahlung von Erstattungszinsen, sondern um eine erstmalige Zahlung von Nachzahlungszinsen. In offenen Fällen müsse bei der Rückforderung von Zinszahlungen durch geänderte Steuerfestsetzungen daher immer differenziert werden, welcher Teil der zurückgeforderten Erstattungszinsen den Charakter später entstandener Nachzahlungszinsen hat. Für diesen ist laut BFH eine Berücksichtigung als negativer Kapitalertrag ausgeschlossen.

Dass der Steuerpflichtige damit nur einen Teil der gezahlten Zinsen als negative Einnahmen berücksichtigen konnte und der andere Teil der Rückzahlung damit steuerlich nicht abzugsfähig war, sah der BFH nicht als verfassungswidrig an. Einen Verstoß der unterschiedlichen Behandlung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen gegen Art. 3 GG sieht der BFH (weiterhin) nicht. Das BVerfG hat zwischenzeitlich eine Verfassungsbeschwerde gegen das BFH-Urteil vom 15.04.2015 (VIII R 30/13), in dem der VIII. Senat die Ungleichbehandlung ebenfalls als verfassungsgemäß ansah, nicht zur Entscheidung angenommen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.07.2023, 2 BvR 1711/15).  

Zur Frage, ob es sich bei Erstattungszinsen zur Gewerbesteuer um steuerpflichtige Betriebseinnahmen handelt, ist ein aktuelles Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen IV R 16/23 beim BFH anhängig.

Der Volltext des Beschlusses steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Beschluss kommen Sie hier.