Der VwGH hat in einem aktuell veröffentlichten Judikat (Ra 2022/13/0084 vom 22.03.2023) eine bedeutsame Entscheidung über die Möglichkeit der Auslagerung von Leistungen im Bereich des „Processings“ im Kreditkartengeschäft getroffen. Der VwGH hat die seitens der Finanzbehörde angefochtene BFG-Entscheidung (04.03.2022, RV/7100628/2019), in der derart ausgelagerte Leistungen an einen Kreditkartenanbieter steuerfrei qualifiziert wurden, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Kurz zusammengefasst, erblickt der VwGH in der Gesamtheit der vom externen Dienstleister erbrachten Leistungen
- eine komplexe einheitliche Leistung,
- deren Kernelement jedoch nicht den – steuerfreien – Überweisungsvorgang bildet, sondern den bloßen Verarbeitungsprozess hinsichtlich der im Kreditkartennetzwerk vorzunehmenden Zahlungen und Überweisungen,
- weshalb die ausgelagerte Leistung nicht steuerfrei sein kann.
Ausgelagerte Tätigkeiten und Beurteilung des BFG
Die vom externen Dienstleister übernommenen Tätigkeiten umfassten das Processing insbesondere inklusive Autorisierungsprozess innerhalb des Kreditkartengeschäfts sowie das Settlement und ein Service Center hinsichtlich des Processings.
Das BFG hat diese Tätigkeiten unter Verweis auf den umfangreichen, vom Dienstleister verantworteten Autorisierungsprozesses und der vertraglich zugewiesenen Haftung des Dienstleisters noch als steuerfrei beurteilt. Es liege ein Leistungsbündel vor, bei dem es sich um ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes handle, das spezifisch und wesentlich im Hinblick auf die steuerfreie Leistung und dabei mehr als eine bloße Vorstufe zur Durchführung von Überweisungen sei.
Beurteilung des VwGH
Auch laut VwGH sind die vom externen Dienstleister erbrachten Leistungen als Leistungsbündel anzusehen. Dass ein Teil der erbrachten Leistungen (insbesondere die „Autorisierung“ der Transaktion) die Hauptleistung, ein anderer Teil aber Nebenleistungen seien, ist für den VwGH nämlich nicht erkennbar. Hauptzweck des erbrachten Leistungsbündels ist es, sämtliche Funktionen, Arbeitsschritte und Prozesse umfassend zu erbringen, um den mit dem Kreditkartengeschäft einhergehenden Verarbeitungsprozess der Zahlungen und Überweisungen reibungslos abzuwickeln. Die ausgelagerte Leistung war somit gerade nicht von der Vornahme der Zahlungen und Überweisungen selbst geprägt, sondern von deren „Verarbeitungsprozess“. Der Dienstleister verantwortet also nicht den Geldtransfer; es handelt sich vielmehr um Leistungen, die der Übertragung einer Geldsumme von einem Konto auf ein anderes unter Änderung der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation vor- oder nachgelagert sind oder diesen Vorgang lediglich unterstützend begleiten. Die einheitliche komplexe Leistung ist nach Ansicht des VwGH daher keiner Steuerbefreiung zugänglich.
Darüber hinaus merkt der VwGH an, dass die – im Verfahren nicht strittige – Behandlung der Einrichtung und Aufrechterhaltung des Zugangs in das EDV-System des Dienstleisters als separate Dienstleistung vor dem Hintergrund des gegebenen Leistungsbündels fraglich erscheinen. Da dieses Leistungselement idR bereits bisher steuerpflichtig behandelt wird, war es nicht Gegenstand des Verfahrens.
Praxishinweise
Wenngleich die Folgeentscheidung des BFG abzuwarten bleibt, ist zu erwarten, dass Kreditkartenanbieter künftig mit der Umsatzsteuer als (anteiliges) Kostenelement auf derartig ausgelagerte Leistungen konfrontiert sind. Systemseitig müsste insbesondere sichergestellt werden, Eingangsrechnungen von ausländischen Dienstleistern als Reverse Charge zu berücksichtigen. Auch andere Auslagerungsmodelle in der Finanzdienstleisterbranche sollten dahingehend geprüft werden, ob eine etwaige Steuerbefreiung weiterhin argumentiert werden kann. Hierfür steht Ihnen unser ITX-Team gerne zur Seite.