Wegfall des Reverse-Charge-Verfahrens bei Vermietung von Gebäuden

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 wird die Vermietung von Grundstücken generell aus dem Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Systems ausgenommen. Ausländische Unternehmer mit inländischem Grundbesitz und B2B-Vermietungen müssen ihre Verrechnungen prüfen.

Ausländische Unternehmer (also solche, die im Inland weder ihr Unternehmen betreiben noch eine an der Leistungserbringung beteiligte inländische Betriebsstätte haben) mit inländischem Grundbesitz sehen sich innerhalb kürzester Zeit erneut mit einer geänderten umsatzsteuerlichen Behandlung ihrer Vermietungsumsätze an andere umsatzsteuerliche Unternehmer („B2B“-Umsätze) konfrontiert. Wir entwirren die Entwicklung der Verwaltungs- und Gesetzeslage und zeigen auf, welcher Handlungsbedarf für Ihr Unternehmen durch das am 07.07.2022 im Nationalrat beschlossene und am 19.07.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Abgabenänderungsgesetz 2022 besteht.

Der Ausgangspunkt der kurz nacheinander erfolgten Änderungen war die langjährig gelebte Auffassung der österreichischen Finanzverwaltung, wonach ausländische Unternehmer:innen, die ein in Österreich gelegenes Grundstück steuerpflichtig vermieten, insoweit als inländische Unternehmer galten. Selbst bei ausländischen Vermieter:innen kam somit gemäß dieser Interpretation nicht das Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung. 

Dieser Auffassung hat jedoch der EuGH eine klare Absage erteilt. Im Urteil vom 03.06.2021 hat der EuGH in der Rs. C-931/19 (Titanium) seine ständige Rechtsprechung bekräftigt, wonach der Begriff der umsatzsteuerlichen festen Niederlassung einen Mindestbestand verlangt, der durch das ständige Zusammenwirken der für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen erforderlichen Personal- und Sachmittel gebildet wird. Insbesondere kann eine Struktur ohne eigenes Personal keine feste Niederlassung begründen. Eine Immobilie, bei der keinerlei personelle Ausstattung vorhanden ist, die zu autonomem Handeln befähigt, erfüllt laut EuGH offensichtlich nicht die aufgestellten Kriterien für das Vorliegen einer festen Niederlassung.

Daraus folgt: Hat der oder die Eigentümer:in der Immobilie kein eigenes Personal für die Ausübung der Vermietung, so kann keine feste Niederlassung – und folglich im Fall von zwischenunternehmerischen Vermietungen („B2B“) keine österreichische Umsatzsteuerschuld bei ausländischen Vermieter:innen – gegeben sein. Als Reaktion auf dieses EuGH-Urteil begründete nach Meinung der österreichischen Finanzverwaltung ab 01.01.2022 inländischer Grundbesitz nur dann eine feste Niederlassung, wenn im Inland bzw. bei der Immobilie eigenes Personal für die Leistungserbringung im Zusammenhang mit der Vermietung vorhanden ist, das zu autonomem Handeln befähigt. Damit kam es ab 01.01.2022 bei ausländischen Vermieter:innen zum Übergang der Steuerschuld auf den oder die Leistungsempfänger:in, wenn dieser Unternehmer oder juristische Person des öffentlichen Rechts ist.

Mit Beginn des Jahres 2022 haben daher Vermieter:innen B2B-Vermietungsumsätze ohne österreichische Umsatzsteuer und mit Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld auf die Mieter:innen abgerechnet. Das am 19.07.2022 veröffentlichte Abgabenänderungsgesetz 2022 stellt nun aber die Situation, wie sie vor 01.01.2022 war, wieder her. Die Vermietung von Grundstücken wird nämlich generell aus dem Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Systems ausgenommen. Für das Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung ist kein besonderes Datum vorgesehen. Die Neuerung gilt daher ab dem Tag nach ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt.

Betroffenen Vermieter:innen steht damit wiederum ein Wechsel in der Art der Verrechnung der Vermietungsentgelte bevor. Darüber hinaus sind noch weitere Fragen zu klären:

  • Welches umsatzsteuerliche Verfahren (Veranlagung vs Vorsteuererstattung) kommt für welchen Zeitraum zur Anwendung?
  • Wie können Vorsteuern geltend gemacht werden?
  • WelcheFristen sind zu berücksichtigen?
  • Was ist bei einer etwaigen Option zur Umsatzsteuerpflicht zu beachten?
  • Was ist zu tun, wenn ab 01.01.2022 keine Umstellung erfogt ist und Umsatzsteuer für B2B-Vermietungsumsätze verrechnet wurde?

EY unterstützt Sie dabei, ihren konkreten Handlungsbedarf und operativ notwendige Änderungen zu klären. 

Unternehmer ist in diesem Text ein gesetzlicher Begriff und wird daher in diesem Text nicht gegendert.



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