Die obersten Finanzbehörden der Länder haben ihren gleichlautenden Ländererlass zur Anwendung der Begünstigungsvorschriften in Fällen von Grundstücksübergängen auf eine bzw. von einer Gesamthand überarbeitet.
Bei Grundstücksübergängen auf eine Gesamthand bzw. von einer Gesamthand wird die Grunderwerbsteuer i.H.d. Anteils des Beteiligten am Vermögen der Gesamthand nicht erhoben (§§ 5 und 6 GrEStG). Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigungsvorschriften der §§ 5 und 6 GrEStG ist das Einhalten der Behaltensfristen, welche mit der Grunderwerbsteuerreform im Jahr 2021 auf 10 bzw. 15 Jahre verlängert wurden.
In Reaktion auf diese Gesetzesänderung sowie Anpassungen der §§ 5 und 6 GrEStG u.a. an die Einführung der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG mit dem JStG 2020, diverse Anpassungen im Rahmen des JStG 2022 (u.a. Einführung des § 19 Abs. 7 GrEStG) und die Einführung des § 24 GrEStG, welcher eine temporäre Beibehaltung der Regelungen §§ 5 bis 7 GrEStG bis zum Ablauf des 31.12.2026 in Folge des Inkrafttretens des MoPeG zum 01.01.2024 sicherstellt (vgl. EY-Steuernachricht vom 13.12.2023), haben die obersten Finanzbehörden der Länder ihre gleichlautenden Ländererlasse zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG angepasst (Erlass vom 05.03.2024).
Nachfolgend die wesentlichen Ausführungen des Ländererlasses:
- Gesamthand
Laut dem Erlass sind die Steuervergünstigungsvorschriften der §§ 5 und 6 GrEStG grundsätzlich nach wie vor auf (den inländischen Personengesellschaften vergleichbare) ausländische Personengesellschaften anzuwenden, allerdings nicht in den Fällen, in denen die grundstücksaufnehmende Gesellschaft eine Gesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 KStG mit Sitz im Ausland ist, deren Ort der Geschäftsleitung jedoch im Inland belegen ist und daher die Gesellschaft nach inländischem Gesellschaftsrecht als inländische Personengesellschaft behandelt wird. Zum Rechtstypenvergleich äußert sich der Erlass im Gegensatz zu der vorigen Fassung nicht mehr (Tz. 2). - Anteil am Vermögen
Die Finanzverwaltung übernimmt die BFH-Rechtsprechung, in welcher der BFH eine Anteilszurechnung an einer Gesamthand durch Treuhandabrede verneinte und daher im Ergebnis eine Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 GrEStG ausscheidet (Urteil vom 12.01.2022, II R 16/20, vgl. EY-Steuernachricht vom 07.07.2022). Demnach reiche ein Treuhandverhältnis allein nicht aus, um einem Treugeber im Rahmen von §§ 5, 6 GrEStG eine Beteiligung am Vermögen einer Gesamthand – sei es unmittelbar, sei es mittelbar über eine weitere Gesamthand – zuzurechnen. Maßgebend ist allein die wertmäßige Beteiligung des Gesamthänders am Vermögen. Im Falle von doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften ist daher auch ein Rückgriff auf die am Vermögen der Zwischengesellschaft beteiligten Gesamthänder geboten. Die Zwischengesamthand ist somit nicht als Zurechnungssubjekt anzusehen (Tz. 3). - Anwendung in den Fällen des § 1 Abs. 2b GrEStG
Der Erlass stellt klar, dass die Steuerbegünstigungsvorschriften der §§ 5 und 6 GrEStG nicht in den Fällen des § 1 Abs. 2b GrEStG (Gesellschafterwechsel an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften) anwendbar sind (Tz. 4.2). - Versagung der Steuervergünstigung (§ 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 GrEStG)
Der Erlass arbeitet die BFH-Rechtsprechung ein, wonach eine schädliche Anteilsminderung neben der Veräußerung des Gesellschaftsanteils auch durch anderweitige Vereinbarungen (z.B. schuldrechtliche Vereinbarungen) eintreten kann (u.a. Urteil vom 12.01.2022, II R 4/20, vgl. EY-Steuernachricht vom 24.06.2022). Das bedeutet, sowohl der BFH als auch die Finanzverwaltung stellen nun in den Fällen der §§ 5 und 6 GrEStG auch auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise ab (vgl. Erlass vom 10.05.2022, Tz. 5.1.2 zur mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands auch durch schuldrechtliche Bindungen in Übereinstimmung mit BFH-Rechtsprechung (u.a. Urteil vom 25.11.2015, II R 18/14)). Eine schädliche Anteilsminderung liegt demnach auch vor, wenn die Beteiligung am wirtschaftlichen Wert des Gesellschaftsanteils und somit an der Teilhabe am Wert des eingebrachten Grundstücks beschränkt oder aufgegeben wird. Im Ergebnis kann daher eine anderweitige Vereinbarung auch bei im Übrigen unveränderter zivilrechtlicher Beteiligung am Gesamthandsvermögen zu einer Anteilsminderung führen (Tz. 7.1). - Auswirkungen und Folgen einer Option nach § 1a KStG
Der Erlass äußert sich auch zu den Auswirkungen und Folgen einer Option nach § 1a KStG mit Blick auf die Inanspruchnahme der §§ 5 und 6 GrEStG und weist in diesem Zuge u.a. darauf hin, dass die Optionsausübung nach § 1a KStG innerhalb der Behaltensfristen eine schädliche Anteilsminderung darstellt und daher auch in diesen Fällen die Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG zu beachten ist (Tz. 8). - Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG
Gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG sind Änderungen im Gesellschafterbestand einer Gesamthand bei Inanspruchnahme der Steuervergünstigungsvorschriften des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG oder des § 6 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 GrEStG anzuzeigen. Eine solche Anzeigepflicht besteht laut dem Erlass selbst dann, wenn sich durch die Anteilsminderung der personelle Gesellschafterbestand der Gesamthand nicht ändert (vgl. BFH-Urteil vom 15.01.2019, II R 39/16; Tz. 9). - Verfahrensrechtliche Folgen
Gemäß § 19 Abs. 5 GrEStG sind die Anzeigen i.S.d. § 19 GrEStG Steuererklärungen i.S.d. der AO. Laut BFH begründet § 19 GrEStG eine gesetzliche Anzeigepflicht i.S.d. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO. Das bedeutet, die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Der Erlass arbeitet nun die Regelung des § 19 Abs. 7 GrEStG i.d.F. JStG 2022 ein, wonach die Festsetzungsfrist in den Fällen des § 19 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem das in Abs. 4 Satz 1 genannte Finanzamt von der anzeigepflichtigen Änderung Kenntnis erlangt hat, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die anzeigepflichtige Änderung eingetreten ist. Hintergrund der gesetzlichen Verlängerung der Festsetzungsfrist ist die Verlängerung der Behaltensfristen in §§ 5 und 6 GrEStG auf 10 bzw. 15 Jahre durch die Grunderwerbsteuerreform 2021. Der Erlass weist zudem daraufhin, dass in den Fällen der Verletzung der Anzeigepflicht ggf. eine Verlängerung der Dauer der Festsetzungsfrist von vier Jahren wegen Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf 10 beziehungsweise 5 Jahre in Betracht kommt (Tz. 10).
Daneben äußert sich der Erlass zu bekannten, teils redaktionell angepassten Grundsätzen, u.a. zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG in den Fällen der übrigen Ergänzungstatbestände (§§ 1 Abs. 2a, 3, 3a GrEStG n.F., Tz. 4) zum Verhältnis der §§ 5 und 6 GrEStG zu den übrigen Steuervergünstigungsvorschriften (Tz. 5) und den Behaltensfristen (Tz. 6) einschließlich Verweis auf den Erlass zu den Übergangsregelungen aufgrund der Grunderwerbsteuerreform (Erlass vom 29.06.2021).
Der gleichlautende Erlass ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Erwerbsvorgänge, die vor dem 01.07.2021 verwirklicht wurden und die unter die Übergangsregelungen des § 23 Abs. 24 GrEStG fallen, gilt der Erlass mit der Maßgabe, dass eine 5-Jahresfrist anzuwenden ist. Die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG ist erstmals für nach dem 30.06.2021 verwirklichte Erwerbsvorgänge anzuwenden (§ 23 Abs. 18 GrEStG).