Für den Gewinn aus der Veräußerung eines gesamten Mitunternehmeranteils kann eine § 6b-Rücklage gebildet werden. Über die wegen des Ablaufs der Reinvestitionsfrist erforderliche Auflösung der Rücklage ist laut BFH im Einkommensteuerverfahren des ausgeschiedenen Mitunternehmers zu entscheiden.
Im Jahr 2006 veräußerte der Gesellschafter (natürliche Person) einer KG seinen gesamten Mitunternehmeranteil. Für den daraus resultierenden Veräußerungsgewinn wurde im Feststellungsbescheid der KG für das Jahr 2006 eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG berücksichtigt. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des ausgeschiedenen Gesellschafters für das Jahr 2010 erließ sein Wohnsitzfinanzamt einen Bescheid, in dem die gebildete Rücklage mangels Reinvestition gewinnerhöhend aufgelöst wurde und entsprechende zusätzliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigt wurden. Dagegen wendete der ausgeschiedene Mitunternehmer ein, dass die Auflösung der gebildeten Rücklage nicht im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung durch das Wohnsitzfinanzamt zu erfolgen habe. Vielmehr müsse die gebildete § 6b Rücklage im Rahmen der bisherigen Mitunternehmerschaft fortgeführt und bei Ablauf der Reinvestitionsfrist vom Feststellungsfinanzamt aufgelöst werden.
Dem widersprach der BFH (Urteil vom 12.07.2023, X R 14/21). Scheidet ein Mitunternehmer aus der Personengesellschaft aus, habe das Betriebsfinanzamt der Mitunternehmerschaft über die Einstellung des Gewinns aus der Veräußerung seines ganzen Mitunternehmeranteils in eine sonderbilanzielle Rücklage nach § 6b EStG zu entscheiden. Über die später wegen des Ablaufs der Reinvestitionsfrist erforderliche Auflösung einer Rücklage sei aber nicht im Gewinnfeststellungsverfahren der Mitunternehmerschaft zu entscheiden. Vielmehr habe die Auflösung unmittelbar im Einkommensteuerverfahren des ausgeschiedenen Gesellschafters unabhängig von einem Gewinnfeststellungsverfahren der KG durch das Wohnsitzfinanzamt zu erfolgen.
Die nachträglichen gewerblichen Einkünfte nach § 24 Nr. 2 EStG aus der Auflösung der § 6b-EStG-Rücklage seien nicht einheitlich und gesondert festzustellen. Da der frühere Gesellschafter aufgrund der Veräußerung seines gesamten Mitunternehmeranteils aus der Mitunternehmerschaft ausgeschieden sei, verliere er seine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an den Einkünften der Gesellschaft. Zudem seien ihm ab dem Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres die Einkünfte der Mitunternehmerschaft steuerlich nicht mehr zuzurechnen. Da die Reinvestitionsfrist abgelaufen sei und keine entsprechende Übertragung oder freiwillige Auflösung erfolgt sei, habe das Wohnsitzfinanzamt die Rücklage im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens 2010 erfolgswirksam auflösen müssen.
Hinsichtlich der Gewerbesteuer wies der BFH darauf hin, dass die nachträglichen gewerblichen Einkünfte nach § 24 Nr. 2 EStG mangels eines werbenden Betriebs nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Den Fall, bei dem es sich bei dem ausscheidenden Mitunternehmer nicht um eine natürliche Person handelt (und damit der Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils gewerbesteuerpflichtig wäre), brauchte der BFH vorliegend nicht zu entscheiden. Der BFH wies aber darauf hin, dass daraus folgende Gewerbesteuerverschiebungen durch die Bildung der 6b-Rücklage der gesellschafterbezogenen Betrachtung des § 6b EStG immanent seien.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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