Der BFH legt dem EuGH die Frage zur Prüfung vor, ob die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von ausländischen Streubesitzdividenden im Jahr 2001 gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.
Im Jahr 2001 unterlagen ausländische Streubesitz-Dividenden (bereits) der Freistellung nach § 8b Abs. 1 KStG. Demzufolge wurden sie von der Bemessungsgrundlage ausgenommen. Nach dem ebenfalls ab EZ 2001 geltenden § 8 Nr. 5 GewStG werden Dividenden, die nicht in der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage enthalten waren, für Zwecke der Gewerbesteuer wieder hinzugerechnet (vorbehaltlich der Voraussetzungen des Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG, die aber im konkreten Fall nicht erfüllt waren). Entsprechend unterlagen ausländische Streubesitzdividenden nach Hinzurechnung der vollen Gewerbesteuer. Dem gegenüber unterlagen 2001 inländische Dividenden (noch) nicht § 8b Abs. 1 KStG. Folglich mussten diese bei der Gewerbesteuer nicht hinzugerechnet werden, da sie bereits in der (gewerbesteuerlichen) Bemessungsgrundlage enthalten waren.
Der BFH legt mit Beschluss vom 23.11.2021 (I R 5/18) dem EuGH die Frage zur Prüfung vor, ob diese Ungleichbehandlung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) verstößt.
In seinem Urteil vom 06.03.2013 (I R 14/07) hatte der BFH die rückwirkend ab dem 01.01.2001 angeordnete Hinzurechnung von Gewinnanteilen bei Auslandsbeteiligungen nach § 8 Nr. 5 GewStG 1999 i.d.F. des UntStFG als gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßend angesehen und diese Vorschrift im EZ 2001 unangewandt gelassen. Diese Sichtweise sieht der BFH nun zumindest für zweifelhaft an. Die Finanzverwaltung hatte auf dieses Urteil mit einem Nichtanwendungserlass reagiert (Ländererlass vom 30.03.2015).
Dabei bezweifelt der BFH einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, da im betroffenen EZ 2001 im Ergebnis sowohl inländische als auch ausländische Dividenden der Gewerbesteuer voll unterliegen. Eine Beschränkung könne auch verneint werden, da aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsweise keine objektiv vergleichbare Situation vorliege. Für ausländische Dividenden kam nach § 8b Abs. 1 KStG bereits im ersten Schritt bei der Bemessungsgrundlage zur Anwendung, während inländische Dividenden von vornherein voll berücksichtigt wurden. Der steuerliche Vorteil von ausländischen Dividenden aus der Berücksichtigung von § 8b KStG im Zusammenhang mit § 7 GewStG und der steuerliche Nachteil aus § 8 Nr. 5 GewStG stünden in einer engen Wechselwirkung zueinander, sodass dieser Nachteil mit der Sicherstellung der Kohärenz des Steuersystems gerechtfertigt werden könne, denn § 8 Nr. 5 GewStG verfolge das Ziel der Vollberücksichtigung von Streubesitzdividenden.
Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH hier eine nichtgerechtfertigte Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit sieht.
Der Volltext des Vorlagebeschlusses steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
Direkt zum BFH-Vorlagebeschluss kommen Sie hier.
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