Spitzenausgleich kann einen vergleichbaren Umwandlungsvorgang ausschließen

Der BFH urteilt erneut zu den steuerlichen Folgen von Umwandlungsvorgängen im Ausland: Dabei kann der inländische Anteilseigner für einkommensteuerliche Zwecke nicht mit der Steuerneutralität des Vorgangs rechnen, wenn bare Zuzahlungen zu seinen Gunsten zur Annahme einer „verschleierten Aktienveräußerung“ führen.

Im Entscheidungsfall des BFH war der inländische Anteilseigner an einer US-amerikanischen Kapitalgesellschaft („US-Co. 1“) beteiligt. Die US-Co. 1 wurde im Jahr 2015 auf die US-Co. 2 verschmolzen. Der inländische Anteilseigner erhielt anlässlich der Verschmelzung neue Aktien an der US-Co. 2 und darüber hinaus einen sog. Spitzenausgleich. Der Spitzenausgleich wurde dem Depot des inländischen Anteilseigners gutgeschrieben.

Mit Urteil vom 14.02.2022 (VIII R 44/18) entschied der BFH, dass der Vorgang als Tausch gegen die Gewährung eines „Mischentgelts“ anzusehen sei. Die Besteuerung erfolgte auf Grundlage des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 EStG. Dass die Besteuerung auf Grundlage der Sonderregelung nach § 20 Abs. 4a EStG unterbleibe, sah der BFH im konkreten Fall nicht. § 20 Abs. 4a EStG setze nämlich voraus, dass der ausländische Vorgang (hier: Verschmelzung in den USA) mit einer inländischen Verschmelzung vergleichbar sei. An sich müsse es sich um eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme handeln, die in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 5 UmwStG bzw. der §§ 13 und 21 UmwStG falle. Dies lehnte der BFH vorliegend aufgrund der Höhe der Zuzahlung ab. Vielmehr gebe das „Mischentgelt“ dem Vorgang das Gepräge einer „verschleierten Aktienveräußerung“. Hier orientierte sich der BFH an den Vorgaben des deutschen Umwandlungsgesetzes: Gemäß § 54 Abs. 4, § 68 Abs. 3 UmwG dürfen die im Verschmelzungsvertrag vereinbarten baren Zuzahlungen nicht 10 Prozent des Gesamtnennbetrags der gewährten Geschäftsanteile der übernehmenden Gesellschaft übersteigen. Die genannte Grenze sei zwar kein absolutes Kriterium im Rahmen der Vergleichbarkeitsprüfung, könne aber im Rahmen einer typusorientierten Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen und daher als "Indiz" für eine fehlende Vergleichbarkeit mit einer inländischen Verschmelzung zu werten sein. Da die baren Zuzahlungen ca. 250 Prozent des Aktienkurses der neuen Anteile an der US-Co. 2 betrugen, war die Zuzahlung im konkreten Fall zu hoch.     

Die Entscheidung des BFH ist auch im Zusammenhang seiner jüngsten Rechtsprechung zu den sog. US Spin-Offs zu sehen (vgl. Steuernachrichten vom 14.10.2021). Der Anwendungsbereich von § 20 Abs. 4a EStG soll danach für den inländischen Anteilseigner grundsätzlich eröffnet sein; dabei ist auf die wesentlichen Strukturmerkmale des ausländischen Vorgangs abzustellen. Wesentlich war für den BFH im konkreten Fall, dass der übertragende Rechtsträger bei der Verschmelzung sein Vermögen als Ganzes auf den übernehmenden Rechtsträger überträgt und sodann aufgelöst wird; zum anderen sei dabei auf die Anteilsgewährung an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers abzustellen. Das BMF will diese Grundsätze allein für Zwecke des § 20 Abs. 4a EStG angewendet wissen, nicht aber für Zwecke des Umwandlungssteuergesetzes (vgl. Steuernachrichten vom 25.05.2022).  

Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.

Direkt zum BFH-Urteil kommen Sie hier.


Weitere Publikationen von EY
Nutzen Sie unser neues Email Preference Center, um sich für den Erhalt des eNewsletter Tax und anderen Medien zu registrieren oder diese anderen Kolleg:innen zu empfehlen. 

Sind Sie schon registriert? Dann können Sie hier Ihre Präferenzen anpassen.