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CFO M&A Strategien im Wandel: Wachstum sichern trotz geopolitischer Risiken

Wie CFOs M&A heute als strategisches Instrument nutzen und warum geopolitische Dynamiken dabei an Bedeutung gewinnen, erklärt EY-Partnerin Eva-Maria Berchtold im Interview.


Überblick

  • Wirtschaftliche Unsicherheiten, geopolitische Spannungen und technologische Umbrüche prägen die aktuelle M&A-Landschaft.
  • CFOs müssen bewährte Prinzipien wie Due Diligence und Integrationsplanung mit modernen, datenbasierten Ansätzen verbinden.
  • Der österreichische M&A-Markt stabilisiert sich nach Rückschlägen, während global insbesondere die USA durch Mega-Deals dominieren.
  • Geopolitisches Know-how wird zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor für CFOs, um M&A-Strategien tragfähig zu gestalten.

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit, steigender regulatorischer Anforderungen und geopolitischer Spannungen verändert sich die Rolle von CFOs in M&A-Prozessen rasant. CFOs sind heute nicht mehr nur Finanzhüter:innen, sondern strategische Architekt:innen, die Transaktionen aktiv gestalten und Unternehmen durch volatile Märkte steuern. Dabei geht es nicht allein um Deals, sondern um die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen, die Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und die Nutzung neuer Chancen.

Mit über 25 Jahren Erfahrung in der Beratung – von Prüfung und Steuerberatung bis hin zu komplexen Transaktionen – gilt Eva-Maria Berchtold als eine der führenden Expertinnen für Mergers & Acquisitions in Österreich. Als Managing Partner von EY Österreich leitet sie den Bereich Strategy and Transactions und begleitet CFOs und Unternehmen bei strategischen Zukunftsentscheidungen.

Zwischen bewährten Prinzipien und neuen Anforderungen: M&A im Strategiemix

Frau Berchtold, das Motto des diesjährigen CFO Day lautet „Zurück zur Zukunft – CFO-Strategien für Wachstum und Wettbewerbsstärke“. Was bedeutet das für Sie im Kontext von M&A? Erleben wir derzeit einen echten Paradigmenwechsel – oder eher eine Rückbesinnung auf bewährte Prinzipien unter neuen Vorzeichen?

Das Motto bringt für mich die Notwendigkeit auf den Punkt, innovative Ansätze mit bewährten Prinzipien klug zu verbinden. CFOs stehen heute vor der Aufgabe, nicht nur auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren, sondern auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen.

Wir erleben tatsächlich einen Paradigmenwechsel in der Transaktionslandschaft. Wirtschaftliche Unsicherheiten, geopolitische Spannungen und technologische Umbrüche fordern eine Neujustierung klassischer M&A-Strategien. Gleichzeitig rücken bewährte Grundsätze, wie eine fundierte Due Diligence und eine frühzeitige Integrationsplanung, wieder stärker ins Zentrum – sie bleiben wesentliche Erfolgsfaktoren.

Die Herausforderung besteht darin, zwischen Innovation und Kontinuität die richtige Balance zu finden. CFOs müssen moderne Technologien und datenbasierte Analysen nutzen, um fundierte Entscheidungen zu treffen – ohne dabei die Prinzipien finanzieller Solidität und strategischer Kohärenz aus dem Blick zu verlieren. Es braucht die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren und dennoch langfristig zu denken.

Gleichzeitig wird ein tiefes Verständnis für geopolitische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen immer wichtiger – etwa im Hinblick auf regulatorische Anforderungen, Marktzugänge oder Währungsrisiken. Wer Lehren aus der Vergangenheit mit neuen Denkansätzen verknüpft, schafft eine belastbare Grundlage für künftiges Wachstum und Wettbewerbsstärke.

Wirtschaftliche Unsicherheiten, geopolitische Spannungen und technologische Umbrüche fordern eine Neujustierung klassischer M&A-Strategien.

M&A-Markt 2025: Entwicklungen in Österreich und global

Sie beobachten für EY Österreich die Entwicklung der M&A-Aktivitäten sehr genau. Was zeigen aktuelle Zahlen und Analysen – etwa aus dem EY M&A-Index H2 2024? Wie entwickelt sich der M&A-Markt 2025 bislang – in Österreich, aber auch im europäischen Vergleich? Und welche Dynamik erwarten Sie mittelfristig?

EY analysiert halbjährlich Transaktionszahlen, Volumina, Dealtypen sowie Sektoren – für Österreich, Europa und global. Unsere Daten zeigen: Obwohl die Inflation europaweit stark zurückgegangen ist und die Zinsen leicht gesenkt wurden, bleibt das Vertrauen von Unternehmen und Konsument:innen auf einem historisch niedrigen Niveau – in Europa ebenso wie in Österreich. Die geopolitische Lage, insbesondere der Krieg in der Ukraine, verstärkt diese Unsicherheit zusätzlich.

Laut unserem M&A-Index H2 2024 hat sich der österreichische Markt zwar leicht stabilisiert, bewegt sich aber auf einem niedrigeren Niveau, das sich mittelfristig als neue Normalität etablieren könnte. Mit 245 angekündigten Transaktionen verzeichnete Österreich 2024 einen Zuwachs von 7,9 Prozent gegenüber 2023 (227 Deals). Das Volumen hingegen sank um 24,2 Prozent auf rund 5 Milliarden Euro – weil großvolumige Mega-Deals über eine Milliarde Euro fehlten.

M&A-Index H2 2024
angekündigte Transaktionen in Österreich im Jahr 2024

Global ergibt sich ein dynamischeres Bild: Das weltweite M&A-Volumen stieg 2024 auf 3,3 Billionen US-Dollar – ein Plus von 11 Prozent. Davon entfielen allein 1,5 Billionen auf die USA, getragen von mehreren Mega-Deals. Europa verzeichnete zwar mit fast 14.800 Transaktionen mehr Deals als Nordamerika, blieb beim Volumen jedoch mit 0,7 Billionen US-Dollar deutlich zurück.

Der globale Ausblick für 2025 bleibt von Unsicherheiten geprägt – nicht zuletzt durch die weitere Entwicklung der Handels- und Zollpolitik. Auffällig ist: Nordamerika zeigt sich 2025 bislang sehr aktiv, erneut durch einige sehr große Transaktionen. Europa hingegen stagniert im ersten Halbjahr.

Für Österreich beobachten wir im ersten Halbjahr 2025 eine leicht rückläufige Transaktionsanzahl. Beim Volumen hingegen zeigt sich bereits jetzt ein signifikanter Anstieg – insbesondere durch zwei potenzielle Mega-Deals: die Einigung zwischen OMV und ADNOC über die Zusammenlegung von Borealis und Borouge sowie die geplante Akquisition von 49 Prozent an der Santander Bank Polska durch die Erste Group. Beide Transaktionen stehen derzeit noch vor dem Closing.

Ich erwarte, dass CFOs auch 2025 ihre Portfolios weiterentwickeln – teils aus strategischer Notwendigkeit, teils als gezielte Antwort auf Marktverschiebungen. Während einige angesichts der Unsicherheiten zögern, investieren andere antizyklisch – insbesondere in Sektoren mit digitalem oder nachhaltigem Transformationspotenzial. Wer proaktiv agiert, kann sich in einem volatilen Umfeld entscheidende Vorteile sichern.

Geopolitische Risiken als strategischer Faktor im M&A-Prozess

Wie wirkt sich die aktuelle geopolitische Lage konkret auf M&A-Strategien aus? Warum sollten CFOs geopolitisches Know-how nicht nur an externe Berater:innen delegieren, sondern aktiv in ihre Entscheidungslogik integrieren?

Geopolitik beeinflusst M&A-Strategien spürbar – auch wenn sie selten allein über das „Go“ oder „No-Go“ bei laufenden Transaktionen entscheidet. Faktoren wie Handelskonflikte, politische Instabilität, Sanktionen oder regulatorische Eingriffe verändern die Attraktivität einzelner Märkte oder Sektoren und damit auch die Risikoeinschätzung, Preisgestaltung und strategische Bewertung.

Diese Unsicherheiten lassen sich oft nicht klar in Unternehmensbewertungen abbilden – und dennoch wirken sie. Änderungen bei Zollbestimmungen oder Handelsabkommen entfalten beispielsweise kurzfristige Effekte mit ungewissem Langfristausmaß. CFOs sind gefordert, diese Entwicklungen mitzudenken – auch wenn sie nicht direkt in Bewertungsmodelle einfließen.

Gerade bei der Deal-Struktur können geopolitische Risiken dazu führen, alternative Finanzierungsmodelle, Absicherungen oder Exit-Klauseln in Betracht zu ziehen. Auch die Integrationsplanung wird anspruchsvoller: Unterschiede in rechtlichen, kulturellen oder politischen Rahmenbedingungen müssen frühzeitig antizipiert werden.

CFOs sollten deshalb geopolitische Risiken nicht bloß an Berater:innen delegieren, sondern aktiv in ihre strategische Entscheidungslogik integrieren. Wer diese Dynamiken richtig einordnet, kann realistischere Szenarien entwickeln – und M&A-Strategien gestalten, die auch unter unsicheren Bedingungen tragfähig bleiben.

CFOs müssen geopolitische Risiken aktiv in ihre Strategie einbeziehen – so entstehen realistische Szenarien und tragfähige M&A-Strategien, auch in unsicheren Zeiten.

Wie CFOs M&A als Hebel für zukunftsfähige Transformation nutzen können

Sie moderieren am CFO Day ein Forum, das sich mit M&A in einer neuen Realität befasst. Worauf dürfen sich die Teilnehmenden freuen? Welche Perspektive sollten CFOs heute einnehmen, um M&A in einem komplexen globalen Umfeld als strategische Zukunftsentscheidung zu begreifen – nicht nur als Transaktion?

 

Ich freue mich sehr, das Forum „Globale Dynamiken & M&A“ am CFO Day zu moderieren. Mit dabei sind Persönlichkeiten aus Konzernführung, Private Equity, Geopolitik und M&A-Beratung – also eine Runde, die unterschiedliche Blickwinkel auf aktuelle Herausforderungen und Strategien im M&A-Bereich zusammenbringt.

 

CFOs sollten M&A heute nicht mehr als singuläre Transaktion betrachten, sondern als strategisches Instrument zur Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle. In einer komplexen, oft instabilen Weltlage braucht es Flexibilität, Risikosensibilität – aber auch Entscheidungsstärke. Es geht darum, Chancen gezielt zu nutzen, ohne die Risiken zu unterschätzen.

 

Das Forum wird konkrete Einblicke geben, wie Unternehmen in unterschiedlichen Kontexten mit dieser Herausforderung umgehen – und worauf es ankommt, um M&A zum Hebel für zukunftsfähige Transformation zu machen.

 

Ausblick: Was CFOs jetzt im Blick behalten sollten

Was sollten CFOs in den nächsten 12 bis 24 Monaten besonders im Blick behalten, wenn es um Wachstum durch M&A geht? Und ganz persönlich gefragt: Was motiviert Sie, CFOs in dieser Zeit zu begleiten?

CFOs sollten insbesondere die geopolitischen Rahmenbedingungen, wirtschaftlichen Unsicherheiten und technologischen Entwicklungen genau beobachten und regelmäßig reflektieren, was das für ihre strategischen Prioritäten bedeutet. Marktanalysen, Szenarien und Bewertungen müssen heute deutlich dynamischer und integrativer gedacht werden.

Wichtig ist auch die Bereitschaft, Strategien flexibel anzupassen und gezielt auf Marktbewegungen zu reagieren – gerade dort, wo sich durch Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder regionale Verschiebungen neue Chancen ergeben.

Mich persönlich motiviert es, CFOs in dieser herausfordernden Phase zu begleiten. Es ist inspirierend zu sehen, wie viele von ihnen mit Mut und strategischer Klarheit agieren – Chancen erkennen, Risiken realistisch einschätzen und Transformation aktiv gestalten. Gerade in bewegten Zeiten ist das eine anspruchsvolle, aber unglaublich wertvolle Führungsaufgabe.

Fazit: Erfolgsfaktoren für CFO M&A Strategien 2025

Das Gespräch mit Eva-Maria Berchtold zeigt: CFOs stehen in einer neuen Realität des M&A. Wer bewährte Grundsätze mit modernen Technologien verbindet und geopolitische Dynamiken aktiv berücksichtigt, kann M&A als strategischen Hebel für Wachstum und Wettbewerbsstärke nutzen.

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