Schöne Gebäude mit Grünstreifen und Gehwegen rundherum

EU-Taxonomie im Immobiliensektor: Was die Nachhaltigkeitsvorgaben bedeuten

Die EU-Taxonomie stellt die Immobilienbranche vor Herausforderungen, bringt aber auch viele Chancen mit sich. Wer jetzt vorbereitet handelt, stärkt die Marktposition, erfüllt künftige ESG-Vorgaben effizient und ist den Erwartungen von Stakeholder:innen voraus.


Überblick

  • Die EU-Taxonomie definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltig eingestuft werden – insbesondere die Immobilienbranche unterliegt dabei strengen Anforderungen.
  • Taxonomiekonformität kann den Marktwert von Immobilien erhöhen, den Zugang zu nachhaltiger Finanzierung erleichtern und ESG-Transparenz fördern.
  • Die Umsetzung ist oft herausfordernd, etwa durch unklare Kriterien bei Klimarisikoanalysen oder uneinheitliche Bewertungsmethoden bei Energie-Benchmarks.
  • Durch Synergien mit Regulierungen wie CSRD und CSDDD lassen sich Prozesse effizient gestalten und langfristige Wettbewerbsvorteile sichern.

Nachhaltigkeit ist längst kein freiwilliger Zusatz mehr – sie wird zur Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Ein zentrales Instrument dafür ist die EU-Taxonomie, die klare Maßstäbe für umweltfreundliches Wirtschaften setzt.

Was versteht man unter EU-Taxonomie?

Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem, das festlegt, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltig gelten. Ihre internationale Bedeutung wächst stetig und veranlasst Unternehmen zunehmend, sich intensiv mit Nachhaltigkeitskriterien auseinanderzusetzen. Durch die aktuelle Omnibus-Initiative der EU kann sich der Anwendungsbereich der EU-Taxonomie zwar ändern – in den kommenden Jahren kann die Einhaltung dieser Kriterien speziell im Immobilienbereich aber dennoch entscheidend sein, um als nachhaltig anerkannt zu werden und sowohl regulatorischen als auch marktseitigen Anforderungen zu entsprechen. Denn gewisse Branchen, darunter der Energie- und Verkehrssektor, das verarbeitende Gewerbe, aber auch das Baugewerbe und die Immobilienbranche, sind stärker von den Anforderungen betroffen als andere. Besonders für den Immobiliensektor, der maßgeblich zu CO₂-Emissionen beiträgt, setzt die EU-Taxonomie hohe Standards. In dieser Branche wird somit der Handlungsbedarf immer größer und eine rechtzeitige Vorbereitung immer wichtiger.

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Wie beeinflusst die EU-Taxonomie den Wert von Immobilien?

Mit Nachhaltigkeit Immobilien aufwerten – geht das? Taxonomiekonformität hat das Potenzial, den Marktwert von Immobilien positiv zu beeinflussen. Einerseits erleichtert ein als nachhaltig eingestuftes Immobilienprojekt den Zugang zu grünen Krediten und Anleihen und ist für entsprechend ambitionierte Investor:innen attraktiver. Außerdem kann die Einhaltung der EU-Taxonomie zur Wertsteigerung der Immobilien beitragen, denn nachhaltige Gebäude sind oftmals energieeffizienter und haben geringere Betriebskosten. Damit steigt auch die Attraktivität für Mieter:innen und Käufer:innen.

Internationale Herausforderungen: EU-Taxonomie außerhalb Europas anwenden

Unternehmen, die international agieren, stehen vor der Herausforderung, die technischen Anforderungen der EU-Taxonomie auch in Nicht-EU-Ländern umzusetzen. Die Kriterien der Taxonomie basieren speziell im Immobilienbereich auf EU-Richtlinien. Beispielsweise erfordert die EU-Taxonomie bestimmte Energieeffizienzklassen und technische Standards, die bereits innerhalb der 27 Mitgliedstaaten unterschiedlich sein können, aber insbesondere in Drittstaaten möglicherweise nicht verfügbar oder gesetzlich vorgesehen sind. Das erhöht die Komplexität in der Anwendung. Vor allem aber wird es für Unternehmen schwieriger, außerhalb der EU die Konformität ihrer Immobilienaktivitäten nachzuweisen.

Klimarisikoanalyse und Energie-Benchmarks: offene Fragen bei der EU-Taxonomie

Neben internationalen Herausforderungen gibt es auch Unsicherheiten bei einigen Kriterien der EU-Taxonomie. Anforderungen für die Immobilienbranche sind nicht immer eindeutig. Auf Gebäudeebene ist eine umfassende Klimarisikoanalyse erforderlich, die auch spezifische Klimadatenanforderungen enthält. Diese Analyse muss potenzielle Risiken wie Klimafolgen und Extremwetterereignisse berücksichtigen und Lösungen für die Anpassung beinhalten. Der konkrete Detaillierungsgrad solcher Analysen ist bisweilen jedoch nicht vollständig geklärt. Um eine möglichst zutreffende Abschätzung von Klimawandelfolgen für verschiedenste Gebäude durchzuführen, müssen detaillierte Gebäudeinformationen erhoben werden – Daten, die oftmals nicht vorliegen.

 

Ein weiteres Konformitätskriterium sorgt nach wie vor für Unsicherheit. Nach einem Alternativkriterium müssen Gebäude zu den besten 15 Prozent des regionalen oder nationalen Bestands in Bezug auf Energieeffizienz gehören. Es liegt aktuell keine einheitliche Ermittlungsmethodik für dieses Kriterium vor. Je nach Auslegungsart kann es daher zu unterschiedlichen Bewertungen kommen. Ein Umstand, den die Gesetzgeber durch möglichst detaillierte technische Kriterien eigentlich verhindern wollten.

Welche Unternehmen sind durch die EU-Taxonomie im Immobilienbereich betroffen?

Ein wesentliches Merkmal der EU-Taxonomie ist, dass die Anforderungen nicht nur für die Immobilienbranche gelten, sondern potenziell auch für alle Unternehmen, die Immobilien besitzen, mieten oder vermieten. Da die EU-Taxonomie nicht alle Sektoren gleichermaßen abdeckt, stellen für viele Unternehmen immobilienbezogene Tätigkeiten aktuell sogar ihre wesentlichsten Aktivitäten im Scope der EU-Taxonomie dar. Für solche Unternehmen schafft das EU-Taxonomie-Reporting eine vermehrte ESG-Transparenz bei den genutzten Immobilien oder bei diesbezüglichen Investitionen. Rein aus EU-Taxonomie-Perspektive und auch in Bezug auf die damit einhergehenden Anfragen finanzierender Banken könnten Nachhaltigkeitsmaßnahmen im Immobilienbereich quer über alle Branchen an Bedeutung gewinnen.

EU-Taxonomie als Treiber für nachhaltige Büroflächen

Mit den neuen Anforderungen steigt auch die Nachfrage nach taxonomiekonformen Mietobjekten. Unternehmen und Mieter:innen fragen zunehmend nach nachhaltigen Immobilien, die den hohen Standards der EU-Taxonomie gerecht werden. Besonders bei Geschäftsflächen hat sich die Nachfrage gesteigert und früher oder später werden wohl zahlreiche Bereitsteller:innen von Geschäftsflächen mit derartigen Anfragen konfrontiert werden.

Diese Anforderungen sind ein nützlicher Treiber und Anreiz, Gebäude nachhaltiger und attraktiver zu gestalten und Eigentümer:innen sollten sich zeitnah auf die Anfragen vorbereiten, um schnelle und klare Auskunft geben zu können.

Synergien mit CSRD & Co.: EU-Taxonomie strategisch nutzen

Die EU-Taxonomie fordert von Unternehmen umfangreiche Maßnahmen zur Einhaltung technischer und organisatorischer Standards, während viele Unternehmen derzeit mit neuen EU-Regularien wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) bereits vor großen Herausforderungen stehen. Die EU-Taxonomie bietet jedoch (großteils) klare Richtlinien für nachhaltige Praktiken im Bau- und Immobiliensektor, was die Erfüllung der regulatorischen Vorgaben erleichtert.

Zudem können durch das Nutzen von Synergien verschiedene Anforderungen mit ähnlichen Ansätzen abgedeckt und Ressourcen gespart werden. Die Nutzung von Synergien zwischen CSRD und EU-Taxonomie (insbesondere beim Klima-Transitionsplan und der Klimarisikoanalyse) steht dabei für Immobilienunternehmen sicher im Vordergrund.

Taxonomiekonformität spielt darüber hinaus eine zentrale Rolle bei der Ermöglichung nachhaltiger Investitionen, stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und schafft Vertrauen bei den Investor:innen. Durch frühzeitige Anpassung und Implementierung der Taxonomie-Standards können Immobilienunternehmen ihre Marktposition sichern und langfristig von den Vorteilen einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Geschäftspraxis profitieren.

Fazit

Für Immobilienunternehmen bringt die EU-Taxonomie konkrete Chancen mit sich, stellt Betroffene aber auch vor neue Herausforderungen. Insbesondere bei den Anforderungen zu Klimarisikoanalyse und regionalen Energie-Benchmarks fehlt Klarheit. Regionale Unterschiede bedeuten außerdem für international tätige Unternehmen zusätzliche Komplexität. Trotz einiger offener Fragen in der Umsetzung ist klar: Nachhaltigkeit wird zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor im Immobiliensektor. Unternehmen, die jetzt handeln, positionieren sich nicht nur zukunftsfähig, sondern sichern sich auch langfristig das Vertrauen von Investor:innen, Kund:innen und Partner:innen.

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