Kindererziehungszeiten in Österreich
Die Klägerin ist verheiratet und hat drei Kinder, die 1970, 1975 bzw. 1977 geboren sind. Sie arbeitete bis zum 30.04.1972 in Deutschland als Verwaltungsangestellte bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Von August 1975 bis November 1979 lebte die Klägerin mit ihrer Familie in Österreich, wo sie nicht erwerbstätig war, sondern sich ausschließlich der Kindererziehung widmete.
Freiwillige Beiträge für einen Monat
Nach der Rückkehr aus Österreich übte die Klägerin keine versicherungspflichtige Beschäftigung mehr aus. Sie meldete ein Gewerbe an, wobei sie für die selbständige Tätigkeit keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung leistete. Doch zur Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren zahlte die Klägerin noch für einen Monat freiwillige Beiträge.
DRV berücksichtigt Erziehungszeit nur für ein Kind
Der österreichische Rentenversicherungsträger stellte bei der Klägerin 52 Monate Kindererziehungszeiten fest. Eine Rente gewährte er nicht, da die dortige Mindestversicherungszeit von 180 Monaten nicht erreicht wurde. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) erkannte nur für das erste Kind die Erziehungszeiten in Österreich als Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung an. Bei den beiden anderen Kindern habe die Klägerin vor dem Beginn der Erziehungszeit keine Beschäftigung in Deutschland ausgeübt, somit fehle ein Bezug zur deutschen Arbeitswelt.
Landessozialgericht weist Klage ab
Das Sozialgericht gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Doch das daraufhin angerufene Landessozialgericht folgte der Argumentation der DRV und wies die Klage ab. Es fehle an der erforderlichen „Umrahmung“ durch deutsche Versicherungszeiten.
BSG: Kindererziehungszeiten in Österreich sind zu berücksichtigen
Das BSG hat dem widersprochen. Deutschland muss als rentenzahlungspflichtiger Mitgliedstaat die Erziehungszeiten in Österreich berücksichtigen. Die Klägerin war vor ihrem Umzug nach Österreich in Deutschland beitragspflichtig beschäftigt. Nach ihrer Rückkehr leistete sie einen freiwilligen Beitrag zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Das heißt, sie hat vor und nach der Wohnsitzverlegung in Deutschland Versicherungszeiten erworben. In Österreich hat sie keine Beiträge entrichtet, da sie sich ausschließlich der Kindererziehung widmete. Dass Österreich die Kindererziehungszeiten anerkennt, ist unschädlich, denn die Klägerin hat die Mindestversicherungszeit nicht erreicht und somit keinen Anspruch auf eine österreichische Altersrente. Eine Benachteiligung der Klägerin, weil sie von ihrem Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU Gebrauch gemacht hat, wäre ein Verstoß gegen die Unionsbürgerfreizügigkeit.