Steuerliche Fallstricke bei der Verwertung von Kremationsrückständen

Am 13.11.2023 fällte das Finanzgericht Baden-Württemberg ein Urteil zur Besteuerung von metallischen Rückständen nach Einäscherungen in einem Krematorium. Die zentrale Frage war, ob die Erlöse aus der Verwertung dieser Rückstände als steuerpflichtige Betriebseinnahmen eines Krematoriums, das als Betrieb gewerblicher Art (BgA) organisiert ist, anzusehen sind.

Hintergrund des entschiedenen Urteilsfalls

Eine Stadt in Baden-Württemberg betreibt ein Krematorium als BgA. Nach der Kremation verbleiben häufig metallische Rückstände wie Implantate oder Schmuck. Mit den Totenfürsorgeberechtigten wird im Rahmen des Antrags auf Feuerbestattung besprochen, ob diese metallischen Rückstände ausgehändigt werden sollen, mit der Asche des Verstorbenen bestattet oder ob diese für karitative Zwecke gespendet werden sollen. Die Entscheidung über die Rückstände hat keinen Einfluss auf die Höhe des Entgelts für die Kremation.

Die Rückstände, die durch die Hinterbliebenen zur Spende an karitative Zwecke freigegeben wurden, wurden gesammelt und an eine Metallscheideanstalt verkauft, die den Metallwert auf ein Konto der Stadt vergütete. Die Finanzverwaltung betrachtete diese Erlöse aus der Metallverwertung als steuerpflichtige Einnahmen des BgA Krematorium, was zu einer entsprechenden Besteuerung führte. Die Stadt klagte gegen diese Auffassung.

Begründung des Finanzgerichts

Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied zugunsten der Stadt und stellte fest, dass die metallischen Rückstände nach der Einäscherung rechtlich eigenständige herrenlose Sachen darstellen. Das Aneignungsrecht für diese herrenlosen Sachen liegt bei den Totenfürsorgeberechtigten – in der Regel die nächsten Angehörigen.

Wenn die Totenfürsorgeberechtigten ihr Aneignungsrecht zu Gunsten der Stadt ausüben und die Verwertung der Rückstände für wohltätige Zwecke zulassen, stellt dies keinen betrieblichen Vorgang im Sinne des BgA Krematorium dar. Die In-Besitznahme der herrenlosen Sachen durch den betrieblichen Vorgang der Kremation führe nicht dazu, dass die Rückstände Betriebsvermögen des BgA Krematorium werden. Vielmehr handele es sich aufgrund der freiwilligen Entscheidung der Totenfürsorgeberechtigten um eine freigebige Sachspende an den hoheitlichen Bereich der Stadt.

Der Erlös aus der Verwertung der metallischen Rückstände fließt aufgrund der karitativen Zweckbestimmung in den hoheitlichen Bereich der Kommune und nicht in das Betriebsvermögen des BgA Krematorium.

Bedeutung und Ausblick für die Praxis

Das Urteil schafft eine klare Rechtsgrundlage für Kommunen, die Krematorien als BgA betreiben und die Möglichkeit anbieten, mit der Verwertung von Kremationsrückständen karitative Zwecke zu unterstützen. Kommunale Krematorien sollten genau prüfen, wie die Totenfürsorgeberechtigten im Einzelfall ihr Recht an den metallischen Rückständen ausüben. Für den Fall der freigebigen Zuwendung ist die Dokumentation der Entscheidung der Totenfürsorgeberechtigten und die nachweisliche Zweckbestimmung der Erlöse für gemeinnützige Zwecke besonders wichtig. Die Entscheidung des Finanzgerichts ist noch nicht rechtskräftig, da die Finanzverwaltung Revision gegen dieses Urteil eingelegt hat (Aktenzeichen XI R 4/24). Der Bundesfinanzhof hat somit Gelegenheit, sich in dieser grundlegenden Frage zu äußern. 

AutorInnen: StB Tobias Kreiter, StB Bianca Sparacio