Ein Bauer, der einen Samen in einem kleinen Behälter in einer Gärtnerei pflanzt

Warum der Fokus auf Working-Capital-Management die Liquidität steigert


Die neue DACH-Industrial-Manufacturing-Working-Capital-Studie 2024 zeigt: Der negative Trend der letzten Jahre hat sich 2024 stabilisiert.


Überblick

  • Die Bestandsreichweite konnte trotz geopolitischer Turbulenzen im Jahresvergleich stabilisiert werden.
  • Die Forderungsreichweite wurde trotz teilweise verschlechterten Zahlungsverhaltens nach unten korrigiert.
  • Die Verbindlichkeitenreichweite zeigt weiterhin einen negativen Trend.

Unsere Analyse von 114 Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) zeigt eine bemerkenswerte Zahl: 101 Milliarden Euro. Diese Summe ist derzeit im Working Capital gebunden und stellt ein enormes Liquiditätspotenzial dar, das Unternehmen durch optimierte Prozesse reduzieren bzw. freisetzen könnten. Dadurch könnten diese Mittel für strategische Investitionen wie zum Beispiel Unternehmenswachstum und Digitalisierungsstrategien genutzt werden.

Die Ergebnisse unserer Analyse können Unternehmen helfen, die ersten Schritte in Richtung einer besseren Steuerung von Working Capital und intern gebundener Liquidität zu gehen. Unsere Studie beleuchtet die aktuellen Herausforderungen, mit denen Unternehmen in der DACH-Region konfrontiert sind, analysiert wichtige finanzielle Kennzahlen und bietet detaillierte Einblicke in die spezifischen Märkte dieser drei Länder.

Aktuelle Herausforderungen und Branchentrends

Die Working-Capital-Performance-Analyse der Industrieunternehmen aus der DACH-Region, die an der Studie teilgenommen haben, zeigt, dass viele von ihnen mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Mit einem durchschnittlichen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro und einem Working Capital von 900 Millionen Euro stehen diese Unternehmen vor der Aufgabe, ihre Liquidität und ihr Working-Capital-Management dauerhaft zu optimieren, um langfristig erfolgreich zu bleiben.

Drei Trends sind für Unternehmen in der DACH-Region besonders entscheidend:
 

  1. Widerstandsfähigkeit der Lieferketten
    Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie hat die Schwächen globaler Lieferketten offengelegt und die Notwendigkeit aufgezeigt, Produktionsprozesse zu diversifizieren und Lieferketten widerstandsfähiger zu gestalten. Geopolitische Krisen wie der Gaza-Konflikt beeinträchtigen beispielsweise weiterhin wichtige Logistikrouten, insbesondere über den Suezkanal. Trotz der Wiederherstellung der meisten Logistikrouten bleibt das Bewusstsein für solche Anfälligkeiten groß.

  2. Digitale Transformation und mehr Transparenz durch Daten und GenAI
    Ein wesentlicher Treiber für Veränderungen in der Unternehmenslandschaft ist der neue Ansatz im Datenmanagement. GenAI und ähnliche Technologien revolutionieren auch die Steuerung von Liquidität und Working Capital durch den Einsatz von Predictive Analytics und Echtzeitauswertungen beispielsweise von Lieferketten. Viele Unternehmen investieren stark in Prozesstransparenz, was ein zentraler Aspekt der Unterstützung durch EY-Parthenon-Teams bei der digitalen Transformation und der Verbesserung des Working-Capital-Managements von Kunden ist.

  3. Energiewende als Schlüsselfaktor
    Der verstärkte Fokus auf die Nutzung erneuerbare Energien und den eingeleiteten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen als Energiequelle betrifft viele Branchen, hat jedoch aufgrund von Kapazitäts- und Verfügbarkeitsengpässen insbesondere in Deutschland zu höheren Kosten geführt. In einigen Fällen haben Unternehmen ihre Produktionsstätten daher sogar ins Ausland verlagert.

Liquiditäts- und Working-Capital-Performance in der DACH-Region

Unsere Analyse der Liquiditäts- und Working-Capital-Performance zeigt, dass Industrieunternehmen in der DACH-Region seit der Pandemie gestiegene Umsätze und Margen verzeichnen. Allerdings ist das Niveau des Working Capital gestiegen, was auf ineffiziente Prozesse entlang der Wertschöpfungskette hinweist. Deutschland und die Schweiz weisen die höchsten Niveaus an Net Working Capital auf, österreichische Unternehmen haben insgesamt stabilere Kennzahlen zu verzeichnen. Das bedeutet, dass trotz positiver Geschäftsentwicklungen viel Liquidität in den operativen Prozessen gebunden bleibt, die durch gezielte Maßnahmen freigesetzt werden könnte.

Cash to build upon: Industrial Manufacturing Sector Study 2024

Die neue DACH Industrial-Manufacturing-Working-Capital-Studie 2024 zeigt: Der negative Trend der letzten Jahre hat sich in 2024 stabilisiert.

Advanced High Precision Robot Arm inside Bright Electronics Factory.

Unterschiede nach Unternehmensgröße

Insgesamt zeigen unsere Daten weniger Abweichungen zwischen Unternehmen verschiedener Größen als erwartet, jedoch haben größere Unternehmen im Allgemeinen längere DPO- („Days Payable Outstanding“) und DIO-Zeiten („Days Inventory Outstanding“). Große deutsche und Schweizer Firmen verzeichnen höhere DSO-Werte („Days Sales Outstanding“), was auf Projektgeschäfte mit Meilensteinzahlungen zurückzuführen ist, sowie längere DPO-Zeiten, die sie aufgrund ihrer Marktmacht und Nutzung von Supply-Chain-Finance-Lösungen durchsetzen können. Mittelständische Unternehmen, insbesondere in Österreich, profitieren dank teilweise schlankerer Betriebsabläufe und geringerer Lieferkettenkomplexität von kürzeren DIO-Werten. Kleine Unternehmen hingegen haben häufig aufgrund größerer Bestellmengen höhere DIO-Werte und aufgrund einer geringeren Verhandlungsmacht und kürzerer Zahlungsziele niedrigere DPO-Werte.

Spezifische Herausforderungen beim Projektgeschäft

Grafik: Spezifische Herausforderungen beim Projektgeschäft

Im Projektgeschäft sind gut geplante und effiziente Meilensteine entscheidend für ein erfolgreiches und nachhaltiges Liquiditätsmanagement. Unternehmen, die einen hohen Anteil an Projektgeschäften ausweisen, stehen häufig vor ähnlichen Problemen: volatile Zeitpläne, die durch wechselnde Kundenanforderungen und kurzfristige Markttrends beeinflusst werden, sowie interne Planungs- und Prozesslücken. Hinzu kommen spezifische Herausforderungen wie die Verfügbarkeit von Lieferanten, Materialqualität, Mindestbestellmengen, Lieferzeiten und Incoterms – all das führt zu einem besonders komplexen Liquiditätsmanagement.

Eine typische Projektrealisierung – von der Auftragserteilung bis zur finalen Abrechnung – folgt einem Meilensteinansatz, bei dem Cashflow und Liquidität eng mit den Fortschritten entlang der Wertschöpfungskette verknüpft sind. Die rechtzeitige und effiziente Abrechnung dieser Meilensteine hilft, den Druck auf das Working Capital zu verringern.

Unsere Analyse von 39 großen Maschinen- und Anlagenbauern zeigt, dass sich das Management von Vertragsforderungen in den letzten vier Jahren verbessert hat, was auf eine bessere Steuerung und Meilensteinabrechnungen hinweist. Analog dieser Entwicklung bleiben die Vertragsverbindlichkeiten, oft Vorauszahlungen von Kunden zur Finanzierung des Projektgeschäfts, stabil. Insgesamt lässt sich hier ein positiver Working-Capital-Trend erkennen, was auf eine verstärkte Fokussierung auf Liquiditäts- und Working-Capital-Management schließen lässt.

Ganzheitlicher Ansatz im operativen Working-Capital-Management erforderlich

Die operativen Herausforderungen im Working-Capital-Management werden auch in den kommenden Jahren bedeutend bleiben. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Liquidität, Kosten und Service zu finden. Hierfür ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, der im Working-Capital-Management über die reine Liquiditätsoptimierung hinausgeht und auch Kosten und Service einbezieht. Unternehmen müssen die Balance zwischen diesen Faktoren finden, um nachhaltige Erfolge zu erzielen.

Fazit

Die DACH-Industrial-Manufacturing-Working-Capital-Studie 2024 zeigt nach steigenden Working-Capital-Performance-Kennzahlen im letzten Jahr eine stabile Performance. Trotz weiterhin bestehender Herausforderungen im Sektor ist der Ausblick leicht optimistisch. Dennoch sollten Unternehmen nach wie ein stabiles und proaktives Liquiditäts- und Working-Capital-Management fokussieren, um von der verbesserten Ausgangslage profitieren zu können.

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