Wie Betreiber und Investoren jetzt im FTTH-Markt profitieren

Deutschland hinkt beim Ausbau von Glasfaser hinterher. Doch wer sich richtig positioniert, hat gute Chancen im Markt. 


Überblick

  • Beim Ausbau des Glasfasernetzes hinkt Deutschland weit hinter vielen anderen europäischen Staaten hinterher.
  • Die zunehmende Nachfrage nach schnellen Internetverbindungen, sei es für Streaming, Video-Calls oder Industrie 4.0, wird die Nachfrage in den kommenden Jahren antreiben. 
  • Noch ist der Markt fragmentiert, zwischen zahlreichen städtischen Anbietern, regionalen und einer Handvoll nationaler Player. Doch die Konsolidierung beginnt.

Bestenfalls schleppend sind die Fortschritte beim Ausbau der Glasfasernetzwerke in Deutschland. Doch das dürfte sich ändern. Fiber to the Home (FTTH) wird in den kommenden Jahren erheblich an Bedeutung gewinnen. Nutzer im Land können sich auf schnellere und stabilere Verbindungen freuen. Vor allem bietet der Ausbau aber auch zahlreiche Chancen für die Marktteilnehmer und Investoren in dem Industriezweig.

Europas Digitalisierungsinitiative treibt Glasfaserausbau – auch in Deutschland

Der Digitalisierung wird in allen Staaten Europas hohe Priorität eingeräumt. Es gilt das ehrgeizige Ziel, bis 2030 allen Haushalten Zugang zu Gigabit-Netzwerken zu bieten. Einige Regionen sind dabei auf gutem Weg. In Schweden, Portugal und Spanien erreicht FTTH bald 90 Prozent aller Haushalte. Deutschland gehört dagegen zu den Nachzüglern. Hier können bis dato erst 40 Prozent der Haushalte theoretisch rasch ans Netz angeschlossen werden. Die tatsächliche Penetrationsrate, also aktive Anschlüsse, die genutzt werden, liegt sogar lediglich bei 10 Prozent und damit deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Staaten von 37,7 Prozent.

Die Branche unterscheidet zwischen drei Versorgungsstufen: Homes Passed (HP), Homes Connected (HC) und Homes Activated (HA). 10,8 Millionen Haushalte sollen bis Ende 2024 in der Kategorie HP erreicht werden – hier ist bereits ein Großteil der Leitungsinfrastruktur für einen verhältnismäßigen zügigen Nachanschluss vorhanden. 3,5 Millionen, also nicht einmal die Hälfte, werden in der Phase HC prognostiziert. Hier ist das Gebäude grundsätzlich an das Glasfasernetz angeschlossen, die Verbindung aber noch nicht beantragt. Lediglich 4,6 Millionen HA sind für Ende 2024 veranschlagt, also Haushalte, die die Glasfaserverbindung tatsächlich nutzen und dafür zahlen. Nur diese Haushalte verschaffen den Anbietern Umsatz.

Entwicklung der Glasfaserabdeckung (Haushalte in Mio.)1
Grafik: Entwicklung der Glasfaserabdeckung (Haushalte in Mio.)

Die Gründe für Deutschlands hinteren Platz in den Ranglisten sind vielfältig. Das Land verfügt über ein solides Netzwerk an HFC- und VDSL -Verbindungen. Diese Technologien liefern langsamere Datengeschwindigkeiten als FTTH, sind mit bis zu 1.000 beziehungsweise 500 Mbit/s aber so schnell, dass es vielen Verbrauchern derzeit ausreichend erscheint.

Nachfrage nach Bandbreite treibt Aufholprogramm

Gleichzeitig hat die Preissteigerung der vergangenen Jahre Material- und Baukosten in die Höhe getrieben. Gestiegene Zinsen haben zusätzliche Auswirkungen auf die Kosten zur Verlegung der Leitungen. Schließlich spielen Versorger im deutschen Markt eine bedeutende Rolle beim Glasfaserausbau, doch sie haben oft andere strategische Schwerpunkte, umso mehr, da sie zuletzt verstärkt Mittel für die Energiewende bereitgestellt haben.

Trotz dieser Hindernisse: Vieles spricht dafür, dass Deutschland in den kommenden Jahren aufholen wird. Schließlich steigt die Nachfrage nach mehr Bandbreite und Zuverlässigkeit sowohl bei privaten Verbrauchern als auch bei Unternehmen. Der Datenverbrauch erhöht sich durch den zunehmenden Einsatz datenintensiver Anwendungen wie Virtual Reality, Augmented Reality und Internet of Things (IoT). Videokonferenzen, Videostreaming und E-Gaming sind weitere Stichworte, hinzu kommt die fortschreitende Digitalisierung im Rahmen der Industrie 4.0.


The fabric of high-speed connections: FTTH in Germany.

Perspectives for financial and strategic investors 

Prognosen gehen davon aus, dass der deutsche FTTH-Markt in den kommenden Jahren deutlich zulegen wird. Beobachter rechnen damit, dass zum Ende des Jahrzehnts circa 90 Prozent der Haushalte den Anschluss ans Glasfasernetz nutzen. Dafür sind aber erhebliche Investitionen seitens der Betreiber und Investoren nötig. Insbesondere gilt das im ländlichen Raum mit geringeren Bevölkerungsdichten, wo sich der Ausbau nicht so schnell rentiert. Doch auch in städtischen Agglomerationen ist es wichtig, dass Betreiber überzeugende Angebote und Dienstleistungen entwickeln, um Verbraucher zur Nutzung von FTTH-Diensten zu bewegen.

Konsolidierungsschritte im fragmentierten Anbietermarkt

Heute ist der Markt extrem fragmentiert. Circa 600 Akteure bieten ihre Dienste an, von Stadtwerken über regionale Versorger und Spezialanbieter bis zu einer Handvoll Dienstleister, die das ganze Land abdecken. Erste Deals haben in den vergangenen Jahren die Konsolidierung angestoßen, doch dieser Trend dürfte rasch an Fahrt gewinnen. EY-Parthenon rechnet in den kommenden zwei Jahrzehnten mit einer Reduzierung auf bis zu 90 Anbieter. Im internationalen Vergleich erscheint das zahlreich, erklärt sich aber mit der starken föderalen Struktur im Land. Eine Reihe städtischer Versorger wird FTTH im Angebot behalten, hier sind keine größeren strukturellen Anpassungen zu erwarten. 


Mehr als 600 Akteure bieten ihre Dienste an. Erste Deals haben in den vergangenen Jahren die Konsolidierung angestoßen, doch dieser Trend dürfte rasch an Fahrt gewinnen. EY-Parthenon rechnet in den kommenden zwei Jahrzehnten mit einer Reduzierung auf bis zu 90 Anbieter.


Weniger redundante Infrastruktur und Ressourcen versprechen Skaleneffekte und verbesserte Effizienz. Doch es warten zahlreiche Herausforderungen, neben steigenden Kosten und der Konkurrenz um knappe Ressourcen werden effektive Verkaufsstrategien immer wichtiger.

 

FTTH bietet weiter Einstiegschancen für Investoren und Betreiber

 

Attraktiv ist der Markt für Investoren ebenso wie für Betreiber. Für Erstere bieten Glasfasernetze langfristige Investitionsmöglichkeiten, bisher ist keine Alternative mit höherer Leistung in Sicht. Die Netze werden die Grundlage für die Entwicklung neuer Technologien sein.

 

Betreiber müssen vor allem die Kosten im Blick behalten. Auch die Gestaltung des Geschäftsmodells sollten sie genau prüfen, um die individuell richtige Mischung aus internen Aufgaben und ausgelagerten Funktionen sowie Wholesale- und Open-Access-Modellen für sich zu erarbeiten.

 

Längst nicht jeder muss das gesamte Spektrum im Programm haben, um von der Transformation im Glasfasermarkt zu profitieren. Denkbar ist auch eine Konzentration auf einzelne Abschnitte, etwa die baulichen Aspekte, das physische Verlegen der Kabel oder ein reines Vermarktungs- und Serviceangebot. Für andere Unternehmen wiederum kann es die richtige Entscheidung sein, von der Planung über den Bau und die Vermarktung bis hin zum Betrieb alles anzubieten.

 

Gerade wegen des vergleichsweise frühen Entwicklungsstadiums bietet der deutsche FTTH-Markt erhebliche Potenziale. Verstärkt werden diese durch die zunehmende Nachfrage nach schnellen Datenverbindungen und den Ausblick auf Konsolidierung. Entscheidend ist es in diesem Umfeld, sich intensiv mit den Besonderheiten des Marktes, seiner Dynamik und den unterschiedlichen Betreibermodellen auseinanderzusetzen. Investoren, die die richtigen Strategien verfolgen, können erheblich von der digitalen Transformation profitieren.

Co-Autoren: Patrick Jung; Max Kluge

Fazit

Der deutsche FTTH-Markt ist in Bewegung. Die fortschreitende Digitalisierung treibt die Nachfrage nach schnellen Datenanschlüssen. Für Marktteilnehmer bieten sich hier zahlreiche Gelegenheiten, von der Finanzierung bis zum Betrieb. Dabei ist es jeweils wichtig, die Besonderheiten des Marktes zu verstehen, um Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Eine große Rolle spielt dabei auch die Entscheidung, das komplette Angebot von der Planung über den Bau bis zum Betrieb abdecken zu wollen oder sich auf einzelne Aspekte der Wertschöpfungskette zu konzentrieren. Die Glasfaser-Wertschöpfungskette bietet hier vielfältige Möglichkeiten

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