Das Immobilienrecht entwickelt sich dynamisch. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Kündigungsrecht trotz Schonfristzahlung in bestimmten Fällen bestätigt. Das Gleiche gilt für die Rechtmäßigkeit der Mietpreisbremse. Eine weitere Entscheidung betrifft die Frage, welches Vorkaufsrecht zuerst zieht: das eines geschiedenen Familienangehörigen oder das eines Mieters. Wir geben Ihnen einen Überblick über neueste Entwicklungen, spannende Entscheidungen und wichtige Trends im Bereich des Immobilienrechts.
Nachzahlung von Mietschulden und Kündigung
Sie gilt für säumige Mieter als Rettungsanker in höchster Not bei einer verzugsbedingten Kündigung: die Schonfristzahlung. Spricht der Vermieter wegen Zahlungsverzugs eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB aus, kann sie der Mieter durch Zahlung abwenden. Denn nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB wird die Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs sowohl die fällige Miete als auch die fällige Entschädigung erhält. Aber: Dies gilt – wie der BGH in seinem Urteil vom 23. Oktober 2024 (Az.: VIII ZR 177/23) bestätigte – nicht für eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Im vorliegenden Fall hatten die Beklagten, seit 1994 Mieter einer Wohnung in Berlin, die Miete über mehrere Monate hinweg nicht gezahlt. Ihre Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich. Anschließend glichen die Mieter ihre Rückstände innerhalb der Schonfrist aus. Gleichwohl reichte die Vermieterin eine auf die ordentliche Kündigung gestützte Räumungsklage ein. Das Amtsgericht gab dieser statt, das Landgericht wies die Klage dagegen ab. Der Fall landete beim BGH.
Der BGH stellte klar, dass die Schonfristzahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB nur die fristlose Kündigung unwirksam macht. Die ordentliche Kündigung bleibe unberührt. Diese beschränkte Wirkung des Nachholrechts des Mieters entspreche angesichts des eindeutigen Wortlauts dem klaren Willen des Gesetzgebers, sodass der Richter diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen ändern dürfe. Die Karlsruher Richter hoben das Urteil des Landgerichts auf und verwiesen die Sache zur erneuten Verhandlung nach Berlin zurück.
Mietpreisbremse
Ein Dauerthema ist die Mietpreisbremse in ihren verschiedenen bundes- und landesspezifischen Ausprägungen. Zuletzt beschäftigte sich der BGH mit der Zweiten Berliner Mietenbegrenzungsverordnung aus dem Jahr 2020. Es ging um folgenden Sachverhalt: Die Kläger sind seit September 2015 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Die Wohnung unterlag zunächst der ersten Mietenbegrenzungsverordnung, dann seit dem 1. Juni 2020 der zweiten Verordnung. Die Kläger machten geltend, dass die im Rahmen einer Staffelmietvereinbarung für die Zeit von Januar bis September 2022 vereinbarte Nettokaltmiete von 1.931 Euro gegen die Mietpreisbremse verstoße. Die Beklagte hielt die Regelungen zur Mietpreisbremse dagegen für verfassungswidrig und die Verordnung für unwirksam.
Der BGH bestätigte, dass die zulässige Höhe der Staffelmiete nach den verlängerten Regelungen der Mietpreisbremse zu beurteilen ist. Die geschuldete Nettokaltmiete betrage danach nicht mehr als 1.280 Euro monatlich, da es gemäß § 556e Abs. 1 Satz 1 BGB auf die bei Beendigung des Vormietverhältnisses geltende Höhe der Mietstaffel ankomme (BGH-Urteil vom 18. Dezember 2024, Az.: VIII ZR 16/23).
Die gesetzlichen Regelungen zur Begrenzung der Wiedervermietungsmiete in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556d ff. BGB) und die Ermächtigungsgrundlage des § 556d Abs. 2 BGB genügen laut BGH den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Auch halte sich die Zweite Berliner Mietenbegrenzungsverordnung im Rahmen des dem Berliner Senat eingeräumten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums.
Spannend wird sein, wie sich der Gesetzgeber auf Bundesebene verhält. Kommt die Verlängerung der Mietpreisbremse und wenn ja, bis wann? SPD, Grüne, Linke und BSW möchten die Mietpreisbremse verlängern und möglicherweise verschärfen. FDP und AfD streben dagegen eine Abschaffung oder Lockerung an. Und die Union will sich in dieser Frage (wohl noch) nicht festlegen und hat bisher keine klare Aussage getroffen.
Wohnungseigentümer und stecken gebliebener Bau
Es ist der Horror aller, die eine noch nicht fertig errichtete Wohnung kaufen: Baustopp aufgrund von Insolvenz des Generalunternehmers! Grundsätzlich kann jeder von der Eigentümergemeinschaft verlangen, dass das gemeinschaftliche Eigentum erst einmal fertiggestellt wird. Bei einem sogenannten stecken gebliebenen Bau sind diese Ansprüche jedoch erst dann begründet, wenn zumindest ein Erwerber die Stellung eines (werdenden) Wohnungseigentümers erlangt hat.
Der BGH traf nun wichtige Klarstellungen zur analogen Anwendbarkeit des § 22 WEG. Die Karlsruher Richter stellten fest, dass eine analoge Anwendung ausscheide, da sich die Situation eines stecken gebliebenen Bauwerks grundlegend von der eines zerstörten Bauwerks unterscheide. Zerstört im Sinne des § 22 WEG sei ein Gebäude nur dann, wenn seine Tauglichkeit durch ein einmaliges Ereignis nachträglich erheblich beeinträchtigt oder aufgehoben werde. Bei einem stecken gebliebenen Bau sei die Anlage aber von vornherein nicht vollständig errichtet und damit nicht nutzbar (BGH-Entscheidung vom 20. Dezember 2024, Az.: V ZR 243/23).
Vielmehr werde der Anspruch auf erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) begrenzt, urteilt der BGH. Der Anspruch entfalle, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zugemutet werden könne. Diese Abwägung habe der Tatrichter unter umfassender Würdigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen.
Vorkaufsrecht eines (geschiedenen) Familienangehörigen oder eines Mieters
Im vorliegenden Fall hatten geschiedene Eheleute im Zuge ihrer Trennung die Teilung ihres gemeinsamen Hauses in Wohnungseigentum vereinbart. Dabei wurden drei Wohnungen gebildet, wobei der Beklagte zwei Wohnungen und die Klägerin eine Wohnung erhielt. Beide Parteien bewilligten sich gegenseitig dingliche Vorkaufsrechte. Im Jahr 2019 verkaufte der Beklagte seine Wohnungen an Dritte und die Klägerin erklärte die Ausübung ihres Vorkaufsrechts. Der Mieter der kaufgegenständlichen Wohnung, die diesem bereits vor der im Jahr 2016 vereinbarten Teilung überlassen worden war, übte jedoch ebenfalls sein Mietervorkaufsrecht aus und wurde als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen, während das Vorkaufsrecht der Klägerin gelöscht wurde.
Zu Unrecht, entschied der BGH. Er stellte klar, dass ein bestelltes dingliches Vorkaufsrecht dem Vorkaufsrecht des Mieters vorgeht, wenn es vom Eigentümer zugunsten eines Familienangehörigen im Sinne des § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB bestellt worden ist. Als Familienangehörige im Sinne dieser Vorschrift sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch geschiedene Ehegatten anzusehen. Dies gelte auch dann, wenn das dingliche Vorkaufsrecht erst nach Überlassung der Wohnung an den Mieter bestellt wurde (BGH-Urteil vom 27. September 2024, Az.: V ZR 48/23).
Änderung der Geldwäschegesetzmeldepflichten
Das Bundesfinanzministerium hat im Einvernehmen mit dem Bundesjustizministerium die Verordnung zur Änderung der Geldwäschegesetzmeldepflichtverordnung-Immobilien erlassen. Die GwGMeldV-Immobilien regelt und konkretisiert die Meldepflichten bestimmter Berufsgruppen, insbesondere von Rechtsanwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten, vor dem Hintergrund erhöhter Geldwäscherisiken im Immobiliensektor. Mit der Verordnung wurde eine klare Regelung geschaffen, die es den Berufsträgern ermöglicht, Verdachtsmeldungen zu erstatten, ohne mit ihren Verschwiegenheitspflichten in Konflikt zu geraten. Dies führte zu einem Anstieg der Verdachtsmeldungen von einer niedrigen zweistelligen Zahl im Jahr 2019 auf rund 7.500 im Jahr 2023.