Der BFH bestätigt seine bisherige Sichtweise zur Betriebsaufspaltung bei Kapitalgesellschaften als Besitzunternehmen, bei der weiterhin ein Durchgriffsverbot greife. Dies gilt laut BFH auch im Falle einer sog. umgekehrten Betriebsaufspaltung. Damit bejahte der BFH die erweiterte gewerbesteuerliche Grundstückskürzung für die Besitz-Kapitalgesellschaft.
Im Streitfall vermietete die Besitz-Kapitalgesellschaft (GmbH) an die mehrheitlich mittelbar an ihr über eine weitere Kapitalgesellschaft beteiligte Betriebs-Personengesellschaft (KG) ein Grundstück. Streitig war, ob bei der GmbH die Voraussetzungen für die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG vorliegen. Dafür war insbesondere fraglich, ob eine Betriebsaufspaltung zwischen der GmbH und der KG zu bejahen ist und die GmbH damit als originär gewerblich tätig anzusehen ist.
Der BFH verneinte die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung zwischen der GmbH als Besitzunternehmen (Besitz-Kapitalgesellschaft) und der KG als Betriebsunternehmen, da die für die Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung nicht gegeben war. Im Falle einer Besitz-Kapitalgesellschaft greife das Durchgriffsverbot, d.h. ein Rückgriff auf die hinter der Besitz-Kapitalgesellschaft stehenden Anteilseigner ist nicht zulässig. So komme es bei einer Kapitalgesellschaft als Besitzunternehmen darauf an, ob diese selbst ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann. Für das Vorliegen der personellen Verflechtung hätte die GmbH damit selbst unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 Prozent an der KG als Betriebsunternehmen beteiligt sein müssen, was im Streitfall zu verneinen war.
Das Durchgriffsverbot gilt laut BFH auch für die sog. umgekehrte Betriebsaufspaltung (Betriebsgesellschaft wird nicht durch die Besitz-Kapitalgesellschaft, sondern die Besitz-Kapitalgesellschaft durch die Betriebsgesellschaft beherrscht). Auch daraus könne sich aufgrund des Durchgriffsverbots keine originäre gewerbliche Tätigkeit der Besitz-Kapitalgesellschaft ableiten. Aus der mittelbaren Beteiligung einer Betriebspersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft an der Besitzkapitalgesellschaft lasse sich keine personelle Verflechtung ableiten. Der BFH bejahte daher die erweiterte Grundstückskürzung bei der GmbH (BFH-Urteil vom 22.02.2024, III R 13/23).
Das Urteil stellt keinen Widerspruch zum BFH-Urteil vom 16.09.2021 (IV R 7/18, BStBl. II 2022, S. 767) dar. In diesem Urteil ging der 4. Senat unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitz-Personengesellschaft für Zwecke der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung nicht mehr dem Durchgriffsverbot unterliegt. Bisher war ein solcher Durchgriff auf die Anteilseigner, die hinter der Kapitalgesellschaft stehen, nur auf Seiten der Betriebsgesellschaft möglich. Der BFH bejahte daher eine Betriebsaufspaltung und verneinte die erweiterte Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG (vgl. EY-Steuernachricht vom 03.02.2022). Das BMF berücksichtigt unter Verweis auf Vertrauensschutzgründe die Anwendung dieser Grundsätze des BFH erst ab dem VZ 2024 (BMF-Schreiben vom 21.11.2022). Die (unveränderten) Grundsätze zur fehlenden personellen Verflechtung zwischen Schwester-Kapitalgesellschaften wendet das BMF weiter an (vgl. BFH-Urteil vom 01.08.1979, I R 111/78, BStBl. II 1980, S. 77; vgl. EY-Steuernachricht vom 24.11.2022).
In Abgrenzung zu der Entscheidung vom 16.09.2021 (IV R 7/18, BStBl. II 2022, S. 767) steht im vorliegenden Streitfall des Urteils vom 22.02.2024 (III R 13/23) die Besteuerung einer Besitz-Kapitalgesellschaft in Frage, während es im Urteil vom 16.09.2021 um die Besteuerung einer Personengesellschaft ging, bei welcher die die personelle Verflechtung vermittelnde GmbH nicht am Vermögen beteiligt war und es somit auch nicht um deren Besteuerung ging. Der BFH wendet somit weiterhin das Durchgriffsverbot an, wonach die Anteilsinhaberschaft beziehungsweise Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften nicht zu berücksichtigen sind.
Der Volltext des Urteils steht Ihnen auf der Internetseite des BFH zur Verfügung.
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