Zentrale Maßnahmen für mehr Entgelttransparenz
Zu den zentralen Maßnahmen zur Förderung der Entgelttransparenz gehören die Einführung von Berichterstattungspflichten und ein erweitertes Recht auf individuelle Gehaltsauskunft. Wenn das zu berichtende Gefälle innerhalb einer Gruppe von Mitarbeitenden die 5-Prozent-Schwelle überschreitet, sieht die Richtlinie eine gemeinsame Entgeltbewertung in Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmendenvertretung vor. In der aktuellen Diskussion liegt der Fokus vor allem auf der Berichterstattung, wodurch der 5-Prozent-Schwelle entsprechend viel Aufmerksamkeit gewidmet wird. Was bei dieser Diskussion jedoch unbeachtet bleibt, ist das finanzielle Risiko, das aus dem individuellen Auskunftsrecht hervorgehen kann.
Warum auch ein geringes Entgeltgefälle finanzielle Risiken bergen kann
Denn auch wenn das Entgeltgefälle insgesamt unter der Grenze von 5 Prozent liegt, kann das individuelle Auskunftsrecht ein erhebliches finanzielles Risiko bergen.
Das individuelle Auskunftsrecht tritt in Kraft, sobald die Richtlinie in nationales Gesetz überführt wird – also spätestens ab Juni 2026 für alle Unternehmen, unabhängig von der Beschäftigtenzahl. Ab diesem Zeitpunkt haben Arbeitnehmende das Recht, das durchschnittliche Entgelt ihrer Vergleichsgruppe aufgeteilt nach Geschlecht zu erfragen. Das bedeutet, dass auch bei einem insgesamt geringen Entgeltgefälle innerhalb einer Gruppe von Beschäftigten die Diskriminierung einzelner Arbeitnehmender nicht ausgeschlossen ist. Es ist sogar möglich, dass das Entgeltgefälle innerhalb dieser Gruppe nahezu bei 0 Prozent liegt und einzelne Arbeitnehmende dennoch ungerechtfertigt niedriger entlohnt werden.
Aufgrund der Beweislastumkehr ist es Aufgabe des Unternehmens nachzuweisen, dass ein Gehaltsunterschied gegebenenfalls gerechtfertigt ist, z. B. aufgrund von Faktoren wie Leistung oder relevanter Berufserfahrung. Gelingt dies nicht, können Arbeitnehmende auf der Grundlage der erlangten Informationen Schadensersatz einklagen. Im Falle einer erfolgreichen Klage sind die Arbeitnehmenden so zu stellen, als hätte es die Diskriminierung nie gegeben, was zu erheblichen Nachzahlungen führen kann.