Eine riesige Halle einer verlassenen und leerstehenden Fabrik.

Welche Aufgaben ein Liquidator bei der Unternehmensauflösung erfüllen muss

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Die Auflösung einer Gesellschaft greift in verschiedene Rechtsgebiete ein und erfordert umfängliche Arbeiten.

Der Lebenszyklus eines Unternehmens muss nicht zwangsläufig ein langer sein. Es gibt eine Reihe von Umständen, weshalb eine Gesellschaft ihren Geschäftszweck nicht länger verfolgt und ihre Tätigkeit einstellt. Häufig wird die Gesellschaft dann im Rahmen einer Liquidation abgewickelt. Dabei kommt dem Liquidator eine entscheidende Rolle zu.

Wenn leere Hüllen übrig bleiben

Oft sind es Umstrukturierungen innerhalb einer Unternehmensgruppe, bei denen Geschäftsbereiche verlagert werden und am Ende sogenannte Restanten übrig bleiben, die nach Übertragung ihres Geschäftsbetriebs als leere Hüllen fortbestehen. Gleiches gilt für unternehmerische Entscheidungen zur Stilllegung von Geschäftsbereichen: Hierbei wird bei den betroffenen (Gruppen-)Gesellschaften der Geschäftsbetrieb entweder umgehend oder nach kontrolliertem Auslaufen der Produktion beendet. Danach verbleiben diese Gesellschaften als leere Hüllen. Da allein die Administration dieser Restanten häufig nicht unerhebliche Kosten verursacht, stellt sich nahezu zwangsläufig die Frage, ob der Erhalt einer solchen Gesellschaft oder die Beendigung sinnvoller ist. Die Beendigung erfolgt zumeist im Rahmen der Liquidation der Gesellschaft oder ihrer Verschmelzung auf einen anderen Rechtsträger.

Sperrjahr kein Hindernis

Obwohl es auf den ersten Blick im Hinblick auf den Ablauf des zwingend erforderlichen Sperrjahres als zeitintensives Verfahren angesehen wird, ist das Liquidationsverfahren vielfach der präferierte Rechtsweg für die Beendigung einer Gesellschaft. So können bei einer Liquidation u. a. mögliche Nachhaftungsprobleme oder Risiken eines eventuellen Betriebsübergangs vermieden werden. Auch führt das gesetzlich vorgeschriebene Sperrjahr – wenn überhaupt – meist nur zu unerheblichen Verzögerungen des Liquidationsprozesses. So erfordern insbesondere die bereits während des Sperrjahres erfolgenden und zumeist zeitintensiven steuerlichen Abschlussarbeiten eine Zeitspanne, die sich in der Regel über den Ablauf des Sperrjahres hinauszieht. Für die überwiegende Anzahl Verfahren ist die gesetzliche Mindestverfahrensdauer daher irrelevant. Für die wenigen sonstigen ist die zeitliche Verzögerung meist nur marginal.

Grafik: Mehr Liquationen als Insolvenzen

Haftungsrechtliche Fragen

Bei Restanten ist die Liquidation oft mit Herausforderungen verbunden, die bereits im Vorfeld zu beachten sind. Aufgrund des durch die Einstellung des Geschäftsbetriebs bedingten Wegfalls der insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose sind insbesondere haftungsrechtliche Fragen zu erörtern; so ist etwa ein positiver Liquiditätsstatus der Gesellschaft Voraussetzung für eine solvente Liquidation. Auch sind steuerliche Erwägungen anzustellen. Dazu zählen etwa die Vermeidung von Erträgen im Fall gruppeninterner Finanzierungen oder die richtige Besteuerung eines Liquidationsüberschusses beim Anteilseigner.

Aufgaben des Liquidators

Idealerweise wird der Liquidator bereits vor seiner Bestellung in die Überlegungen und Planungen einbezogen. So kann er diese im Rahmen seiner Abwicklungstätigkeiten besser berücksichtigen. Zu diesen Abwicklungstätigkeiten zählen unter anderem folgende Maßnahmen:

  1. Überwachung der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens und Verwaltung und Aktualisierung der Liquiditätsplanung
  2. Einhaltung der verschiedenen gesetzlichen, rechtlichen und steuerlichen Vorschriften
  3. Abwicklung der bestehenden Vertragsverhältnisse der Gesellschaft, auch im Rahmen einer Ausproduktion
  4. Verkauf und Verwertung vorhandener Vermögenswerte
  5. Befriedigung/Regelung bestehender Verbindlichkeiten einschließlich Pensionen
  6. Verantwortung für die Buchhaltung und die Erstellung der Eröffnungsbilanz, Jahresberichte und Schlussbilanz sowie Steuererklärungen unter Einbeziehung der zuständigen Mitarbeiter und Steuerberater
  7. gesetzliche Vertretung der Gesellschaft
  8. Organisation der Archivierung der Geschäftsunterlagen
  9. An- und Abmeldung der Gesellschaft bei den zuständigen Registern, Handelskammern usw.
  10. Ausschüttung eines Liquidationsüberschusses an die Aktionäre

Autoren: Kristian Dupper & Nikolai Weber 



Fazit

Im Rahmen einer Liquidation ist eine Vielzahl von Themen und Herausforderungen zu beachten. Sie gehen über das Gesellschaftsrecht hinaus und betreffen beispielsweise das Arbeits- und Steuerrecht und sind dabei nicht isoliert, sondern im multidisziplinären Zusammenspiel zu betrachten. Das EY-Law-Team unterstützt Unternehmen nicht nur bei rechtlichen Fragestellungen, sondern auch in der Funktion als Liquidatoren. Die Kooperation mit der EY-Parthenon GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft stellt sicher, dass auch die Betreuung in wirtschaftlichen Aspekten einschließlich der Liquiditätsplanung durch anerkannte Fachleute erfolgt.

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