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Wie die Neuregelung des § 1 Abs. 4a GrEStG grunderwerbsteuerliche Risiken bei Share Deals minimiert

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Der neue § 1 Abs. 4a GrEStG definiert die grunderwerbsteuerliche Zugehörigkeit einer Immobilie.


Überblick

  • Die Neuregelung des § 1 Abs. 4a GrEStG sorgt für eine klare Zuordnung von Grundstücken zu Gesellschaften und verbessert die Rechtssicherheit im Bereich der Grunderwerbsteuer.
  • Unternehmen und Steuerberater profitieren ab dem 5. Dezember 2024 von eindeutigen Regelungen für grunderwerbsteuerbare Vorgänge, die die steuerliche Behandlung erleichtern.
  • Um steuerliche Risiken zu vermeiden, wird empfohlen, rechtzeitig Rechtsrat von erfahrenen Grunderwerbsteuerfachleuten einzuholen, insbesondere angesichts der erhöhten Kontrollen durch Steuerfahndungsstellen.

Das Mutterunternehmen M hält sämtliche Anteile an der grundbesitzenden Tochtergesellschaft T. T veräußert das ihr gehörende Grundstück am 1. Januar 2025 an eine neu gegründete Schwestergesellschaft S (Asset Deal). Diese Veräußerung unterliegt der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Am 1. März 2025 veräußert M sämtliche Anteile an T an einen Dritten D (Share Deal). Nach dem Erwerb der T-Anteile durch D wird der Grundstückskaufvertrag vom 1. Januar 2025 zwischen T und S rückabgewickelt und das Grundstück auf T zurückübertragen.

Nun eindeutig steuerpflichtig

Ohne die Neuregelung des § 1 Abs. 4a GrEStG unterläge der Share Deal am 1. März 2025 nicht der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a oder Abs. 2b GrEStG, da T das Grundstück durch die vorherige Veräußerung nicht mehr zuzurechnen wäre. Auch die Rückabwicklung des Asset Deals unterläge nicht der Grunderwerbsteuer. Durch diese Gestaltung hätten die Anteile an T sowie mittelbar das zugehörige Grundstück grunderwerbsteuerfrei veräußert werden können. Um dies zu vermeiden, ordnet § 1 Abs. 4a Satz 3 GrEStG an, dass das Grundstück rückwirkend für Zwecke des Share Deals weiterhin T zuzurechnen ist. Das Geschäft unterliegt im Ergebnis der Grunderwerbsteuer.

Zivilrechtliche Betrachtung unmaßgeblich

Die Einführung von § 1 Abs. 4a GrEStG durch das Jahressteuergesetz 2024 ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Rechtssicherheit und Klarheit im Bereich der Grunderwerbsteuer. Gemäß der Neuregelung wird ein Grundstück einer Gesellschaft zugerechnet, wenn diese zuvor einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 GrEStG verwirklicht hat oder die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG innehat. Auf die zivilrechtliche Betrachtung kommt es für die Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht an.

Die Zugehörigkeit eines Grundstücks endet erst dann, wenn ein anderer Rechtsträger das Grundstück aufgrund eines Rechtsvorgangs nach § 1 Abs. 1 GrEStG erworben hat oder die Voraussetzungen, die zur Zugehörigkeit geführt haben, nicht mehr vorliegen.

Für die Fälle der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs – wie im Beispiel dargestellt – endet die Zugehörigkeit, wenn der rückgängig gemachte Erwerbsvorgang dazu führt, dass ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG (Share-Deal-Regelungen) vermieden wird. Die Rückgängigmachung und der Rückerwerb gelten für die Zugehörigkeit eines Grundstücks als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Ein rückwirkendes Ereignis verändert den für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalt, obwohl es erst nachträglich eingetreten ist. Das bedeutet, dass im ersten Schritt ein Besteuerungstatbestand verwirklicht worden ist, jedoch ein später verwirklichter Sachverhalt der Besteuerung zugrunde gelegt werden soll.

Grafik: Anwendbarkeit der Neuregelung

Stichtag 5. Dezember 2024

Für die Praxis bedeutet die Neuregelung: Unternehmen und Steuerberater profitieren für grunderwerbsteuerbare Vorgänge, die seit dem 5. Dezember 2024 verwirklicht werden, von einer eindeutigen Regelung. Sie definiert die Zugehörigkeit von Grundstücken für Zwecke der grunderwerbsteuerlichen Ergänzungstatbestände zum Gesellschaftsvermögen und erleichtert somit die steuerliche Behandlung von Erwerbsvorgängen.

Für alle offenen Fälle, die vor dem 5. Dezember 2024 verwirklicht wurden, finden die hiervon abweichenden Grundsätze des Zurechnungserlasses vom 16. Oktober 2023 weiterhin Anwendung. Das bedeutet, dass bisher nicht angezeigte Rechtsvorgänge in Bezug auf Gesellschaften, denen Grundvermögen zuzurechnen sind, zumindest aus Vorsichtsgründen vorsorglich anzuzeigen sind.

Altfälle

Hierzu ein weiteres Beispiel: Die Kapitalgesellschaft B hat im Jahr 2016 das Eigentum an einem Grundstück erworben (§ 1 Abs. 1 GrEStG). Die Kapitalgesellschaft A erwirbt im Jahr 2020 sämtliche Anteile an B im Wege eines Share Deals. Der Muttergesellschaft A wird wegen der daraus resultierenden Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 GrEStG) das Grundstück grunderwerbsteuerlich (auch) zugerechnet. Sämtliche Anteile an A werden am 20. November 2024 an den Dritten C veräußert. Es besteht gemäß Zurechnungserlass das Risiko, dass sowohl auf der Ebene der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft B als auch auf derjenigen der Zurechnungsgesellschaft A (jeweils) der Ergänzungstatbestand § 1 Abs. 2b GrEStG verwirklicht wird (a. A. FG Münster v. 16. Januar 2025, Az. 8 K 2744/21 GrE, Revision zugelassen). Wären die Anteile an A alternativ am 20. Dezember 2024 an C veräußert worden, würde das Grundstück aus grunderwerbsteuerlicher Sicht einzig B gehören, da B im Jahr 2016 den Grundtatbestand gem. § 1 Abs. 1 GrEStG in Bezug auf das Grundstück verwirklicht hat. Der Zurechnungserlass fände keine Anwendung, das Risiko einer etwaigen Doppelbesteuerung (bei A und B) entfiele.

Autor:innen: Moritz-Benedikt Müller, Neele Brokelmann-Görnig


Fazit 

Zur Vermeidung steuerlicher Risiken und zur Sicherstellung, dass allen steuerlichen Pflichten nachgekommen wurde (z. B. Einreichung von ggf. nachträglichen Grunderwerbsteueranzeigen als Steuererklärungen), wird dringend empfohlen, Rechtsrat erfahrener Grunderwerbsteuerfachleute einzuholen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Ausweitung der Steuerfahndungsstellen, die gezielt Fälle aufdecken, in denen Steuerpflichtige ihren gesetzlichen Pflichten nicht nachgekommen sind.

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