Das Mutterunternehmen M hält sämtliche Anteile an der grundbesitzenden Tochtergesellschaft T. T veräußert das ihr gehörende Grundstück am 1. Januar 2025 an eine neu gegründete Schwestergesellschaft S (Asset Deal). Diese Veräußerung unterliegt der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Am 1. März 2025 veräußert M sämtliche Anteile an T an einen Dritten D (Share Deal). Nach dem Erwerb der T-Anteile durch D wird der Grundstückskaufvertrag vom 1. Januar 2025 zwischen T und S rückabgewickelt und das Grundstück auf T zurückübertragen.
Nun eindeutig steuerpflichtig
Ohne die Neuregelung des § 1 Abs. 4a GrEStG unterläge der Share Deal am 1. März 2025 nicht der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a oder Abs. 2b GrEStG, da T das Grundstück durch die vorherige Veräußerung nicht mehr zuzurechnen wäre. Auch die Rückabwicklung des Asset Deals unterläge nicht der Grunderwerbsteuer. Durch diese Gestaltung hätten die Anteile an T sowie mittelbar das zugehörige Grundstück grunderwerbsteuerfrei veräußert werden können. Um dies zu vermeiden, ordnet § 1 Abs. 4a Satz 3 GrEStG an, dass das Grundstück rückwirkend für Zwecke des Share Deals weiterhin T zuzurechnen ist. Das Geschäft unterliegt im Ergebnis der Grunderwerbsteuer.
Zivilrechtliche Betrachtung unmaßgeblich
Die Einführung von § 1 Abs. 4a GrEStG durch das Jahressteuergesetz 2024 ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Rechtssicherheit und Klarheit im Bereich der Grunderwerbsteuer. Gemäß der Neuregelung wird ein Grundstück einer Gesellschaft zugerechnet, wenn diese zuvor einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 GrEStG verwirklicht hat oder die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG innehat. Auf die zivilrechtliche Betrachtung kommt es für die Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht an.
Die Zugehörigkeit eines Grundstücks endet erst dann, wenn ein anderer Rechtsträger das Grundstück aufgrund eines Rechtsvorgangs nach § 1 Abs. 1 GrEStG erworben hat oder die Voraussetzungen, die zur Zugehörigkeit geführt haben, nicht mehr vorliegen.
Für die Fälle der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs – wie im Beispiel dargestellt – endet die Zugehörigkeit, wenn der rückgängig gemachte Erwerbsvorgang dazu führt, dass ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG (Share-Deal-Regelungen) vermieden wird. Die Rückgängigmachung und der Rückerwerb gelten für die Zugehörigkeit eines Grundstücks als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Ein rückwirkendes Ereignis verändert den für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalt, obwohl es erst nachträglich eingetreten ist. Das bedeutet, dass im ersten Schritt ein Besteuerungstatbestand verwirklicht worden ist, jedoch ein später verwirklichter Sachverhalt der Besteuerung zugrunde gelegt werden soll.