BMW-Mitarbeiter gehen waehrend des Schichtwechsels in das BMW-Werk 2.4 in Dingolfing in Niederbayern

Wie Personalabbau effizient und fair gestaltet werden kann

Derzeit müssen sich viele Unternehmen personell restrukturieren. Freiwilligen- und Vorruhestandsprogramme bieten klare Vorteile, aber auch Stolperfallen.

Überblick

  • Unternehmen setzen auf freiwillige Ruhestandsprogramme, um Kündigungen zu vermeiden und den Personalabbau sozialverträglich zu gestalten.
  • Sorgfältige Planung und transparente Kommunikation sind entscheidend, um rechtliche und soziale Aspekte zu berücksichtigen.
  • Externe Berater unterstützen bei der Entwicklung maßgeschneiderter Programme und schaffen eine vertrauensvolle Atmosphäre für Mitarbeitende.

In vielen Branchen stehen Unternehmen gerade unter massivem Anpassungsdruck. Teilweise entfallen Arbeitsplätze, im Gegenzug entsteht an anderer Stelle neuer Personalbedarf, der sich nicht immer durch dieselben Beschäftigten erfüllen lässt. Ein Trend kristallisiert sich dabei heraus: Unternehmen vermeiden – soweit möglich – betriebsbedingte Kündigungen. Stattdessen bieten sie flexiblere Personalmaßnahmen an, etwa Vorruhestands- oder Freiwilligenprogramme. So kann Personalabbau möglichst sozialverträglich und im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen. Wichtig ist dabei: Arbeitgeber müssen bei allen Programmen sämtliche rechtlichen und steuerlichen Aspekte berücksichtigen. Die Planungsphase ist daher von entscheidender Bedeutung und der Umgang mit  den betroffenen Mitarbeitenden sollte stets transparent und empathisch erfolgen.

Grafik: ifo Beschaeftigungsbarometer Deutschland

Vorsicht vor Schnellschüssen

Schnellschüsse beim Personalabbau können zu einem negativen medialen Echo, aber auch zu internem Widerstand in der Belegschaft bis hin zum Arbeitskampf führen. Deshalb muss der erste Schritt einer vorausschauenden Planung eine fundierte Analyse der Umsetzungsoptionen sein. Bestehen Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder andere rechtliche Vorgaben, die zu berücksichtigen sind? Müssen Arbeitnehmervertretungen einbezogen werden oder gibt es sonstige Einschränkungen? Die Machbarkeitsanalyse enthält neben den arbeitsrechtlichen Aspekten insbesondere auch eine wirtschaftliche und bilanzielle Betrachtung und bildet die Basis für die Entscheidungsfindung der Geschäftsführung wie auch für etwaige Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretungen. Im Folgenden sollen vertieft die Aspekte beleuchtet werden, die bei der Umsetzung eines solchen Programms besonders zu beachten sind.

Verschiedene Varianten

„Vorruhestandsprogramm“ wird hier – in Abgrenzung zum klassischen Vorruhestand im sozialversicherungsrechtlichen und steuerlichen Sinne – als Oberbegriff für alle Freistellungsphasen verwendet, die vor oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Überbrückung bis zum Eintritt in die Altersrente denkbar sind. Die Freistellung kann etwa durch Altersteilzeitregelungen oder Sonderzahlungen auf Lebensarbeitszeitkonten finanziert werden. Alternative Gestaltungen sehen eine frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor, woran sich eine Phase der Zahlung eines Übergangsgeldes oder, je nach Alter, der sofortige Beginn des Bezugs einer betrieblichen Altersversorgung – ggf. gepaart mit der gesetzlichen Rente – anschließt. Dabei ist für diejenigen, die an dem Programm teilnehmen, grundsätzlich in keiner Variante eine weitere Tätigkeit am Arbeitsmarkt ausgeschlossen.

Die sog. Freiwilligenprogramme dagegen können Mitarbeitende jeden Alters erreichen und haben das Ziel eines eher zügigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Dieses Mittel wird eher angewendet, wenn es nicht nur um eine grundsätzliche Reduzierung der Arbeitskräfte geht, sondern z. B. bestimmte Bereiche verkleinert oder geschlossen werden sollen. Das Angebot kann Abfindungszahlungen, Freistellungen zur Suche eines neuen Arbeitsplatzes und Outplacement-Unterstützung verschiedenster Ausprägung beinhalten.

Grafik: ifo Beschaeftigungsbarometer nach Wirtschaftsbereich

Steuern auf Abfindungen … 

Zentrale Frage für viele Teilnehmende ist die Versteuerung einer Einmal- oder Abfindungszahlung. Da eine solche Zahlung durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist, handelt es sich regelmäßig um Arbeitslohn, sodass der (bisherige) Arbeitgeber für die Versteuerung im Rahmen des Lohnsteuerabzugsverfahrens zuständig ist. Sofern es sich bei der Zahlung um eine Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen handelt, können auch außerordentliche Einkünfte vorliegen. Liegt durch die Abfindung eine Zusammenballung von Einkünften in einem Jahr vor, können die Steuerpflichtigen eine begünstigte Besteuerung im Rahmen der sog. Fünftelregelung nutzen. Da diese ab dem Jahr 2025 nicht mehr im Lohnsteuerabzugsverfahren angewandt wird, kann eine ermäßigte Besteuerung der Abfindung nur dadurch erreicht werden, dass die betroffenen Mitarbeitenden eine Einkommensteuererklärung abgeben.

… und Einmalzahlungen in ein Lebensarbeitszeitkonto

Sofern eine Sonderzahlung in ein Lebensarbeitszeitkonto eingebracht wird, unterliegt sie zu diesem Zeitpunkt nicht der Besteuerung oder Verbeitragung in der Sozialversicherung. Bei der ratierlichen Auszahlung aus dem Wertguthaben bei gleichzeitiger Freistellung werden diese Zahlungen wie Lohn versteuert und verbeitragt. Hintergrund sind die entsprechenden sozialgesetzlichen Regelungen (vgl. §§ 7b–d SGB IV), wonach durch den Aufbau von Lebensarbeitszeitkonten insbesondere längere Freistellungen von Mitarbeitenden unter Fortbestand des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ermöglicht werden (z. B. durch einen vorgezogenen Ruhestandseintritt). Solche Wertguthaben können durch Entgeltumwandlung, insbesondere laufend aus dem Gehalt, Boni oder Sonderzahlungen aufgebaut werden.

Einbringung in eine betriebliche Altersversorgung

Abhängig vom angebotenen Modell kann eine Sonderzahlung oder Abfindung auch in eine betriebliche Altersversorgung (bAV) eingebracht werden. Steuerlich günstig ist das häufig deshalb, weil bei Auszahlungen aus der bAV im Alter aufgrund einer geringeren Einkommenshöhe ein niedrigerer individueller Steuersatz greifen kann als in der Erwerbsphase. Jedoch ist die bAV steuerlich streng reglementiert. Bei einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse liegt im Zeitpunkt des Einbringens noch kein steuerlicher Zufluss vor. Erst die spätere Auszahlung an den Mitarbeitenden ist dann steuerpflichtig.

Luftaufnahme des Mercedes-Benz-Werks in Rastatt an einem sonnigen Tag
Luftaufnahme eines Autowerks

Achtung

Wird die Zahlung dagegen in einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung eingebracht, ist es anders: Hier fallen ggf. sowohl bei Ein- als auch bei Auszahlung (hier auf den Ertragsteil) Steuern an. Nach § 3 Nr. 63 EStG gibt es nur relativ geringe Steuerfreibeträge. Allerdings können sich für Beiträge, die aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geleistet werden, begrenzte zusätzliche Begünstigungen durch Steuerfreiheit oder Pauschalierung der Einkommensteuer ergeben. Zu beachten ist daneben, dass die bAV in der Ein- wie auch in der Auszahlungsphase insbesondere bei gesetzlich kranken- und pflegeversicherten Personen zumindest teilweise beitragspflichtig sein kann.

 

Rentenabschläge prüfen …

Nehmen Mitarbeitende an Freiwilligenprogrammen teil und wechseln sie nicht zu einem anderen Arbeitgeber, hat das Folgen für ihre soziale Absicherung. Beispielsweise können ältere Beschäftigte oft nicht 24 Monate, sondern nur 18 Monate Arbeitslosengeld beziehen, sodass manche doch bereits vorzeitig die Altersrente in Anspruch nehmen. Die Folgen: Abschläge in der gesetzlichen Rente und natürlich fehlende Beitragsjahre. Mitarbeitende stellen sich daher zu Recht die Frage, wie hoch am Ende die eigene Rente sein wird und wie Abschläge abgefedert werden können. Die Antwort darauf ist wie so oft: Es kommt darauf an. Aber jedenfalls kennt die gesetzliche Rentenversicherung Ausgleichszahlungen, um eine Minderung der Rentenhöhe durch die vorzeitige Inanspruchnahme zu vermeiden.

 

… und ausgleichen

In der Praxis werden häufig Abfindungszahlungen zur Finanzierung herangezogen oder aber der Arbeitgeber beteiligt sich direkt an der Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung. Der Kauf zusätzlicher Entgeltpunkte, der ab dem 50. Lebensjahr möglich ist, ist seit dem 1. Januar 2025 leider erheblich teurer als zuvor: Der „Kaufpreis“ pro Entgeltpunkt stieg in den alten Bundesländern um 11,3 Prozent und in den neuen sogar um 12,9 Prozent. Die steuerliche Abzugsfähigkeit solcher Zahlungen bleibt ein weiteres zentrales Thema: Während 2024 ein Höchstbetrag von 27.566 Euro für Vorsorgeaufwendungen galt, steigt dieser 2025 auf 29.344 Euro.

Folgen für die Krankenversicherung …

Bei der Kranken- und Pflegeversicherung gibt es Unterschiede zwischen privat und gesetzlich Versicherten. Für privat Versicherte, die das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, könnte die Teilnahme an einem Personalabbauprogramm die Möglichkeit eröffnen, in das gesetzliche System zurückzukehren. Eine Rückkehr ist zwar nur unter sehr restriktiven Bedingungen möglich, aber gerade in einer derartigen Umbruchphase je nach individueller Situation denkbar.

… bei gesetzlich Versicherten …

Insbesondere für gesetzlich Versicherte ist es wichtig zu verstehen, was sie beim Eintritt in den Ruhestand erwartet. Als Rentner zahlen sie nicht nur den halben Beitrag bezogen auf ihre gesetzliche Rente, sondern zusätzlich meist den vollen Beitrag auf Leistungen der bAV. Für einen Überblick bieten sich Renteninformationen und Statusauskünfte des Versorgungsträgers an. Hier ist Vorsicht geboten, da es sich bei den angegebenen Werten in der Regel um Bruttobeträge (und Schätzwerte) handelt. Das heißt, Kranken- und Pflegversicherungsbeiträge sowie steuerliche Abzüge sind zu ermitteln und gedanklich abzuziehen.

… und privat Versicherten

Für privat versicherte Rentner gibt es ebenfalls einige wichtige Punkte zu beachten. Viele sind überrascht, wenn sie dann feststellen, dass der Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung (PKV) nicht mehr so hoch ist wie während der Erwerbstätigkeit. Beschäftigte erhalten von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss, der oft die Hälfte des Versicherungsbeitrags abdeckt. Dieser wird im Rentenalter durch den Rentenversicherungsträger übernommen. Allerdings orientiert sich der Zuschuss der Rentenversicherung an einem festen Prozentsatz der individuellen gesetzlichen Rente, unabhängig davon, wie hoch die tatsächlichen Beiträge zur PKV sind.

Mit einem Durchschnittsalter von knapp 45 Jahren ist die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland eine der ältesten weltweit. Die Zielgruppe der rentennäheren Jahrgänge für Vorruhestandsprogramme ist daher verhältnismäßig groß. Durch das Angebot eines Restrukturierungsprogramms müssen Unternehmen aber dennoch nicht befürchten, automatisch das wertvolle Wissen langjähriger Mitarbeitender zu verlieren. Sachlich abgrenzbare Mitarbeitergruppen, bestimmte Unternehmensbereiche oder Hierarchiestufen können von der Programmteilnahme ausgenommen werden. Außerdem kann für bestimmte Leistungsträger auch die Bedingung einer längeren Übergangszeit vereinbart werden. Jedes Unternehmen hat ganz eigene Präferenzen, sodass nur die maßgeschneiderte Ausgestaltung eines solchen Programms umfassend den gewünschten Erfolg bieten kann.

Vorauszahlungen möglich

Interessant kann es für privat oder freiwillig gesetzlich Versicherte sein, die Beiträge zur Krankenversicherung im Voraus zu zahlen. Die Vorauszahlung ist bis zum Dreifachen des Jahresbeitrags möglich und bietet steuerliche Vorteile, da in den Folgejahren übrige Vorsorgeaufwendungen steuerlich berücksichtigt werden können, die ohne Vorauszahlung der Krankenversicherungsbeiträge aufgrund des schnell erreichten Höchstbetrags für sonstige Vorsorgeaufwendungen unberücksichtigt geblieben wären. Das kann die Steuerlast in einem Jahr mit hohem Einkommen, beispielsweise durch eine Abfindungszahlung, deutlich mindern.

Auslandstätigkeiten … 

Gerade in großen Unternehmen sind internationale Einsätze durchaus üblich. Bei solchen Mitarbeitenden sollte geprüft werden, ob die Besteuerung bei Abfindungs- oder Sonderzahlungen möglicherweise zwischen den betroffenen Staaten aufzuteilen ist. In der Regel wird bei Abfindungen eine zeitanteilige Aufteilung vorgenommen. Wichtig ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer alle erforderlichen Nachweise zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung vorhalten, etwa Besteuerungsnachweise im Ausland und Reisekalender.

… umfassend prüfen

Frühere Auslandstätigkeiten spielen nicht nur für die Besteuerung eine wichtige Rolle. Mitarbeitende, die während ihres internationalen Einsatzes in verschiedenen Ländern in deren Rentensystem eingezahlt haben, könnten feststellen, dass ihre deutsche Rente geringer ausfällt als erwartet. Daher ist es wichtig, genau zu wissen, wie Ansprüche aus ausländischen Rentensystemen geltend gemacht werden können. Hierzu gehört die Klärung von Fragen wie den folgenden: Welche Dokumente sind für die Beantragung erforderlich? Wo und wie erfolgt die Antragstellung? Und wie hoch werden die Rentenleistungen aus dem Ausland voraussichtlich sein?

Die weichen Faktoren

So wie der Kostendruck auf Unternehmern lastet, lastet auf betroffenen Mitarbeitenden die Ungewissheit über ihre persönliche und wirtschaftliche Zukunft. Nicht immer handeln Menschen in Drucksituationen rational und kaufmännisch nachvollziehbar. Die Tatsache, dass der eigene Arbeitsplatz zur Disposition steht, kann eine tiefe Verunsicherung und Ängste, auch Enttäuschung und sogar ein Gefühl der Wertlosigkeit hervorrufen. Deshalb ist es besonders wichtig, den Menschen und seine Bedürfnisse im Rahmen eines solchen Programms in den Mittelpunkt zu stellen und bei allen Gesprächen über die konkreten Folgen der Teilnahme eine vertrauensvolle Atmosphäre voller Respekt und Verständnis zu schaffen.

Ansprechpersonen: Nancy Adam, Isabella Kothen, Gordon Rösch, Wolfgang Hardt

Fazit

Der ganzheitliche Ansatz ist der Schlüssel! Ein externer Berater ist weit mehr als ein Vermittler von Informationen. Er ist Moderator, Kommunikator, Vertrauensperson und Problemlöser – gegenüber den Programmteilnehmenden genauso wie gegenüber den Projektverantwortlichen im Unternehmen. Mit seiner Unterstützung wird nicht nur die Personalabteilung entlastet, sondern auch ein klar strukturierter und menschlich einfühlsamer Prozess sichergestellt. Durch den Einsatz moderner IT-Lösungen wird zusätzlich die Komplexität reduziert und ein reibungsloser Ablauf gewährleistet.

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