Eine Mitarbeiterin serviert einer Kundin zwei frische Kaffees in Pappbechern zum Mitnehmen

Was die neuen Regelungen zur Verpackungssteuer und Recyclingquoten für Unternehmen bedeuten

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Brüssel und Karlsruhe erhöhen den Druck, Kunststoffverpackungen umweltfreundlicher zu gestalten.

Überblick

  • Ab 2025 müssen Unternehmen höhere Recyclinganteile in Kunststoffverpackungen gemäß der neuen EU-Verpackungsverordnung einhalten.
  • Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Kommunen lokale Verpackungssteuern erheben dürfen, was neue Regelungen für Einwegverpackungen ermöglicht.
  • Die Entscheidung hat Signalwirkung für andere Kommunen und könnte die Einführung einer einheitlichen Verpackungssteuer auf Bundesebene vorantreiben.

Das Jahr 2025 bringt zwei grundlegende Neuerungen, die Unternehmen bei Plastikverpackungen für Endverbraucher noch stärker in die Pflicht nehmen: Zum einen tritt die EU-Verpackungsverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation, kurz PPWR) in Kraft, die insbesondere einen hohen Mindestanteil von Recycling- Material bei Kunststoffverpackungen vorsieht, zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Kommunen lokale Verpackungssteuern erheben dürfen.

Rezyklat

Übergeordnetes Ziel der PPWR ist es, gegen ständig wachsende Abfallmengen vorzugehen, die Binnenmarktvorschriften zu vereinheitlichen und die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Deshalb wird für bestimmte Kunststoffverpackungen ein Mindestanteil an recyceltem Material („post consumer scrap“) vorgeschrieben. Dessen Höhe bestimmt sich nach Verpackungstyp und konkretem Material. Sofern die PPWR keine spezifischen Vorgaben enthält, gilt grundsätzlich ab 2030 ein Mindestanteil von 35 Prozent, der auf 65 Prozent im Jahr 2040 steigt. Dauerhaft ausgenommen sind u. a. Primärverpackungen von Arzneimitteln und kompostierbare Kunststoffverpackungen.

Design und …

Brüssel macht zudem verschiedene Vorgaben zum Verpackungsdesign. Das betrifft etwa Nachhaltigkeits- und Kennzeichnungsanforderungen. Auch wird der sogenannte Leerraum bei Um- und Transportverpackungen beschränkt. Dieser darf im Verhältnis zum Gesamtvolumen der Um- und Transportverpackungen nur noch maximal 50 Prozent betragen. Genauere Vorgaben zur Berechnung liefert die EU-Kommission in einem gesonderten Rechtsakt.

… Verbote

Die Verordnung sieht auch ausdrückliche Verbote vor. Betroffen sind sechs Verpackungsformate, die in Anhang V der PPWR gelistet sind. Konkret handelt es sich um sehr leichte Kunststofftragetaschen, um Einwegkunststoffverpackungen für bestimmte Verwendungen im Lebensmittelbereich (z. B. für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse) und um Einwegverpackungen im Beherbergungssektor. Zudem ergänzt die PPWR den Verbotskatalog der EU-Einwegkunststoffprodukte-Richtlinie (Single-Use Plastics Directive, kurz SUPD). Betroffen sind hier insbesondere Verpackungen aus bestimmten Kunststoffen aus dem To-go-Bereich.

Fristen

Im Wesentlichen gilt die Brüsseler Verordnung ab dem 12. August 2026. Für einzelne Bestimmungen wie den Mindestrezyklatanteil sind längere Fristen vorgesehen. Ohnehin muss die EU-Kommission in Bezug auf einzelne Regelungen noch ergänzende Bestimmungen erlassen. Beim Anteil von recyceltem Kunststoff zum Beispiel muss die EU-Kommission die Methode zur Berechnung des Prozentsatzes in einem gesonderten Rechtsakt festlegen. Falls das nicht bis Ende 2026 geschieht, werden die Vorgaben zum Mindestanteil erst drei Jahre nach Erlass der ergänzenden Rechtsakte durch die Kommission bindend.

Tübingen hat recht

Neue Möglichkeiten zur Minderung des Verpackungsaufkommens auf regionaler Ebene eröffnet das Bundesverfassungsgericht. Die Richter haben in einem im Januar veröffentlichten Beschluss entschieden, dass Kommunen eine lokale Verpackungssteuer erheben dürfen (Beschluss vom 27. November 2024, Az.: 1 BvR 1726/23).

Der Fall: Die Stadt Tübingen erhebt seit 2022 in ihrem Gemeindegebiet Steuern auf Einwegverpackungen. Beispielsweise fallen für Kaffeebecher und Einweggeschirr 50 Cent und für Einwegbesteck 20 Cent an. Die Betreiberin einer Fast-Food-Kette im Gemeindegebiet sah sich dadurch in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt und erhob Verfassungsbeschwerde. Sie begründete dies damit, die Steuer führe im niedrigpreisigen Speisen- und Getränkesegment zu einem faktischen Verbot von Einwegverpackungen, da die Abwälzung der Steuer auf die Verbraucher nicht realistisch sei. Außerdem fehle es an der Gesetzgebungskompetenz und die Steuer stehe mit bundesrechtlichen Regelungen im Widerspruch.

Begründung

Diesem Verständnis folgten die Karlsruher Richter nicht. Vielmehr entschieden sie, dass die lokale Verpackungssteuer nicht zu einem Widerspruch oder einer Doppelbelastung im Gesamtsystem der verpackungsrechtlichen Regulatorik führe. Die Lenkungswirkung der lokalen Verpackungssteuer sei mit Regelungen auf europäischer und Bundesebene vergleichbar, etwa dem Kreislaufwirtschaftsgesetz, dem Einwegkunststofffondsgesetz oder der EU-Verpackungsverordnung. Die einzelnen Instrumente des Gesamtsystems ergänzten sich dabei gegenseitig. Die Tübinger Steuer verletze die klagende Fast-Food-Ketten-Betreiberin auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die in der Tübinger Satzung vorgesehenen Alternativen wie beispielsweise ein Mehrwegsystem oder die Rücknahme der Verpackungen rechtfertigten den Eingriff.

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Fazit 

Die Entscheidung hat weit über die Universitätsstadt in der Region Neckar-Alb hinaus Relevanz. Sie schafft Rechtssicherheit darüber, ob Kommunen lokale Verpackungssteuern erheben dürfen. So erklärten bereits verschiedene Kommunen wie Konstanz und Gießen, dass sie – in Abhängigkeit von der Karlsruher Entscheidung – die Einführung einer solchen Steuer erwägen. Zudem könnte die Entscheidung neuen Schwung in die Debatte um die Einführung einer einheitlichen Verpackungs- oder Plastiksteuer auf Bundesebene bringen.

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