Wie das Großprojekt Carve-out gemeistert werden kann

Warum die steuerliche Förderung von Batteriespeichern nicht ausreicht, um die Energiewende zu sichern

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Kommunen erhalten voraussichtlich nun auch für die Ansiedlung von Batteriespeichern fiskalische Anreize. Doch das reicht wieder nicht.

Überblick

  • Bis 2045 werden 180 GWh Kapazität benötigt, aktuell sind nur 1,5 GWh installiert.
  • Standortgemeinden von Energieprojekten profitieren oft nicht finanziell.
  • Der Ländererlass 2023 schließt Speicher mit Netzstrom aus, obwohl sie wichtig für die Energiewende sind.
  • Das Jahressteuergesetz 2024 ist ein Schritt, adressiert aber nicht alle zukünftigen Herausforderungen.

Große Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien werden vielfältiger. Bisher lag der Fokus auf der Errichtung von Solar- und Windparks. Nun gewinnen etwa Batteriespeichersysteme an Bedeutung. Sie dämpfen die Volatilität der Wind- und Solarenergie und tragen zur umfassenden, stabilen Versorgung mit erneuerbaren Energien bei. So schätzt das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, dass die Realisierung der Energiewende den Bau Tausender Großspeichersysteme erfordert: bis 2030 circa 100 Gigawattstunden und bis 2045 circa 180 Gigawattstunden. Stand Januar 2024 betrug die installierte Kapazität in Deutschland gerade einmal 1,5 Gigawattstunden. Nun stellt sich die Frage, ob die Politik – und hier insbesondere die Steuerpolitik – die richtigen Anreize zur Ansiedlung solcher Anlagen setzt.

Das Dilemma

Tatsächlich hat die Politik im Jahr 2014 beschlossen, die Gewerbesteuer zu benutzen, um den Ausbau erneuerbarer Energien auf kommunaler Ebene zu fördern. Grundsätzlich gilt bei der Gewerbesteuer, dass sie jeweils der Gemeinde zugutekommen soll, in der ein Gewerbebetrieb betrieben wird. Bei Standorten in mehreren Kommunen sieht das Gewerbesteuergesetz eine Zerlegung der Gewerbesteuer nach Lohnsummen vor. Die Gewerbesteuer kommt daher der bzw. den Gemeinden zugute, in denen die Beschäftigten eines Unternehmens ihrer Tätigkeit nachgehen. Allerdings haben die Betreibergesellschaften von Erneuerbare-Energien-Projekten häufig keine Arbeitnehmer an den Orten, wo der Strom produziert wird. Folge: Die Standortgemeinden der Solar- und Windparks haben den Ärger der Anwohner, aber keinen Anteil an der Gewerbesteuer.

Erste Maßnahmen

Aus diesem Grund gibt es seit 2014 einen Sondermaßstab für die Zerlegung der Gewerbesteuer für Unternehmen, die ausschließlich Wind- und Solarenergieanlagen betreiben. Die damalige Regelung sah vor, dass 70 Prozent der Gewerbesteuer am Belegenheitsort der Anlagen anfallen und 30 Prozent nach Lohnsummen aufgeteilt werden. Im Jahr 2021 schärfte der Gesetzgeber nach und passte den Sonderzerlegungsmaßstab an: Seither stehen 90 Prozent der Gewerbesteuer den Belegenheitsgemeinden zu, während nur noch 10 Prozent nach Lohnsummen allokiert werden.

Windkraftanlagen mit grossen Batteriespeicher auf einem Feld unter bewoelktem Himmel
Batteriespeicher vor Windkraftanlagen

Neue Probleme …

In der Praxis ging die Entwicklung weiter: Häufig werden nun Batteriespeichersysteme direkt an Wind- und Solarparks angeschlossen. Durch die unmittelbare Verbindung wird die energetische Effizienz erheblich gesteigert, da Netzverluste durch den Transport minimiert werden. Allerdings war der Sonderzerlegungsmaßstab von 2014 eng auf die Erzeugung von erneuerbaren Energien ausgelegt. Die Betreibergesellschaft einer Batteriegroßspeicheranlage fällt nicht darunter. Folge: keine Gewerbesteuer für die Standortgemeinden. Allerdings fordern die Standortgemeinden im Rahmen von Genehmigungsprozessen immer häufiger eine klare Zusage der Betreiber, dass sie vom Bau einer Anlage auf ihrem Gebiet in Form eines entsprechenden Gewerbesteueraufkommens profitieren werden

 

… führen zu einem Ländererlass, der aber zu kurz greift

In Reaktion auf dieses Problem haben sich die obersten Finanzbehörden der Länder im November 2023 in einem Ländererlass positioniert. Danach kann der Sonderzerlegungsmaßstab angewandt werden, wenn in den Batteriespeichern ausschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen („Grünstom“) gespeichert wird. Diese Interpretation erkennt die wichtige Rolle von Batteriespeichern im Rahmen der Energiewende zwar an und eröffnet eine Möglichkeit, die Standortkommunen auch hier an den Steuereinnahmen zu beteiligen, in der Praxis greift diese Regelung aber eindeutig zu kurz. So kann es etwa vorkommen, dass ein Windpark wegen Flaute wenig oder keine Energie liefert. In solchen Zeiten ist es sinnvoll, günstige Energie aus dem allgemeinen Stromnetz – also den sogenannten Graustrom – zu beziehen und im Speicher zwischenzulagern. Auch wenn dann nicht mehr nur Grünstrom gespeichert wird, tragen die Batteriegroßspeicher doch dazu bei, die Volatilität der Energieversorgung zu reduzieren und damit eine große Herausforderung der Energiewende zu lösen.

Jahressteuergesetz 2024

Hieraus ergab sich ein erneuter Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. Die Bundesregierung schlug im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024)vor, den Sonderzerlegungsmaßstab auf alle Batteriespeicheranlagen auszuweiten. Damit würde eine erhebliche Hürde für die Genehmigung neuer Anlagen und damit eine große Unsicherheit für Betreiber und Standortgemeinden abgebaut werden. Zum Stand der Drucklegung wird das JStG 2024 am 22.11.2024 dem Bundesrat zur abschließenden Beratung vorgelegt.

Problem gelöst?

Jedoch scheint der Gesetzgeber einmal mehr zu zaghaft zu handeln. Denn so richtig die Einbeziehung von Batteriegroßspeichersystemen in die Sonderzerlegung bei der Gewerbesteuer ist, so erfordert die Energiewende doch einen grundlegenderen Blick. So ist zu befürchten, dass sich ähnliche Genehmigungshürden zum Beispiel im Zusammenhang mit Wasserstoffspeichern, Geothermie-Anlagen oder großen Netzverknüpfungspunkten ergeben werden. Ein Gesetzgeber, der den Dringlichkeiten der Energiewende angemessen begegnet, sollte umfassend und proaktiv handeln.

Co-Autor:innen: Andreas Dietrich, Vanessa Günther

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