Der Bundesfinanzhof hat seine bisherige Rechtsprechung zur Umsatzsteuerpflicht der Vermietung von Betriebsvorrichtungen zusammen mit Immobilien geändert. Vorangegangen ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Daraus ergeben sich potenziell weitreichende Konsequenzen insbesondere für Vermieter von Gewerbeimmobilien. Unter anderem aus dem sich daraus ergebenden Vorsteuerabzugsverbot könnte auf sie erheblicher Handlungsbedarf zukommen. Auch sind weitere Auswirkungen, unter anderem im Bereich der Veräußerung von Immobilien, denkbar.
Rechtslage
Gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG ist die Vermietung von Grundstücken, Gebäuden oder Teilen davon umsatzsteuerfrei. Die Vermietung von Betriebsvorrichtungen ist gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG hingegen umsatzsteuerpflichtig. BFH und Finanzverwaltung gingen bisher davon aus, dass sich aus diesem Satz ein Aufteilungsgebot ergäbe. Die Vermietung von Betriebsvorrichtungen sei auch dann umsatzsteuerpflichtig, wenn sie zusammen mit der Vermietung des Grundstücks oder Gebäudes im Rahmen einer einheitlichen Mietleistung geschehe. Der EuGH hat jedoch in einem Urteil vom 04.05.2023 (C-516/21) anders entschieden: Eine einheitliche Leistung ist umsatzsteuerrechtlich auch einheitlich einzuordnen. Sie kann entweder nur insgesamt umsatzsteuerfrei oder insgesamt umsatzsteuerpflichtig sein. Zu welcher Seite das Pendel ausschlägt, richtet sich nach dem Schwerpunkt bzw. der Hauptleistung.
Spezialbeleuchtung und Futterspirale
Der Entscheidung des EuGH folgend hat der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben. Stattdessen entschied er im Fall einer Vermietung eines Putenstalls mit Vorrichtungen zur Putenaufzucht wie folgt: Wenn die Vermietung oder Verpachtung von Betriebsvorrichtungen eine Nebenleistung zu einer umsatzsteuerfreien Vermietung oder Verpachtung eines Gebäudes oder Grundstücks darstellt, ist auch die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen umsatzsteuerfrei (BFH-Beschluss vom 17.08.2023, V R 7/23 [V R 22/20]). Auf diese geänderte Rechtsauffassung nimmt der BFH mittlerweile auch in einer weiteren Entscheidung Bezug (BFH vom 31.08.2023, XI R 89/22).
Handlungsbedarf für Steuerpflichtige
Die Entscheidung des BFH hat erhebliche Auswirkungen auf Steuerpflichtige, insbesondere auf Vermieter von Immobilien. Da die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen im Rahmen einer umsatzsteuerfreien Immobilienvermietung nun typischerweise ebenfalls umsatzsteuerfrei einzustufen ist, können auf damit verbundene Eingangsleistungen keine Vorsteuern mehr abgezogen werden. Dies wiederum hat Konsequenzen für die betriebswirtschaftliche Kalkulation des Mietzinses. Auch müssen Vermieter die Ausgestaltung bestehender und künftiger Mietverträge überprüfen und ggf. die Steuerschlüssel für die Quote des Vorsteuerabzugs auf Allgemeinkosten neu berechnen.
Ausblick
Es bleibt abzuwarten, wie Finanzverwaltung und Gesetzgeber auf diese Entscheidung reagieren. Nicht auszuschließen ist, dass der Gesetzgeber versuchen wird, die bisherige Rechtsaufassung der Finanzverwaltung durch eine Gesetzesänderung beizubehalten. Wenn die Finanzverwaltung ihre Rechtsauffassung anpasst, könnte das BMF Nichtbeanstandungsregelungen für die Vergangenheit samt Übergangsfrist aussprechen. Zivilrechtlich ist dann zu klären, ob ein Mieter darauf bestehen kann, dass die Mitvermietung des Betriebsvermögens auch für die von der Finanzverwaltung nicht beanstandeten Zeiträume umsatzsteuerfrei durchzuführen ist. Für den Vermieter wiederum kann zu prüfen sein, ob der Verlust des Vorsteuerabzugs ein Umstand ist, der ggf. als Störung der Geschäftsgrundlage i. S. d. § 313 BGB geltend gemacht werden kann.
Autor:innen: Hans-Hinrich von Cölln, Annika Seubert