Pressemitteilung
13 Mai 2025  | Stuttgart, DE

Industrieunternehmen wollen trotz Gegenwinds an Dekarbonisierung festhalten

  • Nur 17 Prozent stellen Dekarbonisierungsmaßnahmen wegen aktueller geopolitischer Entwicklungen zurück
  • Aber 52 Prozent investieren wegen Konjunkturschwäche weniger als geplant
  • Jedes dritte Unternehmen sorgt sich vor globaler Rezession und Auswirkungen auf die Klimaziele 
  • Unternehmen planen im Jahr 2025 Energieeinsparungen um 14 Prozent
  • Bürokratie wird immer mehr zum Hemmschuh - Verlagerungen ins Ausland bei jedem neunten Unternehmen ein Thema  

Der Gegenwind nimmt zu: Die Konjunktur schwächelt, der internationale Wettbewerb intensiviert sich und die neue US-Regierung hält wenig von Nachhaltigkeit. Dennoch halten die meisten deutschen Industrieunternehmen an ihren Vorhaben fest, den Energieverbrauch zu reduzieren und Maßnahmen zur Dekarbonisierung voranzutreiben – nur 17 Prozent der Unternehmen haben Projekte zurückgestellt. 

Schon in den vergangenen Jahren haben deutsche Unternehmen erhebliche Anstrengungen unternommen, um ihren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß zu reduzieren. Jeweils 75 Prozent haben den Energieverbrauch reduziert und auf Erneuerbare Energien umgestellt, zwei von drei Unternehmen haben die Fahrzeugflotte ganz oder teilweise auf Elektromobilität umgestellt. Genauso viele Unternehmen erzeugen ihren eigenen Strom per Photovoltaik. Eine weitere Reduzierung der Energieintensität planen aktuell 42 Prozent der Unternehmen, die (weitere) Umstellung auf Erneuerbare Energien steht bei jedem zweiten Unternehmen auf der Agenda. 

Aktuell investieren die Industrieunternehmen durchschnittlich 2,2 Prozent ihres Jahresumsatzes in Dekarbonisierungsmaßnahmen – im kommenden Jahr werden diese Ausgaben nach eigener Einschätzung bei 60 Prozent der Unternehmen steigen und nur bei sechs Prozent sinken. Ursprünglich war allerdings ein noch stärkeres Investitionswachstum vorgesehen: Bei gut der Hälfte der Unternehmen (52 Prozent) werden die Dekarbonisierungsinvestitionen aufgrund der schwachen Konjunktur geringer ausfallen als eigentlich geplant.

Das sind Ergebnisse einer Studie von EY-Parthenon, der Strategieberatung von EY, für die im Winter 2024/2025 insgesamt 206 Unternehmen befragt wurden, von denen 31 Prozent einen Jahresumsatz von mehr als 1 Milliarde Euro aufweisen. 

Mit Sorge blicken die Unternehmen auf die aktuelle geopolitische und konjunkturelle Lage: Knapp jedes dritte Unternehmen fürchtet eine globale Wirtschaftskrise – und dieses Szenario hätte auch Einfluss auf die Umsetzung der Klimaziele der befragten Unternehmen, sagt Simon Fahrenholz, Partner bei EY und Leiter der Nachhaltigkeitsberatung im Geschäftsbereich Strategy and Transactions: „Wir sehen derzeit zwei Entwicklungen: Einerseits haben sich Maßnahmen zur Einsparung von Energie und Treibhausgasen inzwischen fest bei den Unternehmen etabliert – nicht zuletzt, weil sich auf diese Weise durchaus auch Geld sparen lässt. An diesem eingeschlagenen Weg werden die Unternehmen festhalten. Auf der anderen Seite führt die schwache Wirtschaftsentwicklung bei den meisten Unternehmen zu einem konsequenten Sparkurs, der auch Nachhaltigkeitsmaßnahmen betrifft. Allzu hochfliegende Pläne verschwinden erst einmal wieder in der Schublade oder werden zumindest zurückgestellt in der Hoffnung auf bessere Zeiten. Und: Es braucht einen Business Case. Je teurer die Maßnahmen, desto mehr gilt: Die Investitionen müssen sich rechnen.“

Wachsende Kritik an deutscher Bürokratie

Nach wie vor lassen zudem die Rahmenbedingungen am Standort Deutschland aus Unternehmenssicht allerdings deutlich zu wünschen übrig: 85 Prozent der befragten Unternehmen bezeichnen die Bürokratie in Deutschland als eine der größten Hürden bei der Dekarbonisierung – vor einem Jahr lag der Anteil bei 76 Prozent. Langsame Planungs- und Genehmigungsverfahren sind aus Sicht von 62 Prozent ein Hemmschuh (Vorjahr: 75 Prozent). 

Zudem betont Fahrenholz: „Das Hin und Her bei den politischen Rahmenbedingungen sorgt in vielen Chefetagen für Verunsicherung. Sowohl auf nationaler wie auch auf EU-Ebene ist vieles im Fluss, Unternehmen können sich nicht darauf verlassen, dass die regulatorischen Vorgaben von heute auch in einem Jahr noch gelten. Das macht es für Unternehmen sehr schwer, größere Investitionen anzugehen, die viele Jahre brauchen, um ihre Wirkung zu entfalten.“ Immerhin 48 Prozent der Befragten bezeichnen politische Unsicherheit als eine der größten Herausforderungen beim Setzen der eigenen Dekarbonisierungsziele.

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten und angesichts knapper öffentlicher Kassen ließe sich durch eine Entschlackung der Vorschriften, eine Klärung von Zuständigkeiten und eine Beschleunigung von Verfahren allerdings sehr viel erreichen, betont Fahrenholz: „Wenn Dekarbonisierungsprojekte scheitern, dann oftmals nicht weil nicht genug Geld für die Investition zur Verfügung steht, sondern weil die Unternehmen die oft mehrjährige Odyssee durch verschiedene Ämter scheuen und davor zurückschrecken, Gutachten erstellen zu lassen, Prüfungen durchzuführen und Genehmigungen einzuholen – mit ungewissem Ausgang. Und ob dann die Vorschriften von heute überhaupt noch gelten, weiß ohnehin niemand“.

Abwanderung für jedes neunte Unternehmen ein Thema

Eine Möglichkeit, den Standortnachteilen Deutschlands in Sachen Dekarbonisierung zu begegnen: stärker im Ausland produzieren oder gar Produktion von Deutschland ins Ausland verlagern. Eine Verlagerung ins Ausland fasst gut jedes neunte Unternehmen (11 Prozent) ins Auge – vor einem Jahr lag der Anteil mit 13 Prozent geringfügig höher. 

„Unternehmen, die in Deutschland produzieren, müssen massiv auf die Kosten achten, um im weltweiten Wettbewerb mithalten zu können. Denn Deutschland ist ein Hochlohnstandort mit hohen Energiepreisen. Eine Verlagerung der Produktion ins Ausland ist dennoch für die meisten Unternehmen kein Thema, weil der Aufwand groß und mit erheblichen Risiken verbunden ist. Dennoch: gerade kostengünstigere osteuropäische Länder bleiben für deutsche Industrieunternehmen ein attraktiver Produktionsstandort, gerade wenn es um einen Neuaufbau einer dekarbonisierten Produktion geht. Bei größeren Neuinvestitionen spielt Deutschland eine immer geringere Rolle.“

Unternehmen ergreifen zahlreiche Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs

Die konkreten Maßnahmen, die die Unternehmen ergreifen, um hierzulande ihren CO2-Fußabdruck zu verringern, sind sehr vielfältig – Maßnahmen, welche auch die Energiekosten positiv beeinflussen, stehen dabei im Vordergrund: Gut neu von zehn Unternehmen (91 Prozent) haben ihre Beleuchtung auf LED umgestellt, 73 Prozent nutzen Abwärme bzw. Wärmerückgewinnung und 70 Prozent setzen in der Produktion auf Technologien mit höherer Energieeffizienz. Zudem haben 64 Prozent mit Renovierungsmaßnahmen die Energieeffizienz von Büro- oder Produktionsgebäuden verbessert.

Obendrein haben 66 Prozent der Unternehmen ihre Energieversorgung teilweise auf Photovoltaik umgestellt, 63 Prozent nutzen Grünstrom, 31 Prozent die Wärmepumpentechnologie. 

Von den befragten Unternehmen hat sich mehr als jedes zweite (55 Prozent) ein konkretes Ziel für den eigenen Energieverbrauch gesetzt – im Durchschnitt liegt die angepeilte Reduktion bei 14 Prozent. Größere Unternehmen mit einem Jahresumsatz oberhalb von einer Milliarde Euro wollen ihren Energieverbrauch überdurchschnittlich stark – um 16 Prozent – reduzieren. 

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