Ohne (geldwerten) Vorteil kein Arbeitslohn
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind auch die Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung (Gesamtsozialversicherung) als Arbeitslohn anzusehen. Doch wenn der Arbeitgeber aufgrund eines Summenbescheids (nachträglich) Beiträge zur Gesamtsozialversicherung entrichtet, führt dies nicht zu Arbeitslohn (BFH, Urteil vom 15.06.2023, VI R 27/20). Denn durch diese Beiträge erhalten Beschäftigte keinen Anspruch auf Leistungen der Versicherungsträger.
Urteilsfall
Klägerin gewährte pauschal versteuerte Sachzuwendungen
Im Streitfall gewährte die Klägerin ihren Beschäftigten Sachzuwendungen (im Wesentlichen Kosten für Veranstaltungen), die sie pauschal nach § 37b EStG versteuerte, ohne sie den einzelnen Teilnehmern zuzuordnen. Sie ging fälschlicherweise davon aus, dass kein sozialversicherungspflichtiges Entgelt vorliegt.
Nachentrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen
Die Konzernmutter der Klägerin vereinbarte mit der Deutschen Rentenversicherung Bund, dass die Sozialversicherungsbeiträge für die Zuwendungen über pauschalierte Summenbescheide (§ 28f Abs. 2 SGB IV) erhoben werden. Eine individuelle Zurechnung zu Lohnkonten fand demnach nicht statt.
Finanzamt erlässt Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid
Das Finanzamt ermittelte im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung aus den Summenbescheiden Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und erließ einen Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid. (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 24.01.2020 (2 K 1041/17) statt, woraufhin das Finanzamt Revision vor dem BFH einlegte.
BFH-Urteil
Beiträge zur Sozialversicherung als Arbeitslohn
Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers (wie etwa Beiträge zur Arbeitslosen-, Kranken- und Rentenversicherung) sind laut Urteilsbegründung Arbeitslohn, wenn dem Arbeitnehmer ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung der betreffenden Versorgungseinrichtung zusteht (Senatsurteil vom 24.08.2017, VI R 58/15, BFHE 259, 321, BStBl. II 2018, 72, Rz. 16, m. w. N.).
Summenbescheid
Weiter führt der BFH aus: Wenn ein Arbeitgeber – wie im Streitfall – seine Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und deshalb die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Höhe der Beiträge nicht festgestellt werden können, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung einen Summenbescheid erlassen. So wird verhindert, dass der Sozialkasse Einnahmen entgehen. Dabei führt der Summenbescheid für die beteiligten Versicherungsträger nur zu Einnahmen, nicht dagegen zu Ausgaben für Leistungen.
Unterschied zu personenbezogenen Beiträgen
Wenn der Arbeitgeber dagegen nachträglich personenbezogene Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet, erlangt der Arbeitnehmer gegen den jeweiligen Sozialversicherungsträger einen Rechtsanspruch auf Leistung (Senatsurteil vom 13.09.2007, VI R 54/03, BFHE 219, 49, BStBl. II 2008, 58, Rz. 10). Die Wirkung sei insoweit die gleiche wie bei ordnungsgemäßen (ebenfalls personenbezogenen) Beiträgen und daher fließe dem Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil zu.
Kein geldwerter Vorteil bei Summenbescheid
Doch bei einem Summenbescheid werden die Beiträge pauschaliert erhoben. Sie werden keinem Beitragskonto zugeordnet und daher entstehen nach Auffassung des BFH keine zukünftigen Leistungsansprüche der Arbeitnehmer. Die Zahlung wirke sich nur für die Sozialversicherungsträger vorteilhaft aus.
Fazit und Handlungsempfehlung
Für die Beantwortung der Frage, ob die Zahlung des Arbeitgebers von Beiträgen zur Sozialversicherung zum Zufluss von Arbeitslohn führt, ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung maßgeblich, ob die Beschäftigten dadurch einen Anspruch gegen den Sozialversicherungsträger erhalten.
Erfolgt die Zahlung aufgrund eines Summenbescheids, trifft dies regelmäßig nicht zu. Setzt das Finanzamt in diesem Fall dennoch Lohnsteuer fest, sollte hiergegen Rechtsbehelf eingelegt werden.