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Jahreswechsel 2024/2025: ausgewählte gesetzliche Neuerungen

Auch wenn die Ampel ihre Gesetzesvorhaben nur selektiv umsetzen konnte und viele geplante Änderungen unter den Tisch gefallen sind, wurden einige für international agierende Arbeitgeber und ihre Arbeitnehmer äußerst relevante Neuerungen beschlossen. Zu nennen ist hier insbesondere die Besteuerung von Leistungen ausländischer Versorgungseinrichtungen und von Vergütungen für Zeiträume der Freistellung im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die neue Wegzugsbesteuerung im Zusammenhang mit Investmentanteilen trifft dagegen grundsätzlich nur wenige Steuerpflichte, wenn auch möglicherweise diese dann äußerst hart.

Steuerfortentwicklungsgesetz: höhere Freibeträge und mehr Kindergeld

Anhebung des Grundfreibetrags und Ausgleich der kalten Progression

Mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz hat der Gesetzgeber den Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag angepasst, um die Freistellung des Existenzminimums sicherzustellen. 

Aufgrund des progressiv ausgestalteten Steuertarifs steigt die Steuerlast bei real nicht bzw. weniger stark gestiegenem Einkommen, etwa wenn der Arbeitgeber durch die Gehaltserhöhung lediglich die Inflation kompensiert (kalte Progression). Um diesen Effekt auszugleichen, wurden zusätzlich die Tarifeckwerte nach rechts verschoben. Auch die Freigrenze für die Erhebung des Solidaritätszuschlags wurde nach oben angepasst.

2025

EUR

2026

EUR

Grundfreibetrag

12.096

12.348

Kinderfreibetrag (pro Kind)

6.672

6.828

Freigrenze Solidaritätszuschlag

19.950

20.350

Kindergeld

Das Gesetz enthält auch die Erhöhung des Kindergeldes zum 01.01.2025 um 5 Euro auf 255 Euro je Kind (2026: 259 Euro). Künftig soll das Kindergeld prozentual analog zum Kinderfreibetrag steigen.

Jahressteuergesetz 2024

Das Jahressteuergesetz 2024 bringt eine ganze Reihe von Änderungen. Betroffen sind unter anderem die Besteuerung von Vergütungen für Zeiten der Freistellung und Leistungen aus ausländischen Altersversorgungen.

Nicht umgesetzt wurden dagegen insbesondere die ursprünglich geplante Abschaffung der Lohnsteuerklassenkombination III/V und die Erhöhung des für die günstigere Dienstwagenbesteuerung von Elektrofahrzeugen geltenden Höchstbetrags für den Listenpreis. 

Freistellung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Zuweisung des Besteuerungsrechts nach DBA

Bisher haben Bundesfinanzhof und Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass Art. 15 das OECD-Musterabkommens so auszulegen ist, dass das Besteuerungsrecht für die Vergütung für die im Rahmen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses häufig vereinbarte Freistellung (Garden Leave) dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zusteht. Diese Sichtweise teilen die meisten anderen Staaten jedoch nicht.

Daher wurde § 50d EStG um einen Absatz 15 ergänzt, der ab 2025 nun eine andere Auslegung normiert. Danach gilt bei der Anwendung eines DBA der Arbeitslohn für Zeiten einer widerruflichen oder unwiderruflichen Arbeitsfreistellung im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Vergütung für eine Tätigkeit in dem Staat, in dem ohne die Freistellung die Arbeitsleistung erbracht worden wäre. 

Dies gilt nicht, soweit das anzuwendende DBA in einer gesonderten Vorschrift ausdrücklich eine abweichende Regelung trifft. 

Die Rückfallklausel in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG sowie Rechtsverordnungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (Konsultationsvereinbarungen) gelten vorrangig.
Die Rückfallklausel in § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG sowie Rechtsverordnungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (Konsultationsvereinbarungen) gelten vorrangig.

Ausweitung der beschränkten Steuerpflicht

Damit der deutsche Fiskus von dieser geänderte Auslegung auch bei beschränkter Steuerpflicht zugreifen kann, wurde parallel dazu § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG ein Buchstabe f angefügt. Dieser erweitert die beschränkte Steuerpflicht von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit um Vergütungen für Zeiten der (widerruflichen oder unwiderruflichen) Arbeitsfreistellung im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, soweit ohne die Freistellung die Arbeit während dieser Zeiten im Inland ausgeübt worden wäre. Andernfalls wäre § 50d Abs. 15 EStG bei beschränkter Steuerpflicht ins Leere gelaufen.

Einkünfte aus der unentgeltlichen oder vergünstigten Gewährung von Vermögensbeteiligungen durch den Arbeitgeber

Die Regelungen zur aufgeschobenen Besteuerung von Einkünften aus der Gewährung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers wurden um eine Konzernklausel erweitert.

Danach gilt als Unternehmen des Arbeitgebers im Sinne dieser Vorschrift auch ein Konzernunternehmen (nach § 18 des Aktiengesetzes), wenn die Schwellenwerte von § 19a Abs. 3 EStG in Bezug auf die Gesamtheit aller Konzernunternehmen nicht überschritten werden und die Gründung keines der Konzernunternehmen mehr als 20 Jahre zurückliegt.

Die Neuregelung gilt rückwirkend ab 2024.

Lohnsteuer: Ausübung des Pauschalierungswahlrechts

Neu geregelt wurde auch, wie Arbeitgeber das Pauschalierungswahlrecht ausüben können (§ 40 Abs. 4 EStG). Danach hat der Arbeitgeber grundsätzlich im Rahmen der Übermittlung oder Abgabe einer Lohnsteueranmeldung das Wahlrecht auszuüben, indem er die pauschale Lohnsteuer angibt.

Für den Prüfungszeitraum einer Lohnsteuer-Außenprüfung kann er das Pauschalierungswahlrecht durch schriftliche oder elektronische Erklärung gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt ausüben. Diese Erklärung ist spätestens bis zur Bestandskraft der aufgrund der Lohnsteueraußenprüfung erlassenen Bescheide abzugeben. In diesen Fällen setzt das Betriebsstättenfinanzamt die pauschale Lohnsteuer durch Steuerbescheid fest.

Ausnahme vom Abzugsverbot für Vorsorgeaufwendungen ausgeweitet  

Grundsätzlich sind Vorsorgeaufwendungen nur dann als Sonderausgaben abzugsfähig, soweit sie nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG).  
 
Damit diese Einschränkung mit europäischem Recht konform ist, trifft das Gesetz eine Ausnahmeregelung. Diese galt bisher nur für Vorsorgeaufwendungen, soweit sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz erzielten Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit stehen. Ab dem 01.01.2025 genügt ein entsprechender Zusammenhang mit Einnahmen (jeglicher Einkunftsart), sofern die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Die Beschränkung auf Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit ist demnach entfallen. Auch diese Neuregelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. 

Kein Lohnsteuerjahresausgleich  

In § 42b Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG wurde der Wortlaut „die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder unter Progressionsvorbehalt nach § 34c Abs. 5 von der Lohnsteuer freigestellt waren“ durch „von denen keine inländische Lohnsteuer einbehalten wurde“ ersetzt. Mit dieser Änderung soll verhindert werden, dass die von der Finanzverwaltung geforderte Ausweitung der Anwendung der Tagestabelle nicht im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs konterkariert wird.  

Die neue Auffassung der Verwaltung führt zu einer deutlich höheren steuerlichen Belastung des im Inland steuerpflichtigen Arbeitslohns, beispielsweise wenn Teile des Arbeitslohns bei Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht der Besteuerung im Inland unterliegen. Dies wurde unter anderem von den Wirtschaftsverbänden scharf kritisiert. 

Antrag auf Lohnsteuerermäßigung 

Bisher konnten Arbeitnehmer schon ab 1. Oktober einen Antrag auf Lohnsteuerermäßigung für das folgende Jahr stellen. Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurde der Fristbeginn auf den 1. November verlegt. 

Veranlagungswahlrecht 

Bei beschränkter Steuerpflicht in Deutschland gilt grundsätzlich die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen, durch diesen als abgegolten. Eine der Ausnahmen von dieser Regel war die Antragsveranlagung für EU-/EWR-Bürger, die in einem EU-/EWR-Staat ihren Wohnsitz haben. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass diese Regelung insoweit gegen EU-Recht verstößt, als deutsche und schweizerische Staatsangehörige mit Ansässigkeit in der Schweiz von dieser Wahlmöglichkeit ausgeschlossen sind (Urteil vom 30.05.2024, C-627/22). 
 
Deshalb war § 50 Abs. 2 Satz 8 EStG entsprechend zu ändern. Die Abgeltungswirkung des Quellen- bzw. Lohnsteuerabzugs entfällt jetzt auch für Staatsangehörige eines EU-/EWR-Mitgliedstaates, die in der Schweiz ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, sowie für Schweizer Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaates oder der Schweiz haben. Damit steht auch diesem Personenkreis das Recht zu, die Antragsveranlagung zu wählen. Die Neuregelung gilt in allen noch offenen Fällen. 

Leistungen aus ausländischen Altersversorgungseinrichtungen – Besteuerung verschärft 

Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen oder Direktversicherungen sind grundsätzlich steuerpflichtig (§ 22 Nr. 5 Satz 1 EStG). Ist eine ausländische Versorgungseinrichtung mit diesen deutschen Einrichtungen vergleichbar, fallen ihre Leistungen ebenfalls unter diese Vorschrift. Hierzu zählen anerkanntermaßen auch „401(k) pension plans“.

Die Leistungen der Einrichtung
Die Leistungen der Einrichtung sind insbesondere dann in voller Höhe zu versteuern, wenn die Beiträge durch bestimmte steuerliche Vorschriften gefördert wurden.

Nach bisher geltendem Recht waren dagegen Leistungen aus ausländischen betrieblichen Altersversorgungseinrichtungen auch dann nicht in voller Höhe steuerpflichtig, wenn die gezahlten Beiträge lediglich im Ausland steuerlich begünstigt oder steuerfrei gestellt wurden (BFH, Urteil vom 28.10.2020, X R 29/18). Laut BFH waren Leistungen im Sinne von § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG nur insoweit (nachgelagert) zu besteuern, als sie auf Beiträgen beruhten, auf die tatsächlich bestimmte (im Gesetz genannte) Steuerbefreiungen gewährt wurden, darunter die nach § 3 Nr. 63 und Nr. 66 EStG. Der Steuerpflichtige war im Urteilsfall jedoch während der Ansparphase in Deutschland nicht steuerpflichtig. Die Beiträge waren daher nicht nach deutschem, sondern lediglich nach US-Recht begünstigt worden. Im Ergebnis waren im Urteilsfall die Leistungen aus dem 401(k)-Plan lediglich in Höhe der Differenz zwischen Auszahlung und eingezahlten Beiträgen in Deutschland steuerpflichtig.

Der Gesetzgeber wollte diese Ungleichbehandlung beseitigen und hat daher die Vorschrift um eine zusätzliche Bedingung für die günstigere Besteuerung ergänzt. Danach ist ab 01.01.2025 bei der Besteuerung der volle Betrag anzusetzen, wenn die betreffenden Leistungen auf Beiträgen in eine ausländische Versorgungseinrichtung beruhen, für die bei der Besteuerung im Ausland ein mit der steuerlichen Freistellung oder Begünstigung vergleichbarer Vorteil gewährt wurde.

Änderung des Investmentsteuergesetzes – Wegzugsbesteuerung nun auch bei Fondsanteilen

Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurde schließlich in das Investmentsteuergesetz eine Regelung eingefügt, die weitgehend der im Außensteuergesetz normierten Wegzugsbesteuerung entspricht. Betroffen sind bestimmte Investmentanteile, die im Privatvermögen gehalten werden.

Die neue Vorschrift unterstellt die Veräußerung dieser Anteile zum gemeinen Wert, wenn

  • die unbeschränkte Steuerpflicht des Anlegers endet, weil er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland beendet oder
  • er die Anteile auf eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person überträgt oder
  • das Besteuerungsrecht Deutschlands an dem Veräußerungsgewinn der Anteile verloren geht.

Voraussetzung für die Besteuerung des fiktiven Gewinns ist, dass

  • die Summe der nach § 19 Abs. 1, § 22 und § 56 InvStG ermittelten steuerpflichtigen Gewinne insgesamt positiv ist und
  • der Anleger
    • innerhalb der letzten fünf Jahre vor der fiktiven Veräußerung (unmittelbar oder mittelbar) mindestens 1 Prozent der ausgegebenen Investmentanteile gehalten hat oder
    • im Zeitpunkt der fiktiven Veräußerung unmittelbar oder mittelbar Investmentanteile an dem Fonds hält, deren Anschaffungskosten mindestens 500 000 Euro betragen

Weitere Informationen zu dieser Gesetzesänderung finden Sie hier.

Ausblick

Nachdem die Koalition gescheitert war, war mit großen Reformen nicht mehr zu rechnen. Man darf gespannt sein, wie sich die Regierung nach der Bundestagswahl zusammensetzen wird und welche steuerlichen und andere Gesetzesvorhaben sie auf den Weg bringen wird. Es bleibt zu hoffen, dass die oft beschworenen Vereinfachungen in absehbarer Zeit tatsächlich kommen werden. Wenn man von der Vergangenheit auf die Zukunft schließt, erscheint es jedoch wahrscheinlicher, dass das Steuerrecht weiterhin an Komplexität zunehmen wird.

Autoren: Ursula Beste, Thore Schmitz

Veranstaltungshinweis zu unserem 

Webcast Lohnsteuer Aktuell 2025

Sie möchten mehr zu den neuesten Gesetzesänderungen erfahren? Dann freuen wir uns, Sie zu unserem Live-Video-Webcast am 12.03.2025 begrüßen zu dürfen.

Die Spezialisten der Service Line People Advisory Services – Tax werden Sie über die aktuellen Themen aus dem Bereich der Lohnsteuer und Sozialversicherung informieren und ihre Erfahrungen aus der Beratungspraxis mit Ihnen teilen.

Der Webcast wird aufgezeichnet, sodass Sie ihn jederzeit noch einmal aufrufen und anschauen können.

Folgende Themenschwerpunkte sind vorgesehen: 

  • Gesetzliche Änderungen aus dem JStG 2024 u. a. Was kam, was nicht?
  • Update zur Anwendung der Tagestabelle
  • Wegfall der Fünftelregelung
  • § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. f EStG (Regelung zur Besteuerung während der Arbeitsfreistellung bei beschränkter Steuerpflicht)
  • Update zur Mobilität (Pkw u. a.)
  • Ausübung der Pauschalierungswahlrechte
  • Aktuelle Verwaltungsanweisungen und relevante Rechtsprechung
  • Aktuelles zur Sozialversicherung

Wir freuen uns darauf, Sie über die aktuelle Rechtslage sowie über Gestaltungsmöglichkeiten und offene Rechtsfragen zu informieren, und hoffen auf ein virtuelles Wiedersehen!

Webcast Lohnsteuer Aktuell 2025 12. März 2025 | EY - Deutschland