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Mitarbeiterbeteiligungsprogramme – Verfall nicht ausgeübter virtueller Optionen


Virtuelle Optionen unterscheiden sich von Sondervergütungen, die an den Unternehmensgewinn oder -umsatz gekoppelt sind, da sie lediglich die Möglichkeit eines Gewinns bieten, ohne dass ein solcher für den Mitarbeiter garantiert ist. Deshalb können diese Optionen bei einem Ausscheiden aus dem Unternehmen verfallen, wie das Landesarbeitsgericht München (LAG) am 07.02.2024 (5 Sa 98/23) feststellte.
 

Sachverhalt

In dem verhandelten Fall war der Kläger vom 01.04.2018 bis zum 31.08.2020 bei der Beklagten angestellt. Die Beklagte hatte ihm die Teilnahme an einem virtuellen Optionsprogramm angeboten, das eine Beteiligung am Firmenkapital simuliert. Die Optionen waren nicht sofort ausübbar, sondern sollten über eine bestimmte Zeit hinweg „gevestet“, das heißt stufenweise ausübbar gemacht werden, um die Mitarbeiter zu langfristigem Engagement zu motivieren. Laut den Optionsbedingungen sollten die Optionen jedoch verfallen, falls das Arbeitsverhältnis endet, bevor ein Ausübungsereignis eintritt. Nachdem der Kläger durch Eigenkündigung ausschied, bevor ein solches Ereignis eintrat, und erfolglos versuchte, Ansprüche auf die Optionen geltend zu machen, klagte er auf Feststellung, dass seine Optionen nicht verfallen seien.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht München wies die Klage zurück, das LAG bestätigte dies. Die vertraglich vereinbarte Verfallklausel sei wirksam und verstoße insbesondere nicht gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff. BGB). Die Klausel verletze auch nicht den Grundsatz, dass bereits verdienter Lohn nicht entzogen werden darf, da nur eine potenzielle Verdienstmöglichkeit entzogen würde. Im Gegensatz zu Sondervergütungen hätten virtuelle Optionen, ähnlich wie Aktienoptionen, einen „ungleich größeren spekulativen Charakter“ und dienten mehr als Anreiz für zukünftige Leistungen denn als Gegenleistung für bereits erbrachte Arbeit. Ein Verfall würde somit lediglich eine zusätzliche „Verdienstchance“ wieder entziehen. Zudem rechtfertige der Zweck der Optionen strenge Verfallklauseln.

Schließlich begründe auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz die vom Kläger begehrte Feststellung nicht. Dass die Beklagte nach dem Ausscheiden des Klägers für alle zu einem Stichtag noch beschäftigten Arbeitnehmer auf die Verfallsklausel verzichtete, sei keine Ungleichbehandlung. Die Stichtagsregelung sei eine zulässige „Typisierung in der Zeit“.

Fazit

Obwohl es bisher wenig Rechtsprechung zu diesem Thema gibt, ist der Verfall virtueller Optionen nicht neu für die Arbeitsgerichte. Bereits am 28.05.2008 (10 AZR 351/07) entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass die für bestimmte Sonderzahlungen, insbesondere Gratifikationen, geltenden Rechtsgrundsätze nicht uneingeschränkt auf Aktienoptionen anwendbar sind. Diese Entscheidung wurde in der arbeitsrechtlichen Literatur kritisiert, da sie den Entgeltcharakter von Aktienoptionen verneint. Aktienoptionen sollten demnach ebenso wie andere Arten erfolgs- oder leistungsabhängiger Verfügung behandelt werden. Die Entscheidung des LAG München bestätigt insoweit die bisherige Rechtsprechung des BAG.

Es ist zu begrüßen, dass die Revision zugelassen wurde, da virtuelle Optionen in der arbeitsvertraglichen Gestaltung zunehmend an Bedeutung gewinnen und weitere höchstrichterliche Entscheidungen für Rechtssicherheit sorgen könnten. Es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG erneut mit diesem Thema befassen und ob es an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten wird.

Hauptautorin: Martina Buhr
Nebenautorin: Joana Krapikaite