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Studium und Berufsausbildung im Ausland: Stolperfalle Sozialversicherung

Von einem Auslandsaufenthalt können bereits Studierende und Auszubildende sehr profitieren. Sie lernen das Arbeiten in global aufgestellten Teams kennen, erweitern ihre interkulturellen Kompetenzen und erschließen sich spannende internationale Aufgaben. So verbessern sie ihre beruflichen Einsatzmöglichkeiten und damit ihre Chance auf eine erfolgreiche berufliche Zukunft. Kein Wunder, dass sich diese Form der Entsendung großer Beliebtheit erfreut und sich die Anfragen zur sozialversicherungsrechtlichen Handhabung häufen.

Auslandsstudium

Während eines Studiums (ohne Nebenbeschäftigung) in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat oder der Schweiz besteht in der Regel die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland fort. Es sollte allerdings mit der Krankenkasse geklärt werden, welche Art der Versicherung (etwa Familien- oder freiwillige Versicherung, Krankenversicherung der Studierenden) vorliegt bzw. in Betracht kommt. Die Leistungen im Gastland richten sich nach dem lokalen Recht.

Diese Grundsätze gelten auch für ein Studium in einem Staat, mit dem ein bilaterales Abkommen zur Sozialversicherung besteht, wie beispielsweise der Türkei. Zusätzlich kann hier allerdings eine Versicherungspflicht im Gastland bestehen.

Ist ein Auslandsstudium in einem Drittstaat (ohne bilaterales Abkommen zur Sozialversicherung) geplant, muss die Versicherungspflicht im In- und Ausland individuell geprüft werden. Auch hier empfiehlt es sich, die von der Versicherung abgedeckten Leistungen zu klären und ggf. zusätzlich eine private Krankenversicherung abzuschließen. 

 

Praktikum im Rahmen eines Hochschulstudiums

Studium im Ausland und Praktikum in Deutschland

Wer an einer ausländischen Hochschule eingeschrieben ist und in Deutschland ein Zwischenpraktikum oder ein unentgeltliches Vor-/Nachpraktikum absolviert, das in der ausländischen Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist, ist in Deutschland von der Krankenversicherung befreit. In diesen Fällen sollte allerdings geklärt werden, ob der ausländische Träger im Krankheitsfall Leistungen erbringt. Wird dagegen für ein Vor- oder Nachpraktikum in Deutschland eine Vergütung bezahlt, besteht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. 

Praktikum im Ausland während des Studiums

Ob während eines Auslandspraktikums eine Versicherungspflicht im Ausland besteht, hängt vom jeweiligen Recht des ausländischen Staates ab. Eine doppelte Beitragspflicht ist bei Praktika in der EU, dem EWR und der Schweiz ausgeschlossen. Das gilt auch für die meisten Staaten, mit denen Deutschland ein bilaterales Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat. Für alle anderen Konstellationen empfiehlt sich eine Einzelfallprüfung.

Auslandspraktikum im Rahmen einer Berufsausbildung

Auch während einer Berufsausbildung sind Auslandspraktika möglich und sinnvoll. Allerdings gibt es hier eine zeitliche Beschränkung. Höchstens ein Viertel der Ausbildungsdauer laut Ausbildungsordnung kann im Ausland absolviert werden. Das Ausbildungsverhältnis mit dem (deutschen) Arbeitgeber besteht während des Auslandspraktikums weiter. Das heißt, der Arbeitgeber schuldet weiterhin die Ausbildungsvergütung und muss die Kosten für den Auslandsaufenthalt tragen. Doch er kann Fördermittel des EU-Programm Erasmus+ beantragen. 

Aufgrund der Höchstdauer von einem Viertel der vorgesehenen Ausbildungszeit handelt es sich bei einem Auslandspraktikum regelmäßig um eine Entsendung. Damit ist auch während des Auslandsaufenthalts das deutsche Sozialversicherungsrecht anwendbar. Bei Entsendungen in einen EU-/EWR-Staat (Island, Lichtenstein, Norwegen) oder in das Vereinigte Königreich oder die Schweiz fallen im aufnehmenden Staat keine Beiträge zur Sozialversicherung an.

Als Nachweis, dass die deutschen Vorschriften anzuwenden sind, wird regelmäßig eine A1-Bescheinigung benötigt.

Wenn Deutschland mit dem aufnehmenden Staat ein bilaterales Abkommen zur Sozialversicherung geschlossen hat, kommt es meist ebenfalls nicht zu einer doppelten Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen. Allerdings hilft hier nur der Blick in das jeweilige Abkommen, denn es sind beispielsweise nicht unbedingt alle Zweige der Sozialversicherung abgedeckt.

Bei Auslandspraktika in anderen Drittstaaten besteht ein erhebliches Risiko, dass auch dort eine Sozialversicherungspflicht entsteht und Beiträge doppelt zu entrichten sind.

Handlungsempfehlung

Gerade im Verhältnis zu Drittstaaten ist die Frage, in welchem Staat eine Sozialversicherungspflicht besteht, alles andere als trivial. Doch auch die Leistungsseite sollte nicht vergessen werden. Häufig ist eine zusätzliche private Versicherung sinnvoll. In jedem Fall sollten die sozialversicherungsrechtlichen Folgen eines Studiums bzw. eines Praktikums im Ausland sorgfältig geprüft werden. Bei Praktika kommt noch die Frage der korrekten steuerlichen Behandlung hinzu. Hier sind zudem eventuelle arbeitsrechtliche Folgen zu klären. Angesichts der deutlichen Vorteile sollten Arbeitgeber ihre Studierenden und Praktikanten dennoch darin bestärken, Auslandserfahrung zu sammeln, und sie entsprechend unterstützen.

Autorinnen: Ursula Beste, Nancy Adam